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Fix und forty: Roman (German Edition)

Fix und forty: Roman (German Edition)

Titel: Fix und forty: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rhoda Janzen
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mit dir führen und dann Schluss machen.«

Schritt vier: Versteck es, habe ich gesagt!
    Wenn ich diesen wunderbaren Mann geliebt hätte, hätte ich dann immer noch etwas gegen das kleine Fahrrad gehabt? Wahrscheinlich. Aber das kleine Fahrrad hätte weder einen Tsunami der Entrüstung ausgelöst, noch wäre er für mich ein derartiger Affront gegen jegliche Dinner-Etikette gewesen. Jetzt weiß ich, wie sich der arme Nick gefühlt haben muss, wenn ich mich um sechs Uhr morgens an den Computer setzte, hellwach, mit einer Tasse Kaffee in der Hand. Ich hatte mir die Mühe gemacht, den Kaffee frisch aufzubrühen, und war so munter, wie es nervende Morgenmenschen eben sind – aber warum hatte ich dann darauf verzichtet, mir die Haare zu frisieren? Wie konnte ich unsere häuslichen ästhetischen Regeln derart mit Füßen treten? Doch das Problem war nicht, dass ich mich bemüht, aber es nicht geschafft hatte, mir die Haare zu kämmen. Das Problem war, dass Nick sich bemüht, aber es nicht geschafft hatte, mich zu lieben.

Schritt fünf: Besorg dir buntes Bastelpapier
    Als Nick mich kurz nach Bobs mitternächtlichem Anruf verließ, war eine meiner ersten Amtshandlungen, die Immobilienmaklerin anzurufen. Ich wusste, dass ich mir die Raten allein nicht leisten konnte und das Haus wieder zum Verkauf anbieten musste. Aufgewühlt, doch zu schockiert, um zu weinen, saß ich wie betäubt im Konferenzraum des Maklerbüros und umriss meine Situation. Annike und ich hatten uns angefreundet – nicht eng, aber zumindest war unsere Beziehung herzlicher als eine rein geschäftliche Bekanntschaft. Ihre Assistentin brachte ein Tablett mit Ingwertee herein.
    Als ich ihr die jüngsten Ereignisse skizziert hatte, sprach Annike langsam mit ihrer wunderschönen Gelassenheit, die sie immer wie einen Mantel zu tragen schien. »Zerbrechen wir uns im Moment nicht den Kopf über das Haus. Die Wintermonate stehen an, und bis zum Frühling sucht sowieso niemand nach einem Haus am See. Warte erst mal ab. Hast du einen Anwalt?«
    Ich nickte. Am Vortag hatte ich die Scheidung eingereicht.
    »Wer ist es?«
    »Cora Rypma.«
    Annike nickte. »Dann bist du in guten Händen.«
    »Ich will ihn nicht ausnehmen«, stellte ich klar. »Es ist nicht so, dass ich …«
    »Das verstehe ich«, sagte Annike. »Natürlich nicht.« Sie holte ganz ruhig Luft. »Rhoda, ich habe etwas, dass du lesen musst.« Dann stand sie auf und entschuldigte sich. »Ich bin gleich wieder da.«
    Ich rechnete mit einem juristischen Ratgeber oder einem Pamphlet mit Tipps, wie man sich bei einer Scheidung nicht für dumm verkaufen lässt. Stattdessen kam sie einige Minuten später zurück und drückte mir ein Taschenbuch über Feng-Shui in die Hand.
    Pflichtbewusst las ich das Feng-Shui-Buch und folgte seinem Rat. Warum nicht? Es konnte nicht schaden. Wenn Nick da gewesen wäre – der alte Nick, meine ich –, hätte ich ihm Stellen daraus vorgelesen und wir hätten beide schallend darüber gelacht. Stattdessen richtete ich gehorsam meine Zimmer nach den Regeln des Buchs ein; ich teilte das Haus am See in farbcodierte Baguas auf, jedes mit seiner Gruppe von Formen und Symbolen. Ich hatte eh nur zwei Möglichkeiten, meine Zeit zu füllen: Entweder ich räumte um, oder ich starrte in den Kamin und streichelte meine Katze.
    Das Feng-Shui-Buch verlangte, dass ich mir auf buntem Bastelpapier kleine Notizen machte. »Ich umgebe mich mit heilenden Schwingungen!«, »Ich lasse meine Liebe zu Nick los, weil ich sie nicht mehr brauche!«. So verbrachte ich die Wochen nach dem Autounfall, als ich geschunden und geprellt auf meinem Bürostuhl durchs leere Haus rollte. »Ich lasse das knotige Narbengewebe an meinen Beinen los, weil ich es nicht mehr brauche!«, »Ich lasse den stechenden Schmerz in meinem Schlüsselbein los, weil ich ihn nicht mehr brauche!«. Es dauerte lange, bis ich endlich sagen konnte: »Ich lasse das Feng-Shui-Buch los, weil ich es nicht mehr brauche!«

Schritt sechs: Inflation der Noten
    Am ersten Sonntag nach dem Unfall rief meine Freundin Carla an und sagte trocken: »Okay, bleib, wo du bist. Ich komme raus zu dir. Wir setzen uns hin und korrigieren zusammen Aufsätze. Soll ich dir irgendwas aus der Stadt mitbringen?«
    »Die New York Times . Und lila Bastelpapier.«
    Carla brachte ihr Strickzeug und ihre zu korrigierenden Aufsätze mit und saß mit mir drei Stunden lang vor dem Kamin. Sie hatte mir gesagt, dass sie sofort die Arbeit hinlegen würde, wenn ich reden wollte.

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