Fix und forty: Roman (German Edition)
vor den Kopf zu stoßen. Denn dies war Schamhaar außer Rand und Band, Schamhaar auf der Richterskala, Schamhaar, das bei den Wölfen großgeworden war. Ihr Pelz hatte sich wie eine Kudzu-Kletterpflanze auf ihrer gesamten südlichen Hemisphäre ausgebreitet. Alle Gäste der Poolparty verbrachten den Abend mit krampfhaft nach oben gerichtetem Blick, um der magnetischen Vista von Barbs, ich meine Liliths wilder Haarpracht auszuweichen. So ungefähr fühlte sich der Versuch an, Yvonnes Haar zu ignorieren.
Das Nest, darauf möchte ich an dieser Stelle hinweisen, stammte aus der Zeit vor ihrer Scheidung, als sie sich noch nicht hatte umstylen lassen. Hannah sagte, Yvonne sehe heute viel besser aus, da sie weniger haarschädigende Produkte verwende.
Hannah hatte Phil stets angefleht, Nachsicht mit seiner Schwester zu haben. Jeder Frau würde es schwerfallen, argumentierte sie, über die Haarmode an Ost- und Westküste informiert zu bleiben, wenn sie in einem Wohnwagen in einem Trailerpark in Wisconsin lebte, vor dem ein schlecht gezimmertes Schild auf dem heruntergekommenen Bürgersteig stand und mit der Aufschrift: »Alle Viecher Gottes sind willkommen!« zum Eintreten einlud.
Jahre zuvor hatte Yvonne beschlossen, nicht aufs College zu gehen und stattdessen eine Karriere bei Mary Kay Cosmetics einzuschlagen. Als dynamische unabhängige Vertreterin fuhr sie stolz einen blassrosa Cadillac, auf dessen Heckscheibe in dezenter rosafarbener Kursivschrift MARY KAY stand. Sie brachte Hannah und mir immer Gratisproben mit. »Missy«, schoss es immer aus ihr heraus, »ich sag dir, wie’s ist, mit deinen Ringen unter den Augen schaust du aus wie Martha Stewart, als sie aus dem Knast kam. Lass uns die Schweinerei abdecken! Hier ist ein guter Concealer. Du kannst ruhig dick auftragen!«
Nach einundzwanzig Jahren Ehe hatte sich Yvonne zwei Jahre zuvor von ihrem Mann Stan scheiden lassen. Unabhängig davon, ob es stimmte oder nicht, hatten Hannah und ich immer vermutet – oh, welch bittere Ironie! –, dass Stan schwul war, wenn auch in einer Bier-zum-Frühstück-Art-und-Weise. Stan hatte einen winzigen langbeinigen Chihuahua namens Ms. Ginger, den er überall mit hinnahm. Als ich Stan kennenlernte, kamen er und Yvonne gerade nach der langen Fahrt von Wisconsin vor dem Haus meiner Schwester in Bend an. Munter sprangen Stan und Yvonne aus ihrem Pick-up-Truck. Nachdem sie die Gastgeber ausgiebig umarmt und mir die Hand geschüttelt hatten, erledigten sie, was ihnen am meisten unter den Nägeln brannte: Ms. Ginger nach der langen Reise pinkeln zu lassen. Stan war ein stämmiger Kerl in einem karierten Flanellhemd, dem der Bauch über den Gürtel hing. Mit dem zitternden Chihuahua hüpfte er durch den Garten meiner Schwester. Doch dann hob sich seine Stimme um eine Oktave, als er Ms. Ginger mahnte: »Wer will denn Pipis machen? Wer will denn Pipis machen? Komm, wir machen Pipis! Wir machen schön Pipis!«
Hannah und ich kamen überein, dass es schwer gewesen sein muss, mit einem schwul wirkenden Kerl verheiratet zu sein, der im Falsett von Pipi im Plural sprach. Deshalb versuchten wir großzügig, über Yvonnes Nest hinwegzusehen.
Hannah sorgte dafür, dass ich jede Menge Gelegenheiten hatte, Yvonne in Aktion zu erleben. Oft wurde ich zu Phils Familienausflügen eingeladen und so lernte ich alle vier Exfreunde von Yvonne seit ihrer Scheidung kennen. Nick hatte sich vor diesen Besuchen immer gedrückt. Er hatte nicht die geringste Lust, seine Abendstunden mit Yvonne zu vergeuden, die, wie er behauptete, noch nie einen Satz gesagt hatte, der nicht schon mal als Phrase bei Glücksrad aufgetaucht war. Doch auch wenn Yvonnes Gesellschaft alles andere als inspirierend war, hatte ich das Gefühl, dass ich meiner Schwester Loyalität und moralische Unterstützung schuldete. Sobald Hannah mich informierte, dass Yvonne im Land war, betrachtete ich es als meine schwesterliche Pflicht, mir ein billiges Flugticket zu besorgen. »Du musst kommen«, flehte Hannah. »Ihr neuer Freund ist Wurstverkäufer.«
Genauer gesagt handelte es sich bei Todds Ware um Feinschmeckeraufschnitt. Er war sehr stolz auf die Qualität seines Aufschnitts und belieferte nur die besten Lebensmittelgeschäfte. An jenem verlängerten Wochenende, als ich das Privileg genoss, jeden Tag von seinem Aufschnitt zu essen, versuchte ich, Todd zu verklickern, dass man von Aufschnitt nicht im Plural spricht, und selbst wenn es so wäre, würde man ganz bestimmt kein –n anfügen.
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