Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
die Luft rein, aber hinter mir...
»Was hast du Lümmel hier zu schaffen?«
Mir rutschte das Herz in die Hose, dennoch zwang ich ein törichtes Lächeln auf mein Gesicht, als ich mich herumdrehte und zu dem Soldaten aufsah, der hinter mir den Raum betreten hatte.
»Vergebung, Herr, ich habe mich in diesen vielen Gängen verlaufen«, sagte ich unschuldig.
»Ach ja? Wenn dem wirklich so ist, dann erklärt das aber nicht, weshalb du innerhalb der Mauern des königlichen Palastes ein Schwert trägst. Jedermann weiß, dass Waffen hier verboten sind, außer für des Königs Leibgarde. Ich habe dich herumschleichen sehen. Hast du geglaubt, während alle ausgelassen feiern, könntest du dir unbemerkt die Taschen füllen?«
Starr vor Entsetzen stand ich da und sah den Mann auf mich zukommen. Mein bestürzter Gesichtsausdruck musste ihn in der Überzeugung stärken, dass er einen kleinen Dieb auf frischer Tat ertappt hatte. Verde ahnte nicht, dass er gerade einem Mann wiederbegegnete, den er in einem Kerker in Bocksburg geholfen hatte totzuschlagen. Seine Hand ruhte lässig auf dem Schwertknauf, während er zuversichtlich lächelte. Er war ein gut aussehender Mann, der wie viele Menschen in Farrow blond und hochgewachsen war. Als Abzeichen trug er die goldene Eiche der Mountwells, auf die der Rehbock der Weitseher eingenäht war. Also hatte Edel sich sein eigenes Wappen geschaffen. Ich wünschte mir nur, er hätte den Bock weggelassen.
Nur ein Teil von mir bemerkte all diese Einzelheiten, während ein anderer Teil erneut den Alptraum durchlebte, wie mein geschundener Körper vom Boden hochgehoben und ich schon halb besinnungslos den Fäusten dieses Mannes ausgeliefert wurde. Er war nicht Kujon, der mir die Nase gebrochen hatte. Nein, Verde war nach ihm gekommen, um das Werk zu vollenden. Er hatte turmhoch über mir aufgeragt, während ich mich zu seinen Füßen gekrümmt hatte, um wie ein Wurm über den Steinboden zu kriechen, der glitschig von meinem Blut gewesen war. Ich erinnerte mich an seine lachenden Flüche, wenn er sich wieder einmal nach mir bücken musste, weil mich jeder Schlag zu Boden streckte. »Bei Edas Titten«, murmelte ich einen seiner derben Flüche vor mich hin, und mit diesen Worten erstarb die Furcht in mir.
»Sehen wir einmal nach, was du in diesem Beutel hast«, sagte Verde und kam näher.
Ich durfte ihn nicht hineinschauen lassen. Auch der geschickteste Lügner der Welt hätte ihm nicht weismachen können, der Inhalt sei harmlos. Es gab keine Ausrede, mit der ich mich aus dieser Bedrängnis retten konnte. Ich würde den Mann töten müssen.
Auf einmal war alles so einfach.
Der Ort war nicht günstig, nur durch eine Wand getrennt von den vielen Menschen im Festsaal. Ich wollte keinen Aufruhr, falls die Sache nicht ganz lautlos abging. Also wich ich zurück, Schritt um Schritt, bis in den Saal, aus dem ich gerade gekommen war. Die gemalten Ahnen schauten zu, wie ich den hochgewachsenen Gardisten hinter mir herlockte.
»Bleib stehen!«, befahl er, aber ich schüttelte heftig den Kopf, um ihn weiter glauben zu machen, ich hätte Angst. »Bleib stehen, habe ich gesagt, du trauriges Jammergestell!«
Ich schaute kurz über die Schulter, dann wieder auf ihn, als würde ich gleich all meinen Mut zusammennehmen und weglaufen. Dreimal ging es so hin und her, dann sprang er endlich auf mich zu.
Darauf hatte ich gehofft.
Ich wich zur Seite aus und rammte ihm den Ellenbogen ins Kreuz, so dass er ins Stolpern geriet und auf die Knie fiel. Er stieß einen unartikulierten Wut- und Schmerzensschrei aus; offenbar konnte er nicht glauben, dass dieser Hänfling von einem Dieb es wagte, sich gegen ihn zur Wehr zu setzen. Ein Tritt unter das Kinn brachte ihn zum Schweigen. (Gut, dass ich wieder meine Stiefel angezogen hatte.) Bevor er noch einen weiteren Ton von sich gab, hatte ich das Messer gezückt und ihm quer über den Hals gezogen. Gurgelnd verlieh er seiner Verwunderung Ausdruck und rang mit beiden Händen darum, den warmen Blutschwall aufzuhalten. Ich beugte mich tief zu ihm hinab und sah ihm aus nächster Nähe ins Gesicht. »FitzChivalric«, sagte ich ruhig. - »FitzChivalric...« Als er dieses Wort begriffen hatte, weiteten sich seine Augen vor Entsetzen, genauso wie sich ihr Ausdruck kurz darauf entleerte, als das Leben daraus floh. Plötzlich umgab ihn nur noch Schweigen, er wurde zu einem Nichts, das so leblos war wie ein Stein. Nicht einmal über die Alte Macht spürte ich noch etwas von ihm.
Es
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