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Flachskopf

Flachskopf

Titel: Flachskopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Claes
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sagte: »Flachskopf soll mir heute nachmittag beim Heu helfen, — er hat doch nichts zu tun .«
    Flachskopf hätte dem Feigling am liebsten unter dem Tisch einen Fußtritt versetzt. Sein ganzer freier Nachmittag in Gefahr... Er drehte sich unruhig auf seinem Stuhl und wartete mit ängstlich klopfendem Herzen ab, wie sein Vater sich dazu äußern würde.
    »Er muß erst zu Herrn Boon gehen«, sagte er, »und ihm mitteilen, daß ich morgen komme, um den Garten umzugraben .«
    Flachskopf fand, daß sein Vater der beste Mensch unter der Sonne sei. Wenn er nur erst fort wäre! — er würde schon dafür sorgen, daß er nicht zu früh nach Hause käme.
    Die Mahlzeit war zu Ende. Alle machten ein Kreuzzeichen und beteten mit gefalteten Händen ein Vaterunser; Heini und Nis gingen mit dem Vater nach der Wiese. Die Heuernte war in vollem Gang, und man mußte die Sonne und das gute Wetter wahrnehmen. Die Mutter erhob sich ebenfalls, trug einige Schüsseln fort, goß das Fett aus der Pfanne und ging dann in den Stall, um die Kühe zu melken, nachdem sie Flachskopf noch gesagt hatte, daß er nicht vergessen dürfe, den Hund zu füttern, und daß er bei Herrn Boon höflich sein müsse.

    Flachskopf blieb nun allein in der trägen Mittagsstille zurück. Er saß noch eine Weile mit aufgestützten Ellenbogen am Tisch, betrachtete die Fliegen, die sich in ganzen Schwärmen auf dem Tisch niederließen, schlug ein paarmal mit der Hand danach, dachte dann aber plötzlich an den langen Nachmittag, über den er frei verfügen konnte, und wollte mit solcher Tändelei nicht länger seine Zeit verlieren.
    Er ging hinaus, ließ den Hund los, der wild und ausgelassen hochsprang, die erschrockenen Hühner auseinandertrieb und dann hinter Flachskopf her in die Küche lief. Hier schnüffelte er zunächst am Boden, weil gewöhnlich etwas unter den Tisch gefallen war, jagte die Katze hinaus, die bescheiden und schläfrig zwinkernd am Herd gesessen hatte; und als er Flachskopf damit beschäftigt sah, die übriggebliebenen Kartoffeln in eine irdene Schüssel kleinzudrücken, stellte er sich neben ihn, die Vorderpfoten auf den Tisch gelegt. Mit ernsten, großen Augen blickte er gespannt nach dem Inhalt der Schüssel; als Flachskopf die Pfefferbüchse nahm und sie ein paarmal über die Schüssel schüttelte, guckte ihn der Hund nachdenklich an, und Flachskopf sah den Hund mit einem grinsenden Gesicht an, aus dem das Tier schloß, daß es vielleicht etwas besonders Appetitliches wäre. Es blickte noch einmal über den Tisch, um nachzusehen, ob nichts vergessen wäre, was in seine Schüssel gehörte, und da es eine Speckschwarte bemerkte, streckte es begierig seine haarige Pfote danach aus. Ein »Pfui Max !« von Flachskopf ließ den Hund die Pfote wieder zurückziehen. Er sah flüchtig Flachskopf an, als wollte er sagen: »Ist das wirklich der Mühe wert, gleich so zu brüllen !« und betrachtete mit starren Blicken den leckeren Bissen. Als die Katze wieder vorsichtig hereingeschlichen kam, jagte er sie ein zweites Mal hinaus und gab ihr deutlich zu verstehen, daß sie ebensowenig ein Anrecht auf das Stück Speck hatte wie er.
    Als Flachskopf die Kartoffeln kleingedrückt hatte, holte er ein großes Glas Buttermilch, schüttete sie darüber und stellte die Schüssel auf den Fußboden. Max fing an, gierig schluckend, zu essen, schob die Schnauze tief in die Schüssel hinein, stellte die Vorderpfoten weit auseinander und schielte mit einem Auge über den Rand nach der Katze, ob sie es wohl ein drittes Mal wagen würde, sich in seiner Nähe zu zeigen.
    Flachskopf ging ins Hinterhaus, um sich die Hände zu waschen, kam dann in die Küche zurück und überlegte einen Augenblick, was er alles für den Nachmittag mitnehmen müßte. Er ging auf den Zehenspitzen bis an die Stalltür, um sich zu vergewissern, daß seine Mutter ihn nicht überraschen konnte, aber das Sjip! Sjip! der Milchstrahlen, die aus dem Euter der Kuh in den Eimer spritzten, beruhigte ihn. Auf den Strümpfen schlich er sich dann in die kleine Schlafstube, wo er unter dem Bett von Heini und Nis das Paket mit Tabak hervorzog, sich eine Handvoll in die Tasche stopfte und es dann wieder sorgfältig an die alte Stelle schob. Er wollte sich eben wieder leise wegschleichen, als sein Blick plötzlich auf die Sonntagsweste von Nis fiel, die an einem Nagel an der Wand hing. Er konnte nicht widerstehen... trat näher... fühlte... verdammt! Vier Groschenstücke. Er überlegte einen Augenblick, das

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