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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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wiederum ein Zusammenhang mit dem Lamento meiner Tischnachbarin über die Verknappung von gutem Stoff zu bestehen. Ich schaute wieder zu Lord Kelvar, dessen Blick jede Bewegung seiner jungen Gemahlin wahrnahm. So deutlich, als flüsterte er mir ins Ohr, hörte ich Chades Urteil: »Da haben wir einen Herzog, der mit den Gedanken ganz und gar nicht bei der Verwaltung seiner Provinz ist.« Ich schätzte, dass Lady Grazia gerade den Gegenwert der dringlich notwendigen Straßenbauarbeiten am Leib trug, dazu den Sold der Truppen, die Rippons Handelswege von Straßenräubern hätten säubern können. Und womöglich repräsentierten die Edelsteine an ihren Ohrläppchen ebenjene Summe Geldes, die dazu bestimmt gewesen war, die Ausrüstung des Wachturms auf Ödholm zu finanzieren.
    Endlich war das Mahl zu Ende. Mein Bauch war voll, aber mein Hunger nicht gestillt. Die einzelnen Gänge hatten keinen wirklichen Sättigungswert besessen. Anschließend traten zwei Sänger und ein Dichter auf, um die Gäste zu unterhalten, doch meine Aufmerksamkeit galt weiterhin mehr den Gesprächen um mich herum als den lyrischen Ergüssen des Poeten oder den Balladen der Sänger. Kelvar saß zur Rechten des Prinzen, Grazia mit dem Hündchen auf dem Schoß ihm zur Linken.
    Die junge Herzogin sonnte sich unübersehbar in der Gegenwart des Prinzen. Immer wieder hob sie eine Hand, tastete nach einem Ohrring oder einem Armreif. Sie war offenbar nicht daran gewöhnt, so viel Schmuck zu tragen. Ich hatte den Verdacht, dass sie aus einfachen Verhältnissen stammte und ihren Aufstieg
noch gar nicht fassen konnte. Als ein Minnesänger das Lied Eine Rose blühet unter Dornen zum Besten gab und sie dabei anschaute, wurde er mit dem Erröten ihrer Wangen belohnt. Doch je weiter der Abend fortschritt, desto sichtbarer verblasste der oberflächliche Glanz der jungen Herzogin. Einmal gähnte sie und hob nicht schnell genug die Hand, um es zu verbergen. Der kleine Hund war auf ihrem Schoß eingeschlummert, und manchmal zuckte und blaffte er in seinen kleinen Hundeträumen. Je müder Lady Grazia wurde, desto mehr erinnerte sie mich an ein Kind; sie drückte ihr Hündchen an sich wie eine Puppe und lehnte den Kopf in eine Ecke ihres Lehnsessels. Zweimal wäre sie fast eingenickt. Ich sah, wie sie sich mehrmals in den Arm kniff, um die Schläfrigkeit zu vertreiben. Unübersehbar war ihr Aufatmen, als Kelvar die Sänger und den Dichter zu sich rief, um sie für den Abend zu entlohnen. Am Arm ihres Gemahls verließ sie schließlich den Saal, ohne sich während dem ganzen Festmahl auch nur einmal von dem Hündchen getrennt zu haben, das sich zufrieden von ihr forttragen ließ.
    Auch ich war erleichtert, zu Veritas’ Gemächern hinaufsteigen zu dürfen. Charim hatte mir im Vorzimmer ein Nachtlager zurechtgemacht, das wenigstens ebenso bequem war wie mein Bett in Bocksburg. Ich sehnte mich nach Schlaf, aber Charim winkte mich in des Prinzen Schlafgemach. Veritas, der eingefleischte Soldat, hielt nichts von Lakaien, die dumm herumstanden, um ihm dann nur die Stiefel von den Füßen herunterzuziehen. So warteten nur wir beide ihm auf. Charim folgte seinem Herrn durch das Zimmer und sammelte die Kleidungsstücke auf, die der Prinz achtlos fallen ließ. Mit den Stiefeln verdrückte sich Charim sofort in eine Ecke und machte sich mit Lappen und Bürste darüber her. Veritas steckte den Kopf durch den
Halsausschnitt eines Nachthemds, fuhr in die Ärmel und drehte sich dann zu mir herum.
    »Nun? Was hast du mir zu erzählen?«
    Also erstattete ich ihm Bericht, wie es sonst Chade getan hätte, wiederholte so wortgetreu wie möglich, was mir zu Ohren gekommen war, und zählte auf, wer gesprochen hatte und mit wem. Zum Abschluss äußerte ich meine eigenen Vermutungen. »Kelvar hat eine junge Frau genommen, die leicht durch Glanz und Prunk zu blenden ist«, fasste ich zusammen. »Sie ahnt nichts von der Verantwortung ihrer eigenen Stellung und erst recht nichts von der seinen. Kelvar verschwendet Geld, Zeit und Gedanken an sie, statt auf seine Regierungsgeschäfte. Wäre es nicht so respektlos, würde ich sagen, dass seine Manneskraft nachlässt, weshalb er sich stattdessen bemüht, seine junge Gemahlin mit Geschenken zu befriedigen.«
    Veritas stieß einen tiefen Seufzer aus. Während der zweiten Hälfte meines Rapports hatte er sich auf das Bett fallen lassen und die weichen Kissen aufeinandergetürmt, um eine bessere Stütze für seinen Kopf zu haben. »Verdammt sei

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