Fix und forty: Roman (German Edition)
fragte Mrs. Reed.
»Es war so cool«, sagte Aaron. »Die Tornados haben die meisten Punkte bekommen, weil ich Ezechiel 37 auswendig konnte, die Stelle mit den Totengebeinen. Das Kapitel hat achtundzwanzig Verse. Ich kann sie alle.«
Mrs. Reed begann das Spiritual Dem Bones zu singen. Aaron stimmte ein und versuchte mit einem Blick über seine Schulter herauszufinden, warum ich nicht mitsang. Nie zuvor war der Anblick eines vollen Kirchenparkplatzes so faszinierend gewesen. Nie hatten die Leute dort draußen so sehr wie eine Versammlung klappernder Knochen gewirkt wie in diesem Moment. Aaron hatte den Stimmbruch bereits hinter sich. Während er Mrs. Reeds Sopran begleitete, wurde sein Bass tiefer, immer tiefer, als könnten die Worte und das Lied allen Dingen auf den Grund gehen. Hear the Word of the Lord!
Bei Aaron wusste ich, dass wir nie ein enges Verhältnis haben würden, doch als ich ein Teenager war, gab es eine Zeit, als ich dachte, Caleb und ich könnten vielleicht Freunde werden. Caleb war fünfzehn Monate jünger als ich. Trotz seines Status als kindischer kleiner Bruder war er größer als ich und schon in frühem Alter motorisch gut entwickelt. Anscheinend war er es leid, meine Tollpatschigkeit mit anzusehen, denn eines Tages bot er an, mir Racquetball beizubringen. Racquetball ist ein Sport, der relativ leicht zu erlernen ist. Sie können es theoretisch in wenigen Tagen von null auf sechzig schaffen. Doch aufgrund meiner Schlaksigkeit war ich derart grobmotorisch und verkopft, dass ich noch nie in meinem Leben erfolgreich einen Ball getroffen hatte, egal mit welcher Art von Schläger. Damals ermutigten mennonitische Eltern ihre Töchter nicht zu körperlicher Ertüchtigung, und ich hatte mich daran gewöhnt, im Schulsport eine Flasche zu sein.
Allein die Vorstellung, eine Sportart zu lernen, flößte mir ein Gefühl von Nervosität ein, das sich am besten als Kreuzung zwischen Kierkegaards Unbehagen und der Furcht vor einem Zahnarztbesuch beschreiben ließ. Außerdem hatten Caleb und ich absolut nichts gemeinsam. Er war gut in Physik; ich in Englisch. Er tötete Kröten; ich backte Kuchen. Er bekam Ärger, weil er im christlichen Ferienlager Donny Dorkos Hosen geklaut hatte; ich bekam Ärger, weil ich meinen Babysitterlohn für einen schwarzen trägerlosen BH ausgegeben hatte.
Daher hatte ich weiche Knie, als ich Caleb zum ersten Mal auf einen Racquetball-Platz folgte. Ich rechnete damit, dass er mir dieselbe Art von Verachtung entgegenbringen würde, die ich von Aaron kannte. Doch das Gegenteil war der Fall. Von Anfang an war Caleb die Liebenswürdigkeit in Person, während er mich mit dem Schläger vertraut machte. Sanft und geduldig machte er es sich zur Aufgabe, mir zu zeigen, wozu ich fähig war. Seine Güte beeindruckte mich noch mehr als meine verborgene Fähigkeit, den Ball zu treffen. Doch er war nicht einfach nur nett zu mir. Vielmehr schaffte er es, mit seiner anerkennenden Art mein Selbstvertrauen von Grund auf zu stärken. Er war ein unglaublich guter Lehrer, vielleicht der beste, den ich je hatte. Während meiner Zeit an der Uni hatte ich einige wunderbare Mentoren, Intellektuelle auf dem Höhepunkt ihres Schaffens, Professoren und Pulitzerpreisträger, die mich geistig herausforderten. Doch Caleb blieb der Einzige, der diesen unbändigen Glauben an meine eigenen Fähigkeiten in mir hervorrufen konnte. Er heuchelte mir nicht vor, dass ich besser spielte, als es tatsächlich der Fall war. Stattdessen lehrte er mich, die Spielerin zu lieben, die ich war. Und das war ein riesiges Geschenk.
Sobald wir den Racquetball-Platz verließen, verwandelte Caleb sich wieder in den nasebohrenden Science-Fiction-Leser. Doch auf dem Platz himmelte ich ihn an. Groß und aufrecht wie ein Berg stand er in der Mitte und streckte nur den langen Arm aus, um den Ball mit Präzision zu schlagen. »Hier«, sagte er, »der geht in die vordere linke Ecke. Siehst du, was passiert, wenn ich den Schläger in diesem Winkel halte? Jetzt versuch du es.« Caleb unterrichtete später eine Zeit lang Naturwissenschaften und gewann zahlreiche Auszeichnungen. Heute arbeitet er als Assessment-Director an weiterführenden Schulen und verdient viel Geld damit, Lehrern beizubringen, wie sie noch bessere Lehrer werden. Jene lange zurückliegenden Nachmittage auf dem Racquetball-Platz, als er noch kindisch und ich noch ängstlich war, waren wegweisend für seinen späteren beruflichen Erfolg.
Einmal, als ich zur Feier des
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