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Fix und forty: Roman (German Edition)

Fix und forty: Roman (German Edition)

Titel: Fix und forty: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rhoda Janzen
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»Meine Aufschnitten sind die allerfrischsten«, sagte er ständig. »Ich meine, schaut euch dieses Frischfleisch an. Probiert mal den Bierschinken.«
    An dem Wochenende der Schnitten erläuterte Yvonne mir ihre Follikelsituation. Phil und Todd hatten sich ein paar Aufschnitten mit runter an den See genommen. Yvonne, Hannah und ich saßen mit ein paar Zeitschriften und Eistee auf der Veranda; es war Mittag. Keine von uns hatte Alkohol getrunken. Wir trugen alle kurze Hosen, weil wir am Nachmittag eine kleine Wanderung machen wollten. Yvonne hatte ein T-Shirt angezogen, auf dem stand: ICH LASSE IHRE MAKEL VERSCHWINDEN! Auf meinem stand: ICH BIN DER GRAMMATIKFREAK, VOR DEM DICH DEINE MUTTER GEWARNT HAT! Hannah trug eine hübsche lavendelfarbene Bluse, sehr damenhaft.
    Fünf Minuten zuvor hatte Yvonne Hannah und mir zu einer deckenden Foundation geraten, um unseren Hautton aufzubessern – »Ladys, ihr habt den deutschen Teint erwischt, ich sag’s euch ganz offen! Als Kind hatte ich eine zahme Ratte, deren Augen die gleiche Farbe hatten wie eure Haut! Nicht persönlich nehmen!« –, doch seit ihrem Kommentar waren wir drei in versonnenes Schweigen versunken und blätterten friedlich in unseren Zeitschriften. Zu meiner Überraschung stand Yvonne plötzlich auf, öffnete den Reißverschluss ihrer Shorts, hakte den Daumen in den Gummibund ihres Schlüpfers und zeigte uns eine Stelle, die so stark behaart war, dass sie eine fünfköpfige Familie einen arktischen Winter lang hätte warm halten können. »Nur, damit ihr wisst, mit wem ihr es hier zu tun habt«, sagte sie. »Habt ihr schon mal so einen Bären gesehen?«
    Phil nickte, als ich später von dem unerwarteten Auftauchen des Bären berichtete. Ich kam mir vor wie jemand, der gerade ein Fabelwesen gesehen hatte, den Yeti zum Beispiel.
    Hannah sagte: »Ich habe von ihm gehört, aber es war das erste Mal, dass ich ihn in voller Pracht gesehen habe. Lag es an mir, oder konntest du auch die Umrisse der Jungfrau Maria erkennen?«
    Ich nickte. »Wenn Maria die Gnadenreiche in einem Wasserfleck unter einer Brücke erscheinen kann, dann bestimmt auch in der Unterhose deiner Schwägerin.«
    »Das ist noch gar nichts«, sagte Phil zu mir. »Der Bär ist so was von gestern. Wir hören seit Jahren von dem Bären. Aber was sagst du dazu : Sie hat uns erzählt, dass Todd ihr einen Dildo zu Weihnachten geschenkt hat.«
    »Lieber einen Dildo als Aufschnitten«, sagte ich, »vor allem, wenn die chemischen Zusätze der Aufschnitten nach flüssigem Rauch schmecken.«
    »Das mag sein«, konterte Phil. »Aber über welches der beiden Geschenke würdest du lieber mit deinem Bruder sprechen wollen?«
    »Welches würdest du lieber vor deiner neunjährigen Nichte erwähnen, keine zehn Minuten, nachdem du aus dem Flugzeug gestiegen bist?«, fragte Hannah, die nun eindeutig auf der Seite ihres Mannes stand.
    »Gespräche über Aufschnitten und Dildos sind auf jedem Familienfest eine willkommene Abwechslung«, sagte ich.
    »Natürlich hat Allie die Ohren gespitzt. ›Mama‹, hat sie gefragt, ›was ist ein Dildo?‹«
    »Und was hast du geantwortet?«
    »Yvonne hat sich eingeschaltet und die Situation gerettet«, erklärte Phil. »Sie sagte, es sei eine Art Weihnachtsgebäck.«
    Jetzt konnte ich es kaum erwarten, meiner Schwester zu erzählen, wie unsere gemeinsame Schwägerin Staci mich während des Weihnachtsessens zu meiner Scheidung und meiner finanziellen Situation ausgefragt hatte. Im Gegenzug würde Hannah mir anvertrauen, dass Yvonnes neuester Freund weder ein begnadeter noch ein aufmerksamer Liebhaber war, auch wenn er über einen mehr als zwanzig Zentimeter langen Penis verfügte. Hannah und ich freuten uns auf einen ausgedehnten Plausch, bei dem wir uns laut fragen würden, was seltsamer war: die Tatsache, dass Yvonne noch mit dem Mann zusammen war, der ihr in fünf Monaten keinen einzigen Orgasmus beschert hatte, oder die Tatsache, dass Yvonne diese Information seelenruhig an Hannah weitergegeben hatte, weniger als sechzig Sekunden nach ihrer Ankunft zum jährlichen Weihnachtsbesuch.
    Wir spielten kein gewöhnliches Scrabble. Vor uns lag ein Jumbo-Brett mit vierfachen Wortwerten und zweihundert Buchstaben, die garantierten, dass ein Spiel mindestens drei Stunden dauerte. Super-Scrabble erforderte ein ernst gemeintes Bekenntnis zum weihnachtlichen Familienspaß. Erschwerend hinzu kam das Problem, dass meine Mutter, gewieft aber langsam, immer schmerzhafte Verzögerungen

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