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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Nachdem in dieser Sache Klarheit herrschte, erklärte er mir alles Weitere in sachlichem Ton.
    »Von jetzt an wirst du mit der Sonne aufstehen, Junge. Vormittags lernst du bei mir, wie man ein Pferd pflegt und es sich seinem Willen unterwirft. Und wie man die Hunde genau abrichtet, um mit ihnen auf die Jagd gehen zu können. Ich werde dich die rechte Art lehren, wie ein Mann mit Tieren umzugehen
hat und wie er sie sich vollkommen gefügig macht.« Nach den letzten Worten ließ er eine bedeutungsvolle Pause entstehen. Mir wurde das Herz schwer, aber ich nickte und fügte rasch hinzu: »Ja, Herr.«
    »An den Nachmittagen übernehmen sie dann deine Ausbildung. Lehren dich den Gebrauch von Waffen und so weiter. Wahrscheinlich auch irgendwann die Gabe. In den Wintermonaten geht es zum Lernen nach drinnen. Sprachen und Zeichen. Schreiben und Lesen und Rechnen, nehme ich an. Auch Geschichte. Was du damit anfangen sollst, weiß ich nicht, aber sei fleißig, um den König zu erfreuen. Er ist jemand, den man nicht verärgern darf. Am besten natürlich vermeidet man, seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, aber davor hätte ich dich früher warnen sollen - und nun ist es zu spät.«
    Er räusperte sich und holte tief Atem. »Oh, und es gibt noch eins, das sich ändern wird.« Beiläufig ergriff er wieder das Zaumzeug, an dem er gearbeitet hatte, und beugte sich darüber. Es sah aus, als spräche er zu seinen Händen. »Du bekommst ein eigenes Zimmer. Oben im Palas, wo all die Edlen wohnen. Du würdest jetzt schon dort schlafen, wenn du dich rechtzeitig herbequemt hättest.«
    »Was? Das verstehe ich nicht. Ein Zimmer?«
    »Aha, also bist du gar nicht so mundfaul, wenn es darauf ankommt? Du hast mich genau verstanden, Junge. Du bekommst eine eigene Stube, oben im Palas.« Er stockte, dann fuhr er munter fort: »Endlich bin ich wieder ungestört. Ach ja, und morgen wirst du neu eingekleidet. Du bekommst auch Stiefel. Obwohl ich mir nicht denken kann, was das soll, Stiefel über einen Fuß zu ziehen, der noch wächst …«
    »Ich will nicht im Palas wohnen.« So bedrückend das Zusammenleben
mit Burrich auch geworden war, plötzlich erschien es mir ungleich erstrebenswerter als das Unbekannte. In meiner Vorstellung sah ich einen großen, kalten Raum mit nackten Wänden und in den Ecken lauernden Schatten.
    »Nun, du wirst es aber müssen«, erstickte Burrich jede Hoffnung im Keim. »Und es ist höchste Zeit dafür. Du bist Chivalrics Sohn, wenn auch nicht von seiner rechtmäßigen Gemahlin. Und dich hier im Stall einzuquartieren wie einen streunenden jungen Hund - nun, das ist einfach nicht passend.«
    »Mir macht es nichts aus«, warf ich verzweifelt ein.
    Burrich hob den Blick und betrachtete mich streng. »Liebe Güte. Heute Abend sind wir aber gesprächig.«
    Ich schlug die Augen nieder. »Du wohnst auch hier«, sagte ich bockig. »Und du bist kein streunender Hund.«
    »Aber auch nicht der uneheliche Sohn eines königlichen Prinzen«, entgegnete er. »Du wohnst von nun an im Palas, Fitz, und damit basta!«
    Ich sah verstohlen zu ihm hin. Er sprach wieder zu seinen Händen.
    »Dann wäre ich lieber ein streunender Hund«, brach es aus mir heraus, doch als ich weitersprechen wollte, hatte ich vor lauter Verzweiflung einen dicken Kloß im Hals. »Bei einem Hund würdest du das nicht dulden, dass man auf einen Schlag sein ganzes Leben umkrempelt. Als man Lord Grimbsy den Bluthundwelpen bringen sollte, hast du dem Welpen dein altes Hemd mitgegeben, zum Trost in der Fremde.«
    »Aber, aber«, sagte Burrich unbeholfen, »ich habe nicht … komm her, Fitz. Komm zu mir, Junge.«
    Und wie ein junger Hund ging ich zu ihm, dem einzigen Herrn, den ich kannte, und er klopfte mir den Rücken und zauste
mir das Haar, ganz so, als wäre ich tatsächlich einer seiner vierbeinigen Schützlinge gewesen.
    »Hab keine Angst. Es gibt keinen Grund, sich zu fürchten. Und außerdem«, seine Stimme verriet, dass er bereit war, Zugeständnisse zu machen, »man hat uns nur gesagt, dass du in ein Zimmer oben im Palas umziehen sollst. Es war keine Rede davon, dass du jede Nacht dort schlafen musst. Wenn es dir da oben einmal zu einsam wird, dann wirst du wohl den Weg hierher zurückfinden. Nun, Fitz? Ist dir das recht?«
    »Ich glaube schon«, murmelte ich.
     
    In den nächsten vierzehn Tagen brach eine Lawine neuer Erfahrungen über mich herein. Am ersten Morgen weckte Burrich mich in der Dämmerung, dann wurde ich in den Waschzuber gesteckt und

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