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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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wusste, er würde uns ständig umkreisen, schon um sich zu vergewissern, dass wir keine andere Richtung eingeschlagen hatten.
    »Krähe folgt uns«, teilte ich dem Narren mit.
    Er schaute mich fragend an.
    »Nachtauge sagt, sie ist böse auf uns.«
    Seine Schultern hoben und senkten sich unter einem Stoßseufzer. »Nun, sie hat das Recht, zu tun und zu lassen was sie will«, murmelte er vor sich hin. An mich gewandt, fügte er hinzu: »Es bereitet mir immer noch etwas Unbehagen, wenn ihr das tut, du und der Wolf.«
    »Ist es dir unangenehm? Dass ich über die Alte Macht verfüge?«
    »Ist es dir unangenehm, mir in die Augen zu sehen?«
    Das sagte mir genug. Wir gingen schweigend weiter.
    Kettricken nutzte das Tageslicht weidlich aus. Erst kurz vor der Dämmerung ließ sie uns im Schutz einiger hoher Bäume haltmachen. Augenscheinlich wurde der Platz häufiger benutzt, wenn auch nicht in jüngster Zeit. In der dünnen Schneedecke waren alte Fußspuren zu erkennen, und es gab eine aus Steinen gebildete Feuerstelle. Kettricken ließ keinen Zweifel an ihrer Befehlsgewalt aufkommen. Sie beorderte Merle zu einem kleinen Stapel Feuerholz, der unter einer schützenden Plane bereitlag. »Nimm davon, um Feuer zu machen, dann gehst du Brennholz suchen und legst mindestens so viel zurück, wie wir verbraucht haben. Viele Wanderer rasten hier, und bei schlechtem Wetter kann ein Leben von diesem Holzvorrat abhängen.« Merle gehorchte ohne ein weiteres Wort.
    Der Narr und ich gingen Kettricken beim Abladen, Auspacken und Aufstellen der Jurte zur Hand. Anschließend schafften wir das Bettzeug hinein, luden die übrigen Jeppas ab, banden das Leittier an einen Pflock und setzten einen Topf mit Schnee ans Feuer. Sie selbst legte die ganze Zeit kräftig mit Hand an. Ich beobachtete die Umsicht, mit der sie unser Lager einrichtete und für uns sorgte. Sie erinnerte mich an Veritas. Sie hätte einen guten Soldaten abgegeben.
    Nachdem die Arbeit getan war, tauschten der Narr und ich einen Blick. Ich ging zu Kettricken, die gerade damit beschäftigt war, die Jeppas zu versorgen. Die genügsamen Tiere waren bereits dabei, Zweigspitzen und Rinde von den kleineren Bäumen zu knabbern, die eine Seite des Lagerplatzes begrenzten.
    »Ich halte es für möglich, dass Krähe uns folgt«, eröffnete ich ihr. »Ob ich ein Stück zurückgehen und nach ihr Ausschau halten sollte?«
    »Wozu?«, fragte sie. Das mutete gefühllos an, aber sie fuhr fort: »Wenn es ihr gelingt, uns einzuholen, dann wird sie uns willkommen sein, das weißt du. Doch ich nehme an, sie wird bald merken, dass ihre Kräfte nicht ausreichen und aufgeben. Vielleicht ist sie bereits umgekehrt.«
    Oder vielleicht ist sie vor Erschöpfung zusammengebrochen und liegt irgendwo hilflos am Wegesrand, dachte ich. Trotzdem machte ich mich nicht auf die Suche nach ihr. Kettrickens Einstellung entsprang dem nüchternen Pragmatismus des Bergvolkes. Sie respektierte Krähes Entschluss, uns zu folgen, und respektierte auch ihr Recht, selbst die Verantwortung für ihr Tun zu übernehmen. In den Bergen gab es einen Brauch, den man den ›Rückzug‹ nannte, was bedeutete, das alte Menschen, die ihre Zeit kommen fühlten, sich in ein selbstgewähltes Exil zurückzogen, wo die Kälte und andere Widrigkeiten möglicherweise allen Gebrechen des Alters ein Ende bereiteten. Auch ich respektierte Krähes Recht, über ihr eigenes Leben zu bestimmen. Trotzdem bat ich Nachtauge, auf dem Pfad zurückzulaufen, um zu sehen, ob sie in Not war. Ich redete mir ein, es wäre reine Neugier. Er war gerade mit einem blutigen weißen Hasen im Maul ins Lager gekommen. Bei meiner Bitte erhob er sich mit dem Gehabe des leidgeprüften Helfers von seinem kaum begonnenen Mahl, streckte sich und meinte: Achte auf mein Fleisch . Dann verschwand er in der hereinbrechenden Dunkelheit.
    Das Abendessen, das aus Haferbrei und Fladen bestand, war eben fertig, als Krähe dicht gefolgt von Nachtauge zu uns ins Lager kam. Sie trat ans Feuer, streckte die Hände über das wärmende Feuer und maß uns der Reihe nach mit bitterbösen Blicken. Der Narr und ich schauten uns schuldbewusst an. Als Geste der Versöhnung bot ich ihr einen Becher Tee an, den ich mir gerade eingeschenkt hatte. Sie nahm ihn und trank ihn leer, bevor sie uns laut anklagte: »Ihr seid ohne mich aufgebrochen.«
    »Ja«, gab ich zu. »Du hast Recht. Kettricken kam zu uns und sagte, wir dürften keine Zeit verlieren. Deshalb sind der Narr und ich...«
    »Aber ich bin

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