Fix und forty: Roman (German Edition)
gewesen: Während in der katholischen Privatschule die Vorteile der Bibelkunde den katholischen Schuld- und Schamgefühlen in Bezug auf den Körper gegenüberstanden, waren an den öffentlichen Schulen der Mathematikunterricht schlecht, die Geschichtsbücher überholt und die Mädchen böse. Allies Einschreibung an der St.-Veronica-Grundschule war keine Überzeugungstat gewesen, doch am Ende hatten Phil und Hannah entschieden, dass christliche Schuld besser war als schlechtes Rechnen.
»Aber«, schlussfolgerte Allie jetzt, »könnte ich dann auch um Gottes Gnade in Form von Schokolade beten?«
»Wir haben Schokolade in der Speisekammer, Allie. Du musst Gott nicht darum bitten. Frag einfach mich«, sagte Hannah.
Meine Mutter hielt das für eine ausgezeichnete Gelegenheit, Allies theologische Ausbildung voranzutreiben. »Manchmal benutzt Gott andere Menschen und Dinge als Werkzeuge seines Wirkens, zum Beispiel die Speisekammer.«
Ich hob die Brauen, doch sie fuhr fort: »Gott schenkt uns seinen Segen, Schokolade zum Beispiel, durch deine Mama und ihre Speisekammer. Aber es ist immer noch Gott, der sie uns schenkt.«
»Du bist dran, Allie«, sagte ich. Als sie über ihrer Ereigniskarte brütete, klopfte ich mir mit der rechten Hand in die Linke, wie eine altmodische Schullehrerin mit dem Lineal. »Hopp hopp!«
»Tante Rhoda, du bist echt bescheuert.«
»Verletzendes Wort!«, rief ich.
Natürlich lud das Kolonialspiel mit seinen Spinnrädern und Eierpunschkelchen zu der Diskussion ein, wie wir wohl vor dreihundert Jahren gelebt hätten. Hannah wies darauf hin, dass wir Mennoniten uns viel besser als die meisten Amerikaner vorstellen konnten, wie es damals gewesen sein muss. »Für Mom wäre es eigentlich gar nicht so anders. So ist sie schließlich aufgewachsen, wie vor dreihundert Jahren.«
»Wie vor dreihundert Jahren!«, rief meine Mutter. »So schlimm war es nun auch wieder nicht. Wir hatten einen Obstgarten!«
Wir beschlossen, ihren Einwand zu ignorieren.
»In der Schule haben wir Albuquerque durchgenommen«, erzählte Allie. »Albuquerque wurde von den Spaniern gegründet, aber erst 1706 zur Stadt ernannt. Das war genau vor dreihundert Jahren. Der Gouverneur bekam von Spanien die Erlaubnis, den Ort zur Stadt zu ernennen, weil er erklärt hatte, es würde bereits eine Kirche und mehrere Steinhäuser geben, dabei stimmte das gar nicht. Eigentlich war Albuquerque bis dahin nur ein winziges Hüttendorf mitten in der Wüste gewesen. Die Menschen brauchten Medizin, Oma. Manchmal sind sie an Cholera gestorben, aber wenn du Krankenschwester in Albuquerque gewesen wärst, dann hättest du den Leuten beibringen können, wie sie sich vor Krankheiten schützen.«
»Zu viert hätten wir das Albuquerque von damals problemlos managen können«, stimmte Hannah zu. »Wir können schlachten, Seife machen, Kerzen ziehen, Quilts nähen, Brot backen, was auch immer. Am College habe ich sogar einen Spanischkurs gemacht.«
»Ich kann auf Spanisch bis zwanzig zählen«, sagte Allie. »Aber ich kann nicht schlachten. Igitt. Das Schlachten musst du alleine machen, Mama.«
»Man gewöhnt sich dran«, sagte Hannah. »Eigentlich ist es nicht schlimmer, als von einem Braten das Fett abzuschneiden.«
»Auch igitt.« Bislang hatte sich die mennonitische Liebe zum Kochen bei Allie noch nicht manifestiert, und sie half nur dann in der Küche, wenn sie bestochen wurde.
»Aber mal im Ernst«, sagte Hannah, »würdet ihr in der Zeit zurückreisen, wenn ihr könntet?«
»Darf ich die Geschichte verändern?«, fragte ich. »Darf ich den Mädchen Lesen beibringen und den Menschen Hygiene erklären?«
»Nein«, entschied Hannah. »Du kannst in der Zeit zurückreisen, aber du musst das Wissen von heute für dich behalten und dich dem Leben in der Kolonialzeit anpassen.« Unser Wahlergebnis fiel gespalten aus. Hannah und Allie wollten nicht in der Zeit zurück, während meine Mutter und ich darin übereinstimmten, dass es interessant, lustig und lehrreich sein könnte, solange wir irgendwann wieder zurück in die Zukunft durften.
Unweigerlich fragte ich mich, ob ich die Zeit um fünfzehn Jahre zurückdrehen würde, um mir eine Ehe zu ersparen, die von Selbstmordversuchen, Kummer und Verzweiflung überschattet war. Eines Samstagnachmittags vor fünfzehn Jahren hatte mein Schicksal seinen Lauf genommen. Ich war Nick im obersten Stock der Universitätsbibliothek begegnet, einer Zone, die inoffiziell den Intellektuellen mit den schrägen
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