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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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zu, diese Rolle als Jory überzeugend zu spielen.
    Je dunkler es wurde, desto mehr Lichter flammten auf, und ich erkannte, dass ich mich geirrt hatte, was die Größe des Ortes betraf. Vor mir lag eine Stadt, wohl sogar eine ziemlich bedeutende Stadt, die sich ein gutes Stück weiter am Fluss entlangzog. Mein Vorsatz, mich unter Menschen zu wagen, geriet so ins Wanken, aber die Vernunft sagte mir, dass es einen Umweg von etlichen Meilen bedeutete, wenn ich mich allein von diesem flauen Gefühl im Magen bewegen ließ, meinen Plan zu ändern. Ohne Nachtauge, auf den ich Rücksicht nehmen musste, gab es keinen wirklichen Grund, mir diese unnötige Strapaze aufzubürden. Ich straffte die Schultern, schritt hoch erhobenenen Kopfes voran und bemühte mich, mir nichts von meiner Befangenheit anmerken zu lassen.
    In der Stadt ging es erheblich lebhafter zu als in den meisten anderen Orten, durch die ich bisher gekommen war. Fackeln brannten und es herrschte Festtagsstimmung. In den Gassen drängten sich bunt gekleidete, fröhliche Menschen. Ich hörte Lachen und Musik. Die Wirtshaustüren waren mit Blumen bekränzt. Ich ließ mich im Strom der Menschen mittreiben und fand mich schließlich auf dem hell erleuchteten Marktplatz wieder. Hier spielten die Musikanten, und es wurde getanzt. Für die Durstigen standen Fässer mit Bier und Wein bereit. Auf langen Tischen häuften sich Brot und Früchte. Mir lief das Wasser im Mund zusammen. Das Brot duftete besonders köstlich für jemanden, der so lange darauf hatte verzichten müssen.
    Ich lungerte am Rand der Menschenmenge herum, lauschte den Gesprächen und fand dabei heraus, dass der Capaman der Stadt seine Hochzeit feierte, wodurch sich auch das offene Festmahl und die Musik erklärten. Wahrscheinlich war der ›Capaman‹ in Farrow eine Art Adelstitel, und dieses besondere Exemplar hier war im Volk wegen seiner Großzügigkeit offenbar recht beliebt. Eine ältere Frau wurde auf mich aufmerksam, kam näher heran und drückte mir drei Kupfergroschen in die Hand.
    »Geh zu den Tischen und iss dich satt, Junge«, forderte sie mich herzlich auf. »Capaman Logis hat verkündet, dass sich in seiner Hochzeitsnacht alle mit ihm freuen sollen. Jeder darf nach Herzenslust essen und trinken. Geh schon, geh, sei nicht schüchtern.« Sie klopfte mir ermunternd auf die Schulter. Ich wurde vor Verlegenheit rot, als ich begriff, dass sie mich für einen Bettler hielt, aber wahrscheinlich war es besser, sie in dem Glauben zu lassen. Wenn ich aussah wie ein Bettler, dann war es klüger, sich auch so zu benehmen. Trotzdem bereitete es mir Gewissenbisse, die milde Gabe einzustecken, so als hätte ich meine gutherzige Wohltäterin um etwas betrogen.
    Ich leistete ihrer Aufforderung dennoch Folge und reihte mich in die Schlange derer ein, die sich um Brot, Fleisch und Früchte angestellt hatten. Hinter den Tischen sorgten etliche junge Frauen für die gerechte Verteilung. Eine von ihnen reichte mir hastig den gefüllten Teller, so als ob sie möglichst schnell von mir befreit sein wollte. Ich bedankte mich höflich bei ihr, worauf ihre Freundinnen in Gekicher ausbrachen und sie ein Gesicht machte, als hätte ich sie mit einer Hure verwechselt. Ich hielt es für besser, mich schleunigst zu entfernen. Nach einigem Suchen fand ich einen freien Tisch, setzte mich und bemerkte schon bald, dass Plätze in meiner Nähe frei blieben. Ein junger Bursche, der Becher verteilte und sie mit Ale füllte, brachte auch mir einen und wollte wissen, woher ich käme. Ich sagte ihm nur, ich wäre auf der Suche nach Arbeit den Fluss hinaufgekommen, und fragte ihn, ob er jemanden wüsste, der Tagelöhner einstellte.
    »Oh, für dich ist der Gesindemarkt flussaufwärts in Fierant das Richtige«, antwortete er bereitwillig. »Weniger als ein Tagesmarsch von hier. Zu dieser Jahreszeit werden vor allem Erntehelfer gesucht, und wenn du da kein Glück hast, gibt es immer noch den Bau an des Königs Rund. Dafür nehmen sie jeden, der mit einer Schaufel umgehen oder auch nur einen Stein heben kann.«
    »Des Königs Rund?«
    Er zog die Augenbrauen hoch. »Ein Ort, an dem jeder zusehen kann, wie dem Richterspruch des Königs Genüge getan wird.«
    Dann wurde er von jemandem weggerufen, der seinen Krug schwenkte, und ich hatte Muße, mich dem Essen zu widmen und mir das Gehörte durch den Kopf gehen zu lassen. Sie nehmen jeden. So abgerissen und wunderlich sah ich also aus. Nun, das war nicht zu ändern. Das Essen aber schmeckte

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