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Flachskopf

Flachskopf

Titel: Flachskopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Claes
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weitere Höflichkeitsformeln sprang Max mit wütendem Knurren zwischen Flachskopf und dem Mädchen hindurch darauflos, prallte hinten an die Glastür; dann wieder hinter der Katze her, die hinausstiebte und blitzschnell auf einen Baum sprang. Der Hund blieb unter dem Baum sitzen und starrte hinauf, ob sie es wagen würde, herunterzukommen.
    Das Mädchen hatte einen kurzen Angstschrei ausgestoßen, worauf ihr Flachskopf grinsend versicherte:
    »Der tut Ihnen nichts, Fräulein, er ist bloß hinter der Katze her, die kann er nicht ausstehn... Erst gestern hat er die vom Schmied totgebissen, der Lump !«
    Das kleine Fräulein blickte ebenso ängstlich auf den weißhaarigen Bengel wie auf den Hund, der mit erhobener Schnauze unbeweglich unter dem Baum auf seinem Schwänze saß und die Katze nicht aus den Augen ließ, und Flachskopf fragte noch einmal, ob Herr Boon denn nicht zu Hause wäre.
    »Komm herein !« sagte sie, und Flachskopf tat es. Das Mädchen blickte noch einmal flüchtig nach dem Gipfel des Baumes und machte die Tür zu.
    »Warte hier ein wenig !« fuhr sie fort und öffnete eine Seitentür.
    Flachskopf trat ein, die Tür wurde wieder geschlossen, und er hörte, daß das Mädchen die Treppe hinauflief.
    Donnerwetter! wie schön war es in diesem Zimmer! Auf dem Fußboden lag so etwas wie Samt, aber viel feiner und weicher als eine Samthose, mit vielen eingewebten Blumen. Und er stand mit den nackten Füßen einfach drauf, als ob es so sein müßte. Am Kamin ein großer Spiegel bis zur Decke. Wie dumm! ... Wer konnte sich so hoch darin spiegeln! In der Ecke ein Klavier. Er dachte an die Nonnen, die auch ein Klavier hatten, und an Bahnhofsvorstehers Moritz, der darauf spielen lernte. Mitten auf dem Tisch ein eiserner Hühnerfuß, mit einer Glasschale darauf, in der drei rote Äpfel lagen. Flachskopf lief dabei das Wasser im Munde zusammen. Bloß drei... die waren gewiß gezählt. Er trat einen Schritt näher, nahm einen heraus und roch daran. Wie fein! ... Warum gerade nur drei? Das hatten sie gewiß absichtlich seinetwegen so gemacht! Er guckte schüchtern um sich und lauschte nach der Tür... Wenn er nun in einen dieser Äpfel hineinbiß und die angebissene Seite nach unten legte... Sie würden es sehen, da er vielleicht ein zu großes Stück abbeißen würde...

    Sieh! auf dem hohen Kaminsims erblickte er eine Zigarrenkiste! Schon stand er daneben, hob mit der linken Hand den Deckel vorsichtig hoch, blickte flüchtig nach der Tür, reckte sich auf den Zehenspitzen, machte einen langen Hals... Verdammich!!! lauter kleine Zigarren, die Kiste noch halb voll! ... Die waren gewiß nicht gezählt! Seine rechte Hand griff hinein... Vier! ... er konnte ruhig noch zwei dazunehmen! ... in die Tasche hinein und das Taschentuch darüber! ... Mit einem raschen Schritt stellte er sich wieder auf die Stelle, wo er zuerst gestanden hatte.
    Die Tür öffnete sich, und Herr Boon trat ein. Flachskopf hielt seine Mütze vor den Mund und biß unruhig hinein.
    »Na, mein Junge, sollst du mir etwas ausrichten ?«
    »Ja, Herr, unser Vater hat gesagt, daß er morgen kommen will...«
    »Euer Vater? ... Wer ist das? ...«
    So ein dummer Boon!
    »Nun, unser Vater... der da an der Landstraße wohnt... alle Leute kennen ihn, und er will morgen herkommen, um den Garten umzugraben .«
    »Ach so! ... jetzt weiß ich... Du bist der Sohn von Verheyden... du heißt, glaube ich, Karlchen, nicht wahr? ...»
    »Nee, nee, Herr... Karlchen, das ist der Lümmel von der Spinne... ich heiße Fla... Ludovicus, Herr.«
    »Ludovicus?«
    »Ja... aber man nennt mich immer Flachskopf...«
    »Warum nennt man dich so ?«
    »Ich weiß nicht... man nennt mich einfach so...« Herr Boon konnte doch an seinen Haaren wohl sehen, warum man ihn Flachskopf nannte.
    »So, so, Flachskopf... Aber beiß doch nicht so in deine Mütze !«
    »Das macht nichts, Herr, ich habe zu Hause noch eine für Sonntags .«
    »Und heute ist wohl keine Schule, Flachskopf ?«
    »Nee, es ist doch Donnerstag... Aber ich gehe nicht gerne in die Schule, wenn es so heiß ist... Und der Lehrer sagt immer...«
    »Was sagt der Lehrer ?«
    »Der Lehrer sagt immer ,Schweineborsten’ zu mir...« Jetzt fragte Herr Boon nicht, warum der Lehrer ihm diesen Namen gab.
    »Und warum gehst du nicht gerne zur Schule, wenn es so heiß ist ?«
    »Nun ja... weil... weil... da kriegt man immer solchen Durst«, und Flachskopf biß bei diesen Worten heftig in seine Mütze und schielte nach den drei Äpfeln. »Das

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