Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
gleichmäßigen Atemzügen unschuldigen Schlummer. »Narr?«, fragte ich wieder und war darauf gefasst, dass er plötzlich vor mir in die Höhe schnellte; doch er machte nur eine fahrige Bewegung, als hätte ich ihn in seinen Träumen gestört. Es erbitterte mich mehr, als ich sagen konnte, dass er mitten in einem ernsthaften Gespräch einen albernen Schabernack aufführen musste; aber was konnte man nach seinem Benehmen während der letzten Tage schon erwarten. Plötzlich hatte das heiße Bad seinen Reiz für mich verloren. Ich begann, meine Kleider zusammenzusuchen und tat so, als wäre er nicht da. Auch während ich mich schnell abtrocknete und in Hemd und Hose schlüpfte, die ebenfalls noch feucht waren, ignorierte ich ihn. Ohne noch ein Wort an den Narren zu verschwenden, machte ich mich auf den Rückweg zum Lager. Nachtauge trottete hinter mir her.
Ist es ein Spiel?, fragte er mich.
Wie man’s nimmt, antwortete ich kurz. Zumindest ist es kein sehr lustiges.
Die Frauen waren bereits ins Lager zurückgekehrt. Kettricken studierte die Karte, während Krähe kleine Portionen des restlichen Körnerfutters an die Jeppas verteilte. Merle saß beim Feuer und zog einen Kamm durch ihr Haar. Sie schaute auf, als ich herankam. »Hat der Narr Trinkwasser gefunden?«, fragte sie.
Ich zuckte die Schultern. »Jedenfalls nicht, als ich ihn das letzte Mal gesehen habe.«
»Die Wasserschläuche sind auch noch voll genug. Doch ich habe gern frisches Wasser für den Tee.«
»Ich auch.« Ich setzte mich und schaute ihr zu. Wie von selbst schienen Merles Finger das feuchte Haar in einzelne Strähnen zu teilen und zu Zöpfen zu flechten, die sie aufrollte und feststeckte.
»Ich kann es nicht leiden, wenn mir nasses Haar ins Gesicht hängt«, erklärte sie, und ich bemerkte, dass ich sie angestarrt hatte. Verlegen wandte ich den Blick ab.
»Aha, er kann immer noch rot werden«, lachte sie und fügte dann bedeutungsvoll hinzu: »Möchtest du dir meinen Kamm borgen?«
Ich fuhr mit der Hand über mein verfilztes Haar. »Wahrscheinlich sollte ich das.«
»Allerdings«, stimmte sie zu, aber statt mir den Kamm zu geben, trat sie um das Feuer herum und kniete hinter mir nieder. »Wie hast du dieses Durcheinander nur zustande gebracht?«, wunderte sie sich laut und begann Strähne um Strähne zu entwirren.
»Es wächst einfach so«, murmelte ich. Merles sanfte Berührung und das leichte Ziehen an der Kopfhaut fühlten sich unglaublich gut an.
»Es ist so fein; deshalb verfilzt es schnell. Ich habe nie einen Mann aus Bock mit so feinem Haar getroffen.«
Für einen Augenblick schien die Welt den Atem anzuhalten. Ein Strand in Bock an einem windigen Tag, und Molly neben mir auf einer Decke, ihre Bluse noch halboffen. Sie hatte mir gerade gesagt, man hielte mich für das Beste, das seit Burrich aus den Ställen gekommen sei. »Ich glaube, es liegt an deinem Haar. Es ist nicht so struppig wie das der meisten Männer hier.« Ein kurzes Zwischenspiel mit Neckereien, müßigem Geplauder und ihrer süßen Berührung unter dem weiten Himmel. Fast musste ich lächeln; aber ich konnte mich an jenen Tag nicht erinnern, ohne daran denken zu müssen, dass auch er, wie so viele unserer Stelldicheins, in Streit und Tränen geendet hatte. Bei diesen Gedanken schnürte es mir die Kehle zu, und ich schüttelte den Kopf, um die Erinnerung zu vertreiben.
»Halt still«, tadelte mich Merle. »Ich bin fast fertig. Beiß die Zähne zusammen. Das ist der letzte Knoten.« Sie hielt die Strähne weiter oben fest und kämmte die verfilzten Haare mit einem kurzen Ruck heraus, von dem ich fast gar nichts spürte. »Gib mir die Schnur«, befahl sie, nahm sie mir aus der Hand und band mein Haar im Nacken zusammen.
Krähe war mit den Jeppas fertig und kam zum Feuer. »Wie sieht es mit Abendessen aus?«, fragte sie mit betonter Stimme.
Ich seufzte. »Noch nicht. Bald.« Ich erhob mich schwerfällig.
»Gib auf ihn acht, Wolf«, wandte sich Krähe an Nachtauge. Er wedelte kurz mit dem Schwanz und führte mich dann weg vom Lager.
Erst nach Einbruch der Dämmerung kehrten wir zurück und waren sehr zufrieden mit uns, denn wir brachten diesmal nicht Kaninchen mit, sondern ein paarhufiges Tier, das aussah wie ein kleines Zicklein, nur mit seidigerem Fell. Ich hatte das Tier gleich an Ort und Stelle ausgeweidet - einmal, um Nachtauge mit den Eingeweiden zu belohnen, zum anderen, damit ich weniger schwer zu tragen hatte. Ich warf mir das Tier über die Schulter, was
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