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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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weil ich ihn aus sei ner Sicht vernachlässigte. Mit Molly war es schwieriger. Weshalb musste ich ausgerechnet auf ei nem der Kriegsschiffe Dienst tun? Der einzige Grund, den ich ihr nennen konnte, nämlich dass Veritas es wünschte, stellte sie nicht zufrieden. Unsere seltenen Treffen verliefen bald nach ei nem vorhersehbaren Muster. Wir kamen in einem Sturm der Lei denschaft zusammen, fanden für kurze Zeit Frieden ineinander und fingen dann an, über dieses und jenes zu streiten. Sie war einsam und hasste ihre Arbeit. Das bisschen Geld, das sie sparen konnte, vermehrte sich entsetzlich langsam. Und ich fehlte ihr. Warum musste ich so oft weg sein, wenn doch nur ich ihr das Leben lebenswert machte? Einmal bot ich ihr das Geld an, das ich an Bord des Schiffes verdient hatte, aber sie reagierte sehr kühl und abweisend, so als
hätte ich sie eine Hure genannt. Nichts wollte sie von mir annehmen, bevor wir nicht vor aller Welt im Bund der Ehe zusammen waren. Aber wann dieser Tag sein würde, dazu konnte ich ihr keine Hoffnungen machen. Es hatte sich noch kein geeigneter Augenblick gefunden, um ihr von Listenreichs Plänen für Zelerita und mich zu erzählen. Durch die wenige Zeit miteinander hatten wir uns auseinandergelebt, und wenn wir dann einmal zusammen waren, käuten wir stets aufs Neue die alten Konflikte wieder.
    Eines Abends, als ich zu ihr kam, hatte sie das Haar mit roten Bändern zurückgeflochten, und zierliche Silberohrringe in der Form von Weidenblättern schwangen gegen ihren bloßen Hals. Sie trug nur ihr wei ßes Nachtgewand, und ihr Anblick raubte mir den Atem … Später dann, in ei nem Augenblick der Entspannung, machte ich ihr ein Komp liment über den Schmuck und musste hören, dass Prinz Edel ihn ihr geschenkt hatte, als er das letzte Mal bei ihr vorbeigekommen war, um Kerzen zu erstehen. Ihre wunderbar duftenden Kerzen machten ihm solche Freude, hatte er gesagt, dass er im mer glaubte, ihr etwas schuldig zu bleiben, wenn er nur mit Geld für diese kleinen Kunstwerke bezahlte. Sie lächelte stolz, während sie mir das erzählte. Ihre Finger spielten mit meinem Kriegerzopf, während sich ihr eigenes Haar und die roten Bänder in einem wilden Durcheinander auf den Kissen ausgebreitet hatten. Ich weiß nicht, was sie dann plötzlich in meinem Gesicht las, aber ihre Augen wurden groß, und sie rückte von mir ab.
    »Du nimmst von Edel Geschenke an?«, fragte ich kalt. »Wenn ich dir Geld anbiete, das ich ehrlich verdient habe, verweigerst du dich, aber du lässt dir Geschenke machen von diesem …«
    Ich war nahe da ran, Hochverrat zu begehen, doch fand ich keine Worte, um auszudrücken, was ich von ihm dachte.
    Mollys Augen verengten sich, und es war an mir, zurückzuweichen: »Was hätte ich zu ihm sagen sollen? ›Nein, edler Herr, ich
kann Eure Großzügigkeit nicht annehmen, bis Ihr geruht, mich zu Eurer Gemahlin zu nehmen?‹ Zwischen Edel und mir ist nicht das, was zwischen uns ist. Dieser Ohrschmuck war eine Anerkennung von ei nem Kunden, eine Geste gegenüber einem tüchtigen Handwerker. Was glaubst du, wes halb er ihn mir gegeben hat? Als Bezahlung für meine Gunst?«
    Wir starrten uns gegenseitig an, und nach ei ner Weile brachte ich über die Lippen, was sie beinahe als Entschuldigung anzunehmen bereit war. Dann zerstörte ich diesen unsicheren Frieden wieder, indem ich sagte, möglicherweise hätte er ihr das Geschenk nur gemacht, weil er wusste, er könnte mich damit treffen. Natürlich fragte sie, woher Edel von uns wissen sollte, und wäre meiner Meinung nach ihre Arbeit so unbedeutend, dass eine Anerkennung wie diese Ohrringe ihr nicht zustand? Was bleibt darüber zu sagen, als dass wir da nach den Bruch zwischen uns kitteten, so gut es nur ging. Doch was einmal zerbrochen ist, wird nicht wieder heil, und ich kehrte mit demselben Gefühl von Einsamkeit zum Schiff zurück, als wäre ich gar nicht bei ihr gewesen.
    Immer öfter, wenn ich am Ruder saß und mich be mühte, an rein gar nichts zu denken, ertappte ich mich dabei, dass ich Philia und Lacey vermisste, Chade, Kettricken oder sogar Burrich. Die wenigen Male, die ich während dieses Sommers Gelegenheit gefunden hatte, unsere Kronprinzessin zu besuchen, traf ich sie stets in ihrem Dachgarten an. Dort grünte und blühte es inzwischen, aber trotz ihrer Bemühungen, dem alten Zustand möglichst nahezukommen, war es ein Ort mit ganz ei genem Charakter. Sie war zu sehr von ihrer Bergheimat geprägt, um sich je vollständig dem

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