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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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andere. Mühsam schlug ich die blutige rechte Manschette zurück. Die geheime Tasche war mit einer Naht verschlossen, die sich auf einen Zug öffnen lassen sollte, aber das getrocknete Blut hatte sie verklebt. Ich zupfte behutsam an dem Fadenende. Nichts durfte verlorengehen. Ich musste warten, bis man mir fri sches Wasser brachte, um das Gift hinunterzuspülen, andernfalls blieb mir das bittere Pulver nur
im Halse stecken. Ich war im mer noch mit der Naht beschäftigt, als ich im Gang Stimmen hörte.
    Ich empfand es als grausame Ungerechtigkeit, dass sie schon so bald wiederkamen. Ich lauschte. Es war nicht Edel, aber jeder, der hierherkam, hatte irgendwelche Pläne mit mir. Eine tiefe Stimme, die sich weitschweifig über etwas beschwerte. Die Wächter antworteten kurz und in feindseligem Ton. Eine weitere Stimme, die beschwichtigend und vernünftig klang. Dann wieder der Bass, der jetzt lauter wurde und dessen Streitsucht unüberhörbar war. Plötzlich erhob er sich zu einem heiseren Ruf.
    »Du wirst sterben, Fitz! Am Halse aufgehängt, über Wasser, und deinen Leichnam wird man verbrennen!«
    Burrichs Stimme. Eine seltsame Mischung aus Wut, Drohung und Schmerz.
    »Schaff ihn weg hier«, sagte sehr entschieden eine der Wachen. Sie war offensichtlich eine Binnenländische.
    »Gleich, gleich.« Ich kannte diese Stimme. Blade. »Er hat nur einen Schluck zu viel, das ist alles. Man kennt das bei ihm. Und der Junge ist von Kindesbeinen an unten in den Ställen sein Lehrling gewesen. Alle sagen, er hätte Bescheid wissen müssen, hätte Bescheid gewusst und nichts getan.«
    »Jaaa.« Burrich dehnte seine Bestätigung erbittert in die Länge. »Und ich habe jetzt meinen Posten verloren, Bastard! Kein Bockswappen mehr für mich. Ach was, bei Els Hintern, mich juckt’s nicht. Die Pferde sind weg. Die verdammt besten Gäule, die je aus meiner Schule hervorgegangen sind, wurden landeinwärts zu Idioten verfrachtet, die von nichts eine Ahnung haben. Die Hunde sind weg, die Fal ken! Was noch üb rig ist, sind die alten Klepper und ein paar Maultiere. Kein einziges Reittier mehr dabei, mit dem ich gesehen werden wollte!« Die Stimme kam näher und sie hörte sich an, als wäre Burrich nicht mehr ganz bei Verstand.

    Ich zog mich an der Tür in die Höhe und hielt mich an den Gitterstäben fest, um hinausschauen zu können. Wo die Wachen genau standen, konnte ich nicht se hen, aber ihre Schatten bewegten sich an der Wand. Burrichs Silhouette versuchte sich in Richtung meiner Zelle zu bewegen, während die Wachen und Blade versuchten, ihn davon zurückzuhalten.
    »Macht halblang, nicht so hitzig«, protestierte Burrich lallend. »Wartet, immer mit der Ruhe. Ich will nur mit ihm reden, weiter nichts.« Das Getümmel bewegte sich ein Stück vorwärts und hielt dann wieder still. Die Wachen befanden sich zwischen Burrich und meiner Tür, Blade zerrte von hinten an ihm. Er war noch von dem Scharmützel in der großen Halle gezeichnet und trug einen Arm in der Schlinge. Er konnte wenig tun, um Bur rich zurückzuhalten.
    »Ich habe noch was mit ihm abzumachen, bevor Prinz Edel ihn sich vornimmt.« Burrich brachte die Worte nur undeutlich über die Lippen. »Drückt ein Auge zu, verflucht. Nur eine Minute! Was macht das schon aus? Er ist so gut wie tot!« Eine Pause. »Seht her, es lohnt sich für euch.«
    Die Wachen tauschten einen Blick.
    »He, Blade, hast du noch was in den Taschen?« Burrich kramte in seinem Beutel, dann schnaubte er ungeduldig und schüttelte den Inhalt in die hohle Hand. Münzen regneten zu Boden. »Hier! Hier!« Als er in einer Geste der Freigebigkeit beide Arme ausbreitete, fielen die Münzen klimpernd zu Boden und rollten über die Steinplatten des Bodens.
    »Er meint es nicht so. Bur rich, du kannst doch nicht versuchen, die Wachen zu bestechen. Du treibst es so weit, dass man dich auch noch in eine Zelle steckt.« Blade haspelte weitere Entschuldigungen hervor, während er sich daranmachte, die verstreuten Münzen einzusammeln. Die Wachen bückten sich, um ihm zu
helfen, und ich sah mehrmals eine Hand verstohlen vom Boden zur Tasche wandern.
    Plötzlich erschien Burrichs Gesicht vor meinem Gitterfenster, und wir starrten uns durch die Gitterstäbe hindurch gegenseitig schweigend an. Seine Augen waren blutunterlaufen, sein Atem roch nach Branntwein. An seinem Hemd war die Stelle zu erkennen, wo man ihm das Bockswappen abgerissen hatte. Er be trachtete mich mit einem Ausdruck, der zwischen Zorn und Trauer

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