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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Intrigen als kindische Streiche ab, und das muss ihn wirkungsvoller eingeschüchtert haben als jede öffentliche Rüge. Der Giftanschlag wurde von denen, die überhaupt davon wussten, zu guter Letzt Rowd und Sevrens angelastet. Schließlich hatte Sevrens das Gift besorgt, und Rowd hatte den Wein überbracht. Kettricken gab vor zu glauben, es habe sich um den kranken Ehrgeiz von Dienern gehandelt, die glaubten, ihrem ahnungslosen Herrn damit einen Gefallen zu tun. Von Rurisks Tod wurde nie offen als Mord gesprochen, und auch mein Geheimnis blieb gewahrt. Was immer in Edels Innerem vorgehen
mochte, seine äußere Haltung war die eines jüngeren Prinzen, der in aller Pracht seinem Bruder die Braut zuführte.
    Ich brauchte lange, um zu gesunden. Jonqui behandelte mich mit Kräutern, die ihrer Behauptung nach dabei halfen, das wiederherzustellen, was in mir zerstört worden war. Ich hätte mich bemühen sollen, mir etwas von ihren Kenntnissen anzueignen, aber mein Verstand war bis dahin noch ebenso wenig fähig, etwas festzuhalten, wie meine Hände. Im Grunde erinnere ich mich nur an wenig aus dieser Zeit. Mein Körper brauchte unendlich lange, um die Nachwirkungen des Gifts zu überwinden. Jonqui versuchte, mir die Langeweile erträglicher zu machen, indem sie mir Lesezeit in der Großen Bibliothek verschaffte, aber meine Augen ermüdeten rasch, und die Schriften oder Bilder verschwammen vor meinen Augen. Die meisten Tage brachte ich in meinem Bett zu und dachte nach. Eine Zeit lang war ich nicht sicher, ob ich überhaupt den Wunsch hatte, nach Bocksburg zurückzukehren. Dort musste ich unterhalb von Edel am Tisch sitzen und zum Kopf der Tafel schauen, wo er sich zur Linken meines Königs breitmachte. Ich würde ihm begegnen müssen, als hätte er nie versucht, mich zu töten, oder mich nie dazu benutzt, einen Mann zu ermorden, den ich bewunderte. Eines Abends vertraute ich mich Burrich an. Er saß da und hörte mir schweigend zu. Dann sagte er: »Ich kann mir nicht vorstellen, dass es für Kettricken leichter ist als für dich. Und auch mir wird es schwer werden, dem Mann in die Augen zu sehen, der zweimal versucht hat, mich zu töten, und ihn dabei auch noch ›Mein Prinz‹ zu nennen. Die Entscheidung liegt bei dir. Mir wäre der Gedanke zuwider, dass er glaubt, es wäre ihm gelungen, uns Angst einzujagen. Aber wenn du beschließt, dass wir woanders hingehen,
dann tun wir es.« Ich glaube, da verstand ich endlich, welche Bedeutung der Ohrring hatte.
    Der Winter war nicht länger nur eine Drohung, sondern Wirklichkeit, als wir die Rückreise antraten. Burrich, Flink und ich trafen lange nach den anderen in Bocksburg ein, denn wir kamen nur langsam voran. Ich ermüdete rasch, und auf meine Kräfte war kein Verlass. So fielen mir aus heiterem Himmel die Zügel aus der Hand, und ich rutschte aus dem Sattel wie ein Sack Hafer. Dann mussten meine Begleiter haltmachen, um mir wieder aufs Pferd zu helfen, und ich zwang mich zum Weiterreiten. In vielen Nächten erwachte ich unter zittrigen Krämpfen, und nicht einmal meine Stimme gehorchte mir. Die Häufigkeit dieser Anfälle ließ nur langsam nach. Am schlimmsten waren die Nächte, in denen ich nicht aufwachen konnte, sondern immer wieder davon träumte zu ertrinken. Aus einem solchen Traum erwachte ich und sah Veritas vor mir stehen.
    Deine Gabe ist stark genug, um die Toten aufzuwecken, beschwerte er sich gutmütig. Wir müssen einen Lehrer für dich finden, der dir beibringt, deine Gabe zu beherrschen. Kettricken findet es ein wenig befremdlich, dass ich so oft aufschrecke und glaube zu ertrinken. Wahrscheinlich sollte ich dankbar sein, dass du wenigstens in meiner Hochzeitsnacht traumlos geschlummert hast.
    »Veritas?«, fragte ich benommen.
    Schlaf weiter, sagte er. Galen ist tot, und Edel habe ich an die kurze Leine gelegt. Du hast nichts mehr zu befürchten. Schlaf und träume nicht mehr so laut.
    Veritas, warte! Aber bei dem Versuch, nach ihm zu greifen, zerriss die Verbindung zwischen uns, und mir blieb keine andere Wahl, als zu tun, was er mir geraten hatte.
    Das Wetter wurde von Tag zu Tag schlechter. Wir alle sehnten
uns nach der Heimat, schon lange bevor wir die Mauern von Bocksburg vor uns auftauchen sahen. Ich glaube, Burrich hatte bis zu dieser Reise Flinks Talente nicht recht zu schätzen gewusst. Er besaß einen ruhigen und gesunden Fleiß im Umgang mit Pferden und Hunden, die sich auch den Tieren mitteilte. Mit der Zeit nahm er den Platz ein, den ich und

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