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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Körper des Wolfs folgte, stürzte ein Regal mit eingetopften Kräutern auf einige darunterliegende Schriftrollen. Nachtauge war in den Raum eingedrungen. Seine Krallen klackten auf den Holzdielen, und er schlitterte bis zu mir und Chade, der hastig aufgestanden war. Ein bedrohliches Knurren drang aus seiner Kehle. Ich werde sie alle töten, wenn du es willst. Ich ließ den Kopf auf das Kissen sinken. Mein unschuldiger wilder Wolf. Das hatte ich aus ihm gemacht. War es besser, als was Chade aus mir gemacht hatte?
    Ich schaute in die Runde. Chade war ein paar Schritte zurückgewichen. Seine Miene verriet nichts von dem, was er dachte oder fühlte. Auf den übrigen Gesichtern zeichneten sich Schreck, Traurigkeit und Enttäuschung ab, woran ich an allem Schuld hatte. Verzweiflung und Fieber schüttelten mich. »Es tut mir leid«, sagte ich erschöpft. »Ich bin niemals der gewesen, den ihr in mir gesehen habt. Niemals.«
    Der Raum war ein einziges Schweigen. Im Herd knisterte funkensprühend das Holz.
    Ich schloss für einen Augenblick die Augen und sagte, was ich sagen musste: »Aber ich werde weiterziehen und Veritas finden. Irgendwie werde ich ihn finden und ihn euch zurückbringen. Das jedoch nicht, weil ich etwa das bin, wofür ihr mich haltet«, betonte ich, als ich sah, wie Chades Züge sich aufhellten, »sondern weil ich keine andere Wahl habe. Ich hatte nie eine andere Wahl.«
    »Du glaubst, dass Veritas lebt!?« Wilde Hoffnung sprach aus Kettrickens Stimme. Sie kam mir schnell und bedrohlich näher.
    Ich nickte. »Ja. Ja, ich glaube, dass er lebt. Mehr als einmal habe ich ihn ganz deutlich bei mir gespürt.« Ihr Gesicht war jetzt ganz dicht vor dem meinen und erschien mir riesengroß. Ich blinzelte, weil sich mein Blick plötzlich verschleierte.
    »Und warum ist er nicht zurückgekehrt? Hat er den Weg verloren? Ist er verletzt? Denkt er nicht an die, die er zurückgelassen hat?« Ihre Fragen prasselten auf mich herab wie bei einer Steinigung.
    »Ich denke«, fing ich an, um ihr Einhalt zu gebieten, und doch versagten mir die Kräfte. Ich konnte weder denken noch sprechen. Ich schloss die Augen. Ich lauschte einer langen Stille. Bis Nachtauge leise winselte und anfing zu knurren.
    »Vielleicht sollten wir es gut sein lassen und gehen«, schlug Merle beklommen vor. »Es ist zu viel für ihn.«
    »Ihr mögt gehen«, äußerte der Narr großzügig. »Ich jedoch wohne unglücklicherweise hier.«
    Jagd. Es ist Zeit für die Jagd. Ich schaue dorthin, wo wir hereingekommen sind, aber Er-ohne-Geruch hat diesen Weg versperrt, mit einem neuen Stück Haut verschlossen. Tür, ein Teil von uns weiß, das ist die Tür, und wir gehen hin und winseln leise und stoßen mit der Nase dagegen. Sie klappert wie eine Falle, die gleich zuschnappen wird. Er-ohne-Geruch kommt, das mit leichten, vorsichtigen Schritten. Er streckt sich an mir vorbei, um seine blasse Pfote an die Tür zu legen und diese für mich zu öffnen. Ich schlüpfe hindurch, hinaus in eine kalte, nächtliche Welt. Es ist ein gutes Gefühl, sich wieder frei bewegen zu können, und ich entfliehe den Schmerzen, der stickigen Hütte und dem siechen Körper, der sich nicht mit diesem lebendigen Zufluchtsort aus Fleisch und Fell vergleichen kann. Die Nacht nimmt uns auf, und wir jagen.
     
    Es war in einer anderen Nacht, vorher, nachher, ich wusste es nicht. Meine Zeit hatte den Zusammenhalt verloren. Jemand nahm eine warme Kompresse von meiner Stirn und ersetzte sie durch eine kühlende neue. »Es tut mir leid, Narr«, murmelte ich.
    »Zweiunddreißig«, sagte eine müde Stimme und fügte etwas freundlicher hinzu: »Trink.« Behutsame Hände hoben meinen Kopf an, und aus einer Tasse schwappte Flüssigkeit gegen meine Lippen. Ich versuchte zu trinken. Es war Weidenrindentee... - Angewidert wandte ich den Kopf zur Seite. Der Narr wischte mir den Mund ab; dann setzte er sich wieder neben meinem Bett auf den Boden und lehnte den Rücken gegen das Gestell. Er hielt seine Schriftrolle ins Licht und las weiter. Es war tief in der Nacht. Ich schloss die Augen und bemühte mich, wieder in den Schlaf zu finden. Doch alles, was ich fand, waren die Fehler, die ich gemacht, und Vertrauen, das ich enttäuscht hatte.
    »Es tut mir so leid«, wiederholte ich.
    »Dreiunddreißig«, sagte der Narr, ohne aufzublicken.
    »Dreiunddreißig was?«
    Er warf mir einen überraschten Blick zu. »Oh! Du bist wirklich wach und redest mit mir?«
    »Natürlich. Dreiunddreißig

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