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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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haben es lange schmerzlich vermisst.«
    »Stolz.« Veritas’ sonore Stimme gab dem Wort ein besonderes Gewicht. »Das ist es, was wir alle vermisst haben, und ich am meisten.« Er schaute zum Tor. »Dort reitet eine Königin«, meinte er versonnen. Verbarg sich hinter seinem Lächeln auch ein Anflug von Neid? Langsam drehte er sich um und ging zurück in die Burg. Hinter uns brandete Stimmengewirr auf, als die Zurückgebliebenen sich da ran machten zu tun, worum die Kronprinzessin sie gebeten hatte. Ich folgte Veritas und war noch immer von dem Ereignis erschüttert, dessen Zeuge ich gerade gewesen war. Edel drängte sich an mir vorbei und trat seinem Bruder in den Weg. Er bebte vor Zorn. Veritas blieb stehen. »Wie konntest du das zulassen? Lässt du dir von dieser Frau auf der Nase herumtanzen? Sie macht uns zum Gespött! Wer ist sie, Befehle zu geben und über unsere Truppen zu gebieten? Wer ist sie, dass sie sich an maßt, selbstherrlich hier zu schalten und zu walten?«
    »Meine Gemahlin«, antwortete Veritas sanft. »Und deine Kronprinzessin. Von dir selbst ausgewählt. Vater hat mir versichert, du würdest eine Frau aussuchen, die geeignet wäre, Königin zu sein. Ich glaube, du hast eine bessere Wahl getroffen, als es in deiner Absicht stand.«
    »Deine Gemahlin? Dein Untergang, du Esel! Sie bringt dich zu Fall, sie schneidet dir die Kehle durch, während du schläfst! Sie wird sich die Herzen des Volkes erobern, sie schafft sich einen eigenen Namen! Bist du blind, Schwachkopf? Vielleicht willst du in aller Gemütsruhe zusehen, wie diese Furie aus den Bergen dir die Krone stiehlt, aber ich denke nicht daran!«
    Ich bückte mich hastig, um meinen Schuh zuzubinden und um nicht Zeuge davon zu werden, wie Prinz Veritas Prinz Edel schlug. Das tat ich keine Sekunde zu früh, denn schon hörte ich das Klatschen vom Schlag einer offenen Männerhand in jemandes Gesicht, worauf ein abgehackter Wutschrei folgte. Als ich aufblickte, stand Veritas da wie zuvor, während Edel sich gebückt eine Hand vor Mund und Nase hielt. »Kronprinz Veritas duldet keine Beleidigung seiner Kronprinzessin Kettricken. Oder seiner eigenen Person. Ich sagte eben, meine Gemahlin hätte unseren Soldaten ihren Stolz zurückgegeben. Vielleicht hat sie mich damit auch an den meinen gemahnt.«
    »Der König wird erfahren, was du getan hast!« Edel starrte fassungslos auf das Blut in seiner Hand und hielt sie Veritas zitternd vor die Augen. »Mein Vater wird das Blut sehen, das du vergossen hast!« Der kostbare Lebenssaft lief ihm aus der Nase. Er beugte sich vor und hielt die Hand von sich weg, um seine Kleider nicht durch Blutflecken zu verderben. »Wie? Du hast vor, bis zum Nachmittag weiterzubluten, wenn unser Vater sich erhebt? Falls dir das Kunststück gelingt, möchte ich es mir gerne mit an sehen.« Zu mir gewandt: »Fitz! Hast du nichts Gescheiteres zu tun, als herumzustehen und Maulaffen feilzuhalten? Fort mit dir. Sieh zu, dass den Anordnungen meiner Gemahlin Folge geleistet wird!«
    Veritas drehte sich um und schritt den Korridor hinunter, und ich beeilte mich, ihm zu gehorchen, zumal mir dies ermöglichte, Edel aus den Augen zu kommen. Er war am Anfang des Ganges stehengeblieben, stampfte mit dem Fuß auf und fluchte wie ein verzogenes Kind. Keiner von uns gönnte ihm noch einen Blick, aber ich für meinen Teil hoffte, dass niemand vom Gesinde die Auseinandersetzung der beiden Prinzen beobachtet hatte.
    Es wurde ein langer und merkwürdiger Tag. Veritas besuchte König Listenreich in seinen Gemächern und vergrub sich dann in seinem Kartenzimmer. Wie Edel die Zeit verbrachte, weiß ich nicht. In der Burg rührten sich alle Hände, um mit den Vorbereitungen fertig zu werden. Die Leute arbeiteten schnell und zielstrebig. Es wurden nur wenige Worte gewechselt, während sie eine Halle für ein Festmahl herrichteten und die andere für die Toten. Eine Veränderung fiel mir auf. Den Frauen, die sich der Königin gegenüber loyal gezeigt hatten, wurde jetzt selbst eine Ehrerbietung entgegengebracht, als wären sie Kettrickens Stellvertreterinnen. Und diese hochgeborenen Frauen hielten es auf einmal nicht für unter ihrer Würde, in die kleine Halle hinunterzugehen, um dort die Zubereitung der Kräuterbäder für die Leichenwäsche zu beaufsichtigen und die Bereitlegung von Handtüchern und Laken. Ich selbst half dabei, das Holz für den Scheiterhaufen herbeizuschaffen und aufzuschichten.
    Am späten Nachmittag kehrten die Jäger zurück.

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