Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher
wirkungsvoll von unserer Unterhaltung aus. Kettricken hörte interessiert zu. Augusts Gesicht hinter Rurisks Schulter erstarrte zu einer Maske. Dann wandte er sich mit einem hasserfüllten Lächeln ab und trat zu der Gruppe um Edel, der mit König Eyod sprach. Aus welchem Grund auch immer, ich erfreute mich der ungeteilten Aufmerksamkeit des Bergprinzen und seiner Schwester.
»Ich kannte meinen Vater nicht sehr gut, aber ich glaube, er wäre froh zu sehen …«, begann ich, aber in diesem Moment legte sich ein strahlendes Lächeln über das Gesicht der Prinzessin.
»Natürlich, wie konnte ich so dumm sein? Du bist der, den sie Fitz nennen. Reist du nicht gewöhnlich mit Lady Quendel, König Listenreichs Giftmischerin? Bist du nicht ihr Lehrling? Edel hat von dir erzählt.«
»Wie liebenswürdig von ihm«, sagte ich lahm und ohne noch eine Ahnung zu haben, was als Nächstes gesprochen wurde oder was ich zur Antwort gab. Ich war heilfroh, dass mir nicht schwindlig wurde, und zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass meine Empfindungen für Edel über bloße Abneigung hinausging. Rurisk bekundete währenddessen gegenüber Kettricken stirnrunzelnd seinen brüderlichen Unmut, bevor er sich einem Diener zuwandte, der aufgeregt um Anweisungen in irgendeiner Sache bat. Um mich herum liebenswürdiges Geplauder inmitten von vielfältigen Farben und Düften, aber ich fühlte mich, als wären meine Eingeweide zu Eis erstarrt.
Ich kam erst wieder zu mir, als mich Kettricken am Ärmel zupfte. »Zu den Gärten geht es hier entlang«, erklärte sie. »Oder bist du zu müde, um sie jetzt zu besichtigen? Wenn du dich zurückziehen möchtest, wird es dir niemand übelnehmen. Wie ich gehört habe, sind viele von euch zu erschöpft gewesen, um zu Fuß in die Stadt zu gehen.«
»Aber viele von uns waren nicht zu erschöpft und hätten gerne die Gelegenheit für einen Spaziergang durch Jhaampe genutzt. Ich habe schon viel über die Blauen Fontänen gehört und freue mich darauf, sie mit eigenen Augen zu sehen.« Ich hoffte, mein Gerede stand irgendwie im Zusammenhang mit dem, was sie zu mir gesagt hatte. Wenigstens war dabei nicht von irgendwelchen Giftmischereien die Rede.
»Ich werde dafür sorgen, dass man dich hinführt, vielleicht heute Abend noch. Aber jetzt komm mit.« Ohne weitere Umschweife oder Formalitäten ging sie voraus, und mir blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen. August schaute uns nach, und ich sah, wie Edel sich zur Seite wandte und halblaut etwas zu Rowd sagte. König Eyod hatte sich zurückgezogen und schaute
von einer erhöhten Plattform gütig über das versammelte Volk. Ich wunderte mich noch, weshalb Rowd nicht bei den Pferden und übrigen Dienern geblieben war, als Kettricken vor einer Türöffnung bereits ein mit Stoff bespanntes und bemaltes Holzgatter beiseiteschob, um mich aus dem großen Saal hinauszuführen.
Tatsächlich befanden wir uns danach im Freien und gingen auf einem gepflasterten Weg unter einem Bogengang aus Weidenbäumen entlang. Man hatte die oberen Zweige zu einem Dach verflochten, was Schutz gegen die Mittagssonne bot. »Und auch der Regen wird abgehalten, wenigstens größtenteils«, meinte Kettricken, als sie meine interessierten Blicke bemerkte. »Dieser Pfad führt zu den Schattengärten. Dort bin ich am liebsten, aber vielleicht möchtest du erst den Kräutergarten sehen?«
»Ich möchte liebend gerne alles sehen, was es zu sehen gibt, Prinzessin«, antwortete ich - und wenigstens das entsprach der Wahrheit. Hier draußen, weit weg von dem Trubel, hatte ich mehr Ruhe, meine Gedanken zu ordnen und zu überlegen, was ich in meiner unhaltbar gewordenen Lage tun sollte. Erst jetzt fiel mir auf, dass Prinz Rurisk keines der Symptome einer schweren Verwundung oder Krankheit zeigte, von denen Edel berichtet hatte. Ich brauchte Abstand und Zeit, um die Situation einzuschätzen. Hier war mehr, viel mehr im Gange, als ich erwartet hatte.
Vorerst zwang ich mich, nicht mehr an die Zwiespältigkeit der Situation zu denken, und lauschte den Erklärungen der Prinzessin. Sie hatte eine deutliche Aussprache, und ohne das Stimmengewirr in der Halle fiel es mir erheblich leichter, ihren Worten zu folgen. Sie schien ein umfassendes Wissen über Botanik
zu besitzen und gab mir zu verstehen, die Beschäftigung damit sei für sie kein Steckenpferd, sondern von ihr als Prinzessin erwarte man vielmehr solche Kenntnisse.
Während wir die Pfade entlangschlenderten und fachsimpelten, musste ich mir
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