Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
verschwistert, mit Hunden, und ich wusste um den Schmerz, den es mit sich bringt, einen solchen Gefährten zu verlieren. Ich hatte deshalb beschlossen, mich nie wieder darauf einzulassen.
Rolf starrte mich ungläubig an, fast mit Entsetzen. »Du warst schon zweimal verschwistert, vor dem Wolf? Und hast beide Gefährten verloren?« Er schüttelte den Kopf, als könne er es nicht glauben. »Du bist sehr jung, sogar für eine erste Verschwisterung.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich war noch ein Kind, als Nosy und ich uns anfreundeten. Er wurde mir weggenommen, von jemandem, der über die Alte Macht Bescheid wusste und der Ansicht war, es sei nicht gut - für uns beide nicht. Später habe ich Nosy wiedergefunden, aber da stand er schon am Ende seines Lebens. Und der andere Welpe...«
Rolf betrachtete mich mindestens mit einem ebenso großen Widerwillen wie Burrichs Abneigung gegen die Alte Macht, während Holly nur stumm den Kopf schüttelte. »Du hast dich schon als Kind verschwistert? Entschuldige, aber das ist ziemlich abartig. Als würde man ein kleines Mädchen mit einem erwachsenen Mann zusammenführen. Ein Kind ist niemals bereit, das Leben eines Tieres in seiner Gesamtheit zu teilen; alle Eltern vom Alten Blut, die ich kenne, schirmen ihre Kinder mit größter Sorgfalt vor einer zu frühen Bindung ab.« Damit wurden seine Züge weicher. »Dennoch, es muss schwer für dich gewesen sein, als man dir dein Brudertier weggenommen hat. Doch wer immer es tat, - er hat richtig gehandelt, welchen Grund es dafür auch immer gab.« Er musterte mich prüfend. »Ich kann es fast nicht glauben, dass du überlebt hast, ohne Kenntnis von den Bräuchen des Alten Blutes.«
»Wo ich herkomme, wird selten darüber gesprochen und wenn, nennt man es nur abschätzig die Tiermagie, und es gilt bei allen als etwas Widernatürliches und Schändliches.«
»Haben dir das sogar deine Eltern erzählt? Ich weiß zwar sehr gut, wie man dem Alten Blut gegenübersteht und welche Lügen erzählt werden, doch gewöhnlich hört man sie nicht von den eigenen Eltern. Unsere Eltern ehren das Blut und helfen uns, geeignete Partner zu finden, um es rein zu erhalten.«
Ich schaute zuerst zu Rolf und dann zu Holly. »Ich habe meine Eltern nicht gekannt.« Obwohl hier niemand von meiner Herkunft wusste, kam es mich hart an, dafür Worte zu finden. »Als ich sechs Jahre alt war, übergab meine Mutter mich der Familie meines Vaters. Und mein Vater hielt es für ratsam, sich... - von mir fernzuhalten. Ich vermute, das Alte Blut stammt von der Seite meiner Mutter, aber ich weiß rein gar nichts von ihr oder ihrer Familie.«
»Sechs Jahre alt? Und du erinnerst dich an nichts? Sie muss dich etwas gelehrt haben, bevor sie dich fortgab, Mittel und Wege, um dich zu schützen...?«
Ich seufzte. »Nein, ich erinnere mich wirklich an gar nichts.« (Seit ich denken kann, musste ich mir sagen lassen, das sei unmöglich, denn die allermeisten Menschen könnten sich schon an Ereignisse aus ihrer frühesten Kindheit erinnern, als sie drei Jahre oder jünger waren.)
Rolf der Schwarze antwortete aus voller Kehle, was sich halb wie ein Knurren und halb wie ein Seufzen anhörte. »Nun, irgendjemand hat dich doch wohl unterrichtet.«
»Nein«, antwortete ich ihm kurz angebunden. Um das Thema zu wechseln, besann ich mich auf das älteste Ablenkungsmittel, wenn Leute mir zu viele Fragen stellten. »Erzähl mir von dir«, forderte ich ihn auf. »Was hat deine Mutter dich gelehrt und wie?«
Wenn er lächelte, bildeten sich Wülste um seine schwarzen Augen, was sie kleiner erscheinen ließen. »Sie brauchte zwanzig Jahre, um mich darin zu unterweisen. Hast du so lange Zeit?« Mein Gesichtsausdruck veranlasste ihn hinzuzufügen: »Nein, ich weiß, du hast nur gesprächshalber gefragt. Aber ich will dir geben, was du brauchst. Bleib eine Zeitlang bei uns. Von uns könnt ihr lernen, was ihr beide wissen müsst. Doch man lernt es nicht in einer Stunde oder an einem Tag. Es braucht Monate. Vielleicht viele Jahre.«
Holly meldete sich plötzlich mit ruhiger Stimme zu Wort. »Wir könnten auch eine Gefährtin für ihn finden. Ollies Tochter Vita käme in Frage. Sie ist älter als er, aber vielleicht holt sie ihn auf den Boden der Tatsachen zurück.«
Rolf grinste breit. »Ist das nicht wieder typisch Frau! Hat dich nun gerade einmal kennengelernt und will dich schon verheiraten.«
Holly wandte sich mir zu, wobei ein kleines, aber herzliches Lächeln um ihren Mund lag.
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