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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Menschen ohne einen Krümel Gift krank machen oder je nach Dosis auch töten konnte, indem man ihm Rhabarber und Spinat gleichzeitig zu essen gab. Ich wollte wissen, wie man es dann am besten verhinderte, dass die übrigen Leute am Tisch ebenfalls krank wurden, und von da kamen wir ins Fachsimpeln. Erst einige Zeit später ging mir auf, wie beinahe prophetisch seine Worte bezüglich Chivalrics gewesen waren.
    Zwei Tage später teilte man mir zu meiner Verblüffung mit, dass Fedwren meine Dienste benötigte. Noch überraschter war ich, als er mir eine Liste mit Dingen in die Hand drückte, die ich für ihn in der Stadt besorgen sollte, dazu einige Silbermünzen und zwei Kupfergroschen zum Lohn. Ich hielt den Atem an und wartete darauf, ob Burrich oder meine anderen Lehrer Einspruch erheben würden, doch ich wurde nur ermahnt, nicht zu bummeln. Einen Henkelkorb am Arm ging ich zum Tor hinaus und konnte mein Glück kaum fassen. In Gedanken ließ ich die Monate noch einmal vorüberziehen, seit ich zum letzten Mal Gelegenheit gefunden hatte, mich heimlich aus Bocksburg fortzuschleichen, und dabei stellte ich zu meiner Bestürzung fest, dass seither ein Jahr oder mehr vergangen war. Sofort nahm ich
mir vor, die mir vertrauten Stätten wieder aufzusuchen. Niemand hatte mir gesagt, wann ich zurück sein sollte, und ich war mir sicher, ein, zwei Stunden für mich nehmen zu können, ohne dass es auffiel.
    Die unterschiedlichsten Besorgungen von Fedwrens Einkaufsliste führten mich kreuz und quer durch den ganzen Ort. Ich war nicht wenig darüber erstaunt, welche Verwendung ein Schreiber für das getrocknete Haar einer Meerjungfrau oder für einen kleinen Scheffel von Waldnüssen finden konnte. Vielleicht brauchte er sie zur Herstellung seiner farbigen Tinten, überlegte ich, und als das Gesuchte in keinem der Krämerläden zu haben war, versuchte ich mein Glück im Hafenbasar, wo jeder mit einer Decke und beliebiger Ware sich als Kaufmann betätigen konnte. Den Seetang entdeckte ich dort ziemlich schnell und erfuhr, dass er eine gewöhnliche Zutat für Fischgerichte war. Die Nüsse stellten mich allerdings vor ein größeres Problem, denn sie stammten aus dem Landesinnern, und nur wenige Händler boten Produkte von dort feil.
    Dennoch fand ich sie, neben Körben mit Stachelschweinborsten, geschnitzten Holzperlen, Baumzapfen und Rindenbaststoffen. Die Hüterin dieser Schätze war alt, und ihr Haar war nicht grau oder weiß, sondern silbern. Sie hatte eine vorspringende, gerade Nase und hohe Wangenknochen. Solch markante Gesichtszüge waren mir einerseits fremd, andererseits merkwürdig vertraut, und eine Gänsehaut lief mir über den Rücken, als ich schließlich erkannte, dass sie aus den Bergen stammte.
    »Keppet«, sagte die Frau auf der Matte neben ihr, als ich meine Einkäufe gerade vervollständigen wollte. Ich sah zu ihr hin, in dem Glauben, sie hätte die Frau gemeint, der ich das Geld in die Hand drückte, doch sie starrte mich nur an. »Keppet«, wiederholte
sie in drängendem Ton, und ich fragte mich, was das Wort in ihrer Sprache bedeuten mochte. Es schien eine Aufforderung zu sein, aber die ältere Frau starrte weiter unbeteiligt geradeaus, weshalb ich ihrer jüngeren Nachbarin mit einem entschuldigenden Schulterzucken antwortete und mich abwandte.
    Ich hatte mich kaum ein Dutzend Schritte entfernt, als ich sie mit schriller Stimme erneut »Keppet!« rufen hörte. Mit einem Blick über die Schulter sah ich, dass die beiden Frauen in Streit geraten waren. Die ältere hielt die Handgelenke der jüngeren umklammert, während diese sich mit Drehen und Wenden und Fußtritten zu befreien versuchte. Die Händler links und rechts sprangen auf und brachten ihre Waren in Sicherheit. Ich hätte dem vielleicht länger zugeschaut, wäre mir nicht ein anderes, altvertrautes Gesicht aufgefallen.
    »Molly Blaufleck!«, rief ich.
    Sie drehte sich zu mir herum, und einen Moment lang glaubte ich, mich geirrt zu haben. Ein Jahr war seit unserer letzten Begegnung vergangen. Wie konnte ein Mensch sich derart verändern? Das dunkle Haar, sonst zu praktischen Zöpfen geflochten, fiel jetzt offen über ihre Schultern. Und sie trug nicht mehr jene weiten Hosen und Wams von damals, sondern Rock und Bluse. Ihr erwachsenes Aussehen machte mich verlegen. Vielleicht hätte ich mich abgewendet und so getan, als wäre nichts, aber ihr Blick hielt mich fest. »Blaufleck?«, fragte sie kühl.
    Ich straffte die Schultern. »Bist du nicht Molly

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