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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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und winselt. Und halte seine Vorderpfoten fest, damit er mich nicht zerkratzt, während ich mit ihm beschäftigt bin. Hast du verstanden?«
    Sie holte tief Luft, schluckte dann und nickte. Tränen liefen über ihr Gesicht. Ich setzte ihr den Hund auf den Schoß.
    »Festhalten.« Ich nahm etwas von der Butter. »Das Fett dient als Schmiermittel. Anschließend muss ich ihm das Maul aufhalten, mit dem Haken die Gräte fassen und sie herausziehen. Bist du bereit?«

    Sie nickte. Ihre Tränen waren versiegt, und sie hatte die Lippen zusammengepresst. Ich war froh, dass sie doch etwas Mumm zu besitzen schien.
    Dem Hund die Butter zu verabreichen war der leichte Teil, doch natürlich verursachte ihm der Batzen Fett das Gefühl, zu ersticken, und als seine Panik sich steigerte, brandeten die Wogen seiner Angst buchstäblich gegen meine nur mühsam aufrechtzuerhaltende Selbstbeherrschung. Ich hatte keine Zeit, zimperlich zu sein, als ich ihm die Kiefer auseinanderzwang und den Haken in seinen Hals schob. Hoffentlich fügte ihm das Ding keine Verletzungen zu, und wenn doch, nun, er war ohnehin dem Tod geweiht. Vorsichtig drehte ich den Haken, während der Hund strampelte und jaulte und seine Herrin von oben bis unten vollpinkelte. Ich bekam die Gräte zu fassen und zog mit einer gleichmäßigen, ruhigen Bewegung den Haken zurück.
    Begleitet von einem Schwall von Speichel, Galle und Blut kam der Übeltäter zum Vorschein. Es war ein garstiger Knochen, keine Fischgräte, sondern der Brustbeinsplitter eines kleinen Vogels. Ich warf ihn auf den Tisch. »Und er sollte auch keine Geflügelknochen bekommen«, sagte ich barsch.
    Es sah nicht danach aus, als hätte sie mich gehört. Das Hündchen saß dankbar schnaufend auf ihrem Schoß. Ich hielt ihm die Schale Wasser unter die Nase. Es roch daran, schlabberte etwas und rollte sich dann erschöpft zusammen. Sie nahm es auf die Arme und wiegte es behutsam hin und her.
    »Es gibt etwas, worum ich dich bitten möchte«, fing ich an.
    »Alles.« Sie hatte das Gesicht im Fell des Tieres vergraben. »Sprich, und es gehört dir.«
    »Erstens, hör auf, ihn von deinem Teller zu füttern. Gib ihm die nächste Zeit ausschließlich rohes Fleisch und gekochtes Getreide.
Und für einen Hund seiner Größe nicht mehr, als in deine hohle Hand passt. Und trag ihn nicht ständig auf dem Arm. Er soll laufen, damit er Muskeln entwickelt und seine Krallen abwetzt. Und bade ihn. Von dem guten Futter riecht er schlecht, am ganzen Körper und aus dem Maul. Ansonsten, wenn sich nichts ändert, wirst du höchstens ein oder zwei Jahre Freude an ihm haben.«
    Entsetzt blickte sie auf, ihre Hand ging zum Mund. Irgendetwas an dieser Bewegung, die so sehr dem unbewussten Tasten nach ihrem Schmuck beim Festmahl ähnelte, öffnete mir die Augen. Es war Lady Grazia, der ich hier eine Standpauke hielt. Und durch meine Schuld hatte ihr der Hund über das ganze Nachtgewand gepinkelt.
    Mein Gesichtsausdruck muss mich verraten haben, denn sie lächelte vor Freude und drückte das Hündchen fester an die Brust. »Ich werde tun, was du sagst, Junge. Aber was ist mit dir? Gibt es nichts, was du als Belohnung haben möchtest?«
    Sie dachte wohl an eine Goldmünze oder einen Ring oder auch eine Stellung in ihrem Haushalt, aber ich schaute sie an und sagte: »Etwas gibt es. Ich wünschte mir von Euch, dass Ihr Euren Gemahl bittet, den Turm auf Ödholm mit den besten seiner Männer zu besetzen, um dem Streit zwischen Rippon und Shoaks ein Ende zu machen.«
    »Was?«
    Das eine Wort sprach Bände. Dieser Akzent und dieser Tonfall gehörten nicht zur Ausbildung einer Lady Grazia.
    »Bittet Euren Gemahl, seine Türme gut zu bemannen. Erfüllt mir diesen Wunsch.«
    »Weshalb kümmert ein Hundebursche sich um solche Dinge?«

    Ihre Frage war zu unverblümt. Wo immer Kelvar sie gefunden hatte, sie war nicht von hoher Geburt oder reich gewesen. Ihr Entzücken, als ich sie erkannte; ihr Einfall, sich mit dem kranken Hund in die vertraute Geborgenheit einer Küche zu flüchten, allein, in eine Decke gewickelt, war bezeichnend für ein einfaches Mädchen, das zu schnell und zu weit über ihre frühere Stellung erhoben worden war. Sie fühlte sich einsam und unsicher und hatte keine Vorstellung davon, was man von ihr erwartete. Schlimmer noch, sie wusste um ihre Unzulänglichkeit, und dieses Wissen zehrte an ihr und vergällte ihr die Freuden des neuen Daseins. Wenn sie nicht lernte, den Platz einer Herzogin auszufüllen, bevor ihre Jugend

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