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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Haarsträhnen in seinem schwarzen
Kriegerzopf zeugten genauso wie die fehlenden Finger an einer Hand von vielen bestandenen Kämpfen. Sei ne Töch ter saßen neben ihm, ihre in digoblauen Augen und hohen Wangenknochen verrieten die Herkunft ihrer Mutter von den Nahen Inseln. Fidea und Zelerita trugen das Haar nach der Sitte des Nordens glatt und kurz geschnitten. Beide erinnerten mich in ihrer Eigenart, mit raschen Bewegungen den Kopf zu wenden, um sämtliche Gäste zu betrachten an einen auf des Falkners Faust harrenden Jagdfalken. Diese Menschen waren nicht vom Schlag des zahm gewordenen Adels aus den In landprovinzen. Von allen Sechs Provinzen konnte man am ehesten noch in Bearns etwas vom Erbe der alten Freibeuter und Eroberer lebendig finden.
    Edel beschwor Unheil herauf, indem er ihren Groll und ihren Schmerz auf die leichte Schulter nahm. Ich wusste, sie erwarteten nicht, dass bei Tisch über die Korsaren gesprochen wurde, aber seine übermütige Fröhlichkeit erschien in Anbetracht des Grundes für ihren Besuch reichlich unangemessen. War es Absicht von ihm oder einfach nur Dummheit? Kettricken jedenfalls schien sich bewusst zu sein, wie kränkend sein Verhalten wirken musste. Mehr als ein mal sah ich, wie sie die Lippen zusammenpresste oder bei einem von Edels Witzeleien den Blick senkte. Er trank viel, und der im Übermaß genossene Wein machte sich in seinen extravaganten Gesten und lautem Lachen bemerkbar. Ich ärgerte mich, dass ich nicht hören konnte, was er an seinen eigenen Worten so erheiternd fand.
    Der Abend zog sich endlos hin. Zelerita hatte mich sofort entdeckt, und danach fiel es mir schwer, den prü fenden Blicken auszuweichen, die sie in mei ne Richtung warf. Als un sere Augen sich zum ersten Mal trafen, nickte ich ihr grüßend zu. Ihre Miene verriet, dass sie sich über den Platz wunderte, den man mir angewiesen hatte. Ich wagte nicht, allzu gleichgültig zu erscheinen; Edels
Benehmen war schon ohne mich schlecht ge nug, weshalb ich des Herzogs Tochter nicht noch zusätzlich vor den Kopf stoßen wollte. Ich fühlte mich wie bei ei nem Balanceakt auf ei nem dünnen Seil und war dankbar, als König Listenreich sich erhob und Kettricken darauf bestand, ihn aus dem Saal zu geleiten. Edel runzelte in seiner Feierlaune ein we nig die Stirn da rüber, dass das Ban kett sich so früh aufzulösen begann, doch unternahm er keinen Versuch, Herzog Brawndy und sei ne Töchter umzustimmen, als sie sich gleich darauf ziemlich steif entschuldigten und ebenfalls die Tafel verließen. Ich folgte ihrem Beispiel, schützte Kopfschmerzen vor und verabschiedete mich von mei nen kichernden Tischgenossinnen. Als ich meine Tür öffnete und ins Zimmer trat, fühlte ich mich wie das machtloseste Geschöpf in der ganzen Burg. Ich fühlte mich in der Tat wie Namenlos, der Stallbursche.
    »Ich sehe, das Abendessen war für dich die reinste Freude«, bemerkte der Narr. Ich seufzte. Sinnlos, von ihm wis sen zu wollen, wie er hereingekommen war. Weshalb Fragen stellen, auf die mit keiner Antwort zu rechnen war. Er saß vor dem Ka min, umrahmt vom flackernden Schein des kleinen Feuers, das er entzündet hatte. Merkwürdig still kam er mir vor, denn von ihm war weder Schellengeklingel noch der sonstige Schwall spöttischer Wortkapriolen zu hören.
    »Unerträglich war es.« Ich machte mir nicht die Mühe, Kerzen anzuzünden, meine Kopfschmerzen waren nicht nur eine Ausrede gewesen. Erst setzte ich mich auf mein Bett, dann streckte ich mich seufzend der Länge nach darauf aus. »Ich habe keine Ahnung, wohin das alles führen soll, noch was ich dagegen tun könnte.«
    »Vielleicht hast du bereits genug getan?«, äußerte der Narr.
    »In letzter Zeit habe ich nichts Be merkenswertes vollbracht. Außer zu begreifen, wann es klüger ist, sich mit Edel auf keinen Streit einzulassen.«

    »Ach ja. Das ist eine Fertigkeit, die wir alle erlernen«, meinte er sarkastisch, zog die Knie unters Kinn und verschränkte die Arme darauf. »Dann weißt du kei ne Neuigkeiten, die du gewillt bist, einem Narren anzuvertrauen? Einem überaus diskreten Narren?«
    »Ich weiß nichts, was du nicht auch weißt und vermutlich schon vor mir gewusst hast.« Die Dun kelheit im Zimmer wirkte beruhigend, meine Kopfschmerzen ließen nach.
    »So.« Er schien zu zögern. »Dann darf ich dir vielleicht eine Frage stellen? Die du beantwortest oder auch nicht, wie es dir beliebt.«
    »Hör auf, um den heißen Brei herumzureden. Du weißt, dass du mich mit

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