Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
Fierant war und schnappte dabei noch die eine oder andere Nachricht auf. Es war Zeit, dass ich mir einen genaueren Plan zurechtlegte, wie ich meine Rache an Edel bewerkstelligen wollte.
Es war Zeit, dass ich anfing, auf eigenen Füßen zu stehen.
KAPITEL 8
FIERANT
A ls der Sommer sich freundlich dem Ende zuneigte, verdoppelten die Korsaren ihre Bemühungen, sich an der Küste des Herzogtums Bearns so viele Stützpunkte zu schaffen wie möglich, bevor die Winterstürme wieder einsetzten. Sie wussten, wenn sie sich die wichtigsten Häfen gesichert hatten, konnten sie entlang der gesamten Küstenlinie der Sechs Provinzen fortan nach Belieben zuschlagen. Das mochten ihre Erwägungen sein, denn obgleich sie in jenem Sommer bis zum Herzogtum Shoaks hinunter ihr Unwesen getrieben hatten, konzentrierten sich ihre Bestrebungen mit dem heraufziehenden Herbst darauf, sich der Küste von Bearns zu bemächtigen.
Ihre Vorgehensweise war befremdlich. Sie unternahmen keinen Versuch, Städte zu erobern oder die Bevölkerung zu unterwerfen. Ihr einziges Ziel war Zerstörung. Ortschaften, die sie einnahmen, wurden dem Erdboden gleichgemacht, die Bürger, soweit sie nicht geflohen waren, wurden erschlagen oder entfremdet. Manche Gefangene behielten sie als Sklaven, die schlechter behandelt wurden als Tiere. Sobald man dann keine Verwendung mehr für die Sklaven hatte, entfremdete man sie, und sei es auch nur zur eigenen Belustigung. Sie errichteten für sich selbst nur primitive Unterkünfte, als verachteten sie es, sich die Häuser der von ihnen Besiegten anzueignen und darin zu wohnen, statt sie einfach niederzubrennen. Übrigens unternahmen sie auch keinerlei Versuche, feste Siedlungen zu gründen, sondern begnügten sich damit, in den wichtigsten Häfen Garnisonen einzurichten, um sicherzugehen, dass sie nicht zurückerobert werden konnten.
Obwohl Shoaks und Rippon dem bedrängten Bearns beistanden, soweit es in ihrer Macht stand, mussten sie doch ihre eigenen Küsten schützen und litten selber Mangel, so dass sie nicht viel an Lebensmitteln oder Bewaffneten entbehren konnten. Das Herzogtum Bock hielt sich mehr schlecht als recht. Lord Vigilant hatte schließlich sehr spät eingesehen, wie sehr Bock zu seinem Schutz vom Zusammenhalt der Provinzen abhängig war, doch zu spät, um aus dieser Erkenntnis noch nutzbringende Konsequenzen zu ziehen. Er verwandte schließlich alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Befestigung von Bocksburg. Die restlichen Gebiete des Herzogtums blieben danach sich selbst überlassen. Die Bevölkerung musste ihre Verteidigung in die eigene Hand nehmen, unterstützt von jenen irregulären Truppen, die sich Prinzessin Philia verschrieben hatten. Bearns erwartete keinen Beistand aus dieser Richtung, akzeptierte aber dankbar, was unter dem Efeuwappen an Hilfeleistungen zu ihnen gelangte.
Herzog Brawndy von Bearns, längst über seine besten Jahre als Kriegsherr hinaus, begegnete der Bedrohung durch die Korsaren mit stählernen Waffen, die so grau waren wie seine Kopf- und Barthaare. Er war entschlossen, dem Feind die Stirn zu bieten, und zögerte nicht, seine Schatztruhen zu leeren und das Leben seiner Familie aufs Spiel zu setzen, um das Herzogtum bis zum Letzten zu verteidigen. Schließlich ereilte ihn bei der Verteidigung des Stammsitzes der Seinen, Burg Sturm, der Tod Doch weder sein Ende noch der Fall von Burg Sturm hielt seine Töchter davon ab, seinen Kampf fortzusetzen und auch weiterhin den Korsaren erbitterten Widerstand zu leisten.
Die lange Zeit, in der sich mein Hemd in meinem Bündel befunden hatte, war nicht spurlos an ihm vorübergegangen. Es hatte eine seltsame neue Form bekommen. Ich zog es trotzdem an, auch wenn ich über den modrigen Geruch die Nase rümpfen musste. An meinem Äußeren gab es ohnehin nicht viel zu retten. Ich band mir das Haar im Nacken zusammen und kämmte mit den Fingern durch meinen Bart. Er war mir zuwider, doch die lästige Prozedur der täglichen Rasur störte mich weit mehr. Schließlich verließ ich die Stelle am Flussufer, wo ich meine kurzen Waschungen vorgenommen hatte, und ging auf die Lichter zu. Diesmal hatte ich daran gedacht, mich besser vorzubereiten. Mein Name, so entschied ich, sollte Jory sein. Als ehemaliger Soldat verstand ich mich halbwegs auf Pferde und auf den Umgang mit der Feder. Ich hatte durch Korsaren mein Heim verloren. In Fierant, wohin ich unterwegs war, wollte ich versuchen, noch einmal von vorne anzufangen. Ich traute mir
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