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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Befürchtung, dass niemand anderes handeln wird, wenn sie es nicht tut. Auch war es nicht ihre kühne Tat, die das Kind gefährdet hat, sondern ein Sturz auf der Turmtreppe hier in Bocksburg. Und dem Kind ist nichts geschehen, auch wenn unsere Königin sich schmerzhafte Prellungen zugezogen hat.«
    »Ich verstehe.« Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und versank in Nachdenken. Das Schweigen zwischen uns schlug Wurzeln und drohte noch anzuwachsen, als er sich endlich vorbeugte und mir ein Zeichen gab, das Gleiche zu tun. Mit gedämpfter Stimme fragte er: »FitzChivalric, habt Ihr Ambitionen?«
    Der Augenblick war gekommen. König Listenreich hatte es mir vor Jahren prophezeit, Chade erst kürzlich. Weil ich nicht gleich antwortete, sprach Brawndy langsam und bedeutungsvoll weiter, als wäre jedes Wort ein sorgsam ausgewählter Stein, der noch einmal geprüft werden musste, bevor er ihn mir reichte. »Der Erbe des Weitseherthrons ist ein noch ungeborenes Kind. Wenn Edel sich erst zum Thronfolger erklärt hat, glaubt Ihr, er wird lange warten, bis er sich die Krone aufs Haupt setzt? Wir glauben es nicht. Wir, die Herzöge von Bearns und Rippon und Shoaks, denn ich spreche für uns alle drei. Listenreich ist alt und hinfällig geworden, im Grunde nur noch dem Namen nach König. Wir haben einen Vorgeschmack davon erhalten, was von Edel als Herrscher zu erwarten ist. Wie wird es uns in Edels Regierungszeit ergehen, bis Veritas’ Kind mündig geworden ist? Zumal ich nicht damit rechne, dass das Kind überhaupt das Licht der Welt erblickt, geschweige denn, dass man ihm gestattet, eines Tages den Thron zu besteigen.« Er verstummte, räusperte sich und schaute mich aus schmalen Augenschlitzen an. Fidea stand bei der Tür, als sei sie zur Wächterin unseres Geheimnisses berufen. Ich schwieg.
    »Ihr seid ein Mann, den wir kennen, Sohn eines Mannes, den wir respektierten. Ihr habt sein Aussehen geerbt und fast seinen Namen. Es haben Männer mit weniger gutem Anspruch eine Krone getragen.«
    Ich schwieg weiter. War es mein eigenes Wunschdenken, das mich hier einen Köder ahnen ließ? Noch hatte er nichts gesagt, was nach Anstiftung zum Hochverrat klang, es war nichts dabei, wenn ich ihm weiter zuhörte.
    Er suchte nach Worten. Dann hob er den Blick und sah mir in die Augen. »Die Zeiten sind hart.«
    »Das sind sie«, stimmte ich ihm zu.
    Er betrachtete seine Hände. Kräftige Hände, denen man ansah, dass sie zuzupacken verstanden. Sein Hemd war frisch gewaschen und geflickt, doch es war nicht eigens für diesen Anlass geschneidert worden. In Bocksburg mochten die Zeiten hart sein, in Bearns waren sie härter. Als er die Worte aussprach, geschah es mit bewunderungswürdiger Gelassenheit. »Falls Ihr die Absicht haben solltet, gegen Edel aufzustehen und Euch selbst zum Thronfolger zu erklären, würden Bearns und Rippon und Shoaks Euch unterstützen. Ich bin überzeugt, dass auch Königin Kettricken auf Eurer Seite wäre, und die Provinz würde ihr darin folgen.« Sein Blick war fest. »Wir haben lange darüber beraten. Veritas’ Kind hätte mit Euch als Regent eine größere Chance, den Thron zu besteigen, als wenn wir Edel gewähren ließen.«
    Aha. Sie hatten Listenreich bereits abgeschrieben. »Wes halb nicht Kettricken Gefolgschaft schwören?«, fragte ich.
    Er schaute in die Flammen. »Es mag ungerecht erscheinen, nachdem sie sich als so groß herzig erwiesen hat, doch sie stammt aus einem fremden Land und ist in mancher Hinsicht unerprobt. Nicht, dass wir an ihr Zweifeln, dazu achten wir sie zu sehr. Auch würden wir sie nicht in ihrer Macht beschneiden. Sie ist Königin und soll es bleiben und ihr Kind soll nach ihr die Krone tragen. Aber in diesen Zeiten brauchen wir bei de, den Thronfolger und die Königin.«
    Ein Dämon regte sich in mir und drängte mich zu fragen: »Und was, wenn das Kind mündig wird, und ich will den Thron nicht räumen?« Sie mussten sich diese Frage auch gestellt und sich geeinigt haben, was sie mir darauf antworten würden. Ich nahm mir noch einen Augenblick Bedenkzeit. Fast glaubte ich, den Strudel der Möglichkeiten zu spüren, die mich hier umströmten. War dies, wovon der Narr ständig faselte, war dies einer seiner nebelverhangenen Kreuzwege, in deren Mitte er stets mich sah? »Catalyst«, sagte ich leise zu mir.
    »Wie bitte?« Brawndy beugte sich weiter vor.
    »Chivalric«, verbesserte ich mich rasch. »Wie Ihr schon gesagt habt, ich trage seinen Namen. Beinahe. Herzog Brawndy, Ihr

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