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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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hart. Dort flucht jedermann, als wären der König und Veritas auch dafür verantwortlich. Veritas ist ein feiner Trinkkumpan, doch fern vom Wein reicht er weder als Soldat noch als Diplomat an Chivalric heran. Er jagt lieber Schneeziegen oder lauscht am Kamin einem fahrenden Sänger, statt sich im Winter auf verschneiten Straßen darum zu bemühen, die Verbindung mit den anderen Provinzen ständig aufrechtzuerhalten. Falls sich daran nichts ändert, werden die Leute sich früher oder später umsehen
und sagen: ›Nun, jener kleine Bastard ist doch genau genommen kein Grund, um sich groß aufzuregen. Chivalric wäre doch der bessere Machthaber, er würde all dem ein Ende machen. Er mag vielleicht etwas steif und förmlich gewesen sein, aber wenigstens hielt er die Zügel fest in der Hand und ließ nicht zu, dass Fremde uns auf der Nase herumtanzen.‹«
    »Dann könnte Chivalric immer noch König werden?« Ich verspürte ein merkwürdiges Prickeln in der Magengegend. Vor meinem inneren Auge sah ich seine triumphale Rückkehr nach Bocksburg an mir vorüberziehen, danach unsere erste Begegnung und … - Aber was dann?
    Chade schien aus meinem Gesicht lesen zu können. »Nein, Junge. Das ist nicht sehr wahrscheinlich. Selbst wenn das Volk ihn haben wollte, bezweifle ich, dass er gegen seinen bereits gefassten Entschluss handeln würde oder gar gegen den Wunsch des Königs. Und die damit verbundenen Gerüchte und Mutmaßungen könnten zu Aufruhr und Revolten führen, was für einen frei vagabundierenden Bastard wiederum ein allgemein sehr ungesundes Klima darstellt. Man müsste dich zwangsläufig auf die eine oder andere Art unschädlich machen. Entweder endest du als Leichnam oder als des Königs Werkzeug.«
    »Des Königs Werkzeug. Ich verstehe.« Ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit überkam mich. Die schöne Vorstellung davon, wie ich auf Rußflocke wohlgemut über gelbe Straßen trabte, umgeben von einem weiten blauen Himmel, der sich über mir wölbte, all das löste sich urplötzlich in Luft auf. Stattdessen dachte ich an die Hunde in den Zwingern oder an den Falken, der mit Haube und Fessel auf der Faust des Königs saß und nur die kurze Freiheit kannte, seine Befehle auszuführen.
    »So schlimm ist es nicht«, meinte Chade beschwichtigend.
»Die meisten Menschen leben in einem Gefängnis, das sie sich selbst geschaffen haben. Umgekehrt kann man sich aber auch seine eigene Freiheit schaffen.«
    »Ich werde niemals irgendwohin gehen, oder?« Trotz des völlig neuen Gedankens bekam das Reisen plötzlich eine immense Bedeutung für mich.
    »Das würde ich nicht sagen.« Chade kramte unterdessen nach etwas, das sich als Deckel für die Schale mit den Samenkörnern verwenden ließ. Schließlich behalf er sich mit einer Untertasse. »Du wirst viele Orte besuchen. In aller Stille und wenn das Familieninteresse es erfordert. Aber einem Prinzen von Geblüt ergeht es keinesfalls besser. Glaubst du, Chivalric hätte sich die Orte für seine diplomatischen Missionen selbst ausgesucht? Glaubst du, Veritas gefällt es, Dörfer besichtigen zu müssen, die von Outislandern gebrandschatzt wurden, und sich die bitteren Beschwerden der Bürger anzuhören, die ihm mangelnde Schutzvorkehrungen und den Einsatz von zu wenig Soldaten vorwerfen? Ein echter Prinz hat kaum wirklich die Freiheit, darüber zu bestimmen, wohin er geht oder wie er seine Zeit verbringt. Chivalric genießt vermutlich jetzt mehr Freiheit als je zuvor.«
    »Abgesehen davon, dass er nicht nach Bocksburg zurückkommen kann?«
    »Abgesehen davon, dass er nicht nach Bocksburg zurückkommen kann! Es wäre unklug, dem Volk den früheren Kronprinzen in Erinnerung zu rufen. Besser, wenn er ohne großes Aufhebens in der Versenkung verschwindet.«
    Ich warf die aufgesammelten Scherben in den Kamin. »Wenigstens kann er ansonsten reisen, wohin er will. Ich darf nicht einmal in die Stadt hinunter …«

    »Und das ist dir wichtig? Dich in einem schäbigen kleinen Kaff wie Burgstadt herumzutreiben?«
    »Da sind andere …« Ich zögerte. Nicht einmal Chade wusste von meinen Freunden im Ort. »Da sind Gleichaltrige. Für sie bin ich einfach der Neue. Und sie denken nicht jedes Mal an den ›Bastard‹, wenn sie mich ansehen.« Ich hatte es nie zuvor in Worte gefasst, aber plötzlich war mir klar, weshalb die Stadt eine solche Anziehungskraft auf mich ausübte.
    »Aha.« Chades Schultern bewegten sich, als seufzte er lautlos. Im nächsten Moment erklärte er mir, wie man einen

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