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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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trotzdem hier«, schnitt sie mir triumphierend das Wort ab. »Und ich habe vor, mit euch weiterzugehen.«
    »Wir sind auf der Flucht«, erklärte Kettricken ruhig. »Wir können keine Rücksicht auf dich nehmen.«
    Krähes Augen sprühten Feuer. »Habe ich etwa darum gebeten?«, erwiderte sie bissig.
    Kettricken zuckte die Schultern. »Ich wollte es nur gesagt haben, damit du Bescheid weißt.«
    »Nun hast du es gesagt, und ich weiß Bescheid.« Mehr wurde darüber nicht mehr gesprochen.
    Ich hatte fast mit Bewunderung diesem Wortwechsel zugehört, und anschließend empfand ich einen deutlich größeren Respekt vor beiden Frauen. Allmählich glaubte ich zu begreifen, in welcher Rolle Kettricken sich sah. Sie war die Königin der Sechs Provinzen, und sie hegte nicht den geringsten Zweifel daran. Doch anders, als man vielleicht erwarten konnte, hatte sie sich nicht hinter einem Titel versteckt oder Anstoß an Krähes scharfer Entgegnung genommen. Sie hatte ihr respektvoll geantwortet, von Frau zu Frau, und mit der gebotenen Autorität. Wieder einmal hatte ich erlebt, aus welchem Holz sie geschnitzt war, und fand nichts daran zu tadeln.
    Wir schliefen alle zusammen in der Jurte. Kettricken füllte ein kleines Feuerbecken mit Glut, und so wurde es fast gemütlich in unserer Unterkunft. Sie teilte die Wachen ein und nahm auch sich und Krähe nicht aus. Die anderen schliefen schon tief, als ich noch wachlag und mich wieder auf dem Weg zu Veritas befand, was mich ein wenig von dem unaufhörlichen Drängen in meinem Kopf befreite. Allerdings floss am Ende dieses Wegs auch der Strom, wo mein König seine Hände in der reinen Gabe gebadet hatte. Dieser verlockende Gedanke ließ mir keine Ruhe, und so waren in dieser Nacht meine Träume erfüllt von der Magie des schwarzen, magischen Wassers.
    Am nächsten Morgen brachen wir das Lager sehr früh ab, um uns gleich wieder auf den Weg zu machen. Auf Kettrickens Anweisung hin ließen wir dabei eine zweite, kleinere Jurte zurück, die mitgenommen worden war, weil unser Trupp ursprünglich aus sechs Personen bestehen sollte. Sorgfältig an dem Lagerplatz verstaut, konnte sie vielleicht einem anderen Reisenden von Nutzen sein. Dem von dieser Last befreiten Tier wurde dann der größte Teil dessen aufgeladen, was bisher die Menschen geschleppt hatten. Ich wusste dies zu schätzen, denn das Pochen in meinem Rücken hatte keineswegs nachgelassen.
    Vier Tage lang trieb Kettricken uns unbarmherzig vorwärts. Sie sagte nicht, ob sie wirklich eine Verfolgung befürchtete, und ich fragte sie auch nicht danach. Es bot sich keine Gelegenheit für ein Gespräch unter vier Augen. Sie übernahm stets die Führung, gefolgt von den Tragtieren, dem Narren und mir, dahinter Merle und, oft ein größeres Stück zurück, schließlich Krähe. Beide Frauen hielten ihr Versprechen. Kettricken behielt unser Marschtempo bei, und Krähe beschwerte sich mit keinem Wort. Jeden Abend kam sie als Letzte ins Lager. Gewöhnlich begleitete sie Nachtauge, und meistens schaffte sie es gerade rechtzeitig, um mit uns gemeinsam zu essen und sich schlafen zu legen. Sobald Kettricken am nächsten Morgen aufstand, war auch sie gleich auf den Beinen und klagte nie.
    Am vierten Abend, als wir alle im Zelt versammelt waren und uns zum Schlafen fertig machten, richtete Kettricken plötzlich das Wort an mich. »FitzChivalric, es gibt etwas, wozu ich deine Meinung hören möchte.«
    Ich setzte mich auf. Die Förmlichkeit, mit der sie ihre Bitte vortrug, erregte meine Neugier. »Verfügt über mich, Majestät.«
    Der Narr neben mir unterdrückte ein Kichern. Wahrscheinlich gaben wir ein kurioses Bild ab, denn inmitten von Decken und Pelzen sitzend, klangen unsere Worte wie bei einem Empfang bei Hofe. Doch ich ließ mich davon nicht weiter beirren.
    Um Licht zu machen, legte Kettricken einige Stücke trockenes Holz in das Glutbecken. Sie brachte aus ihrem Gepäck einen emaillierten Zylinder zum Vorschein, nahm den Deckel ab und ließ behutsam ein zusammengerolltes Stück Pergament herausgleiten. Als sie es vorsichtig ausbreitete, erkannte ich die Landkarte wieder, die für Veritas der Anlass zu seiner Expedition gewesen war. Es mutete eigenartig an, sie in dieser Umgebung und unter diesen Umständen wiederzusehen.
    Kettricken breitete sie auf ihrem Schoß aus und tippte mit dem Finger auf einen bestimmten Fleck. »Hier ungefähr befinden wir uns«, erklärte sie. Ihre Hand zitterte ein wenig, als sie danach auf einen anderen Punkt

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