Flachskopf
nur... einmal... Sommer...«
Durch das Korn ging ein flüsterndes Zittern. Es war zur Zeit der Blüte, und die hohen Ähren waren wie in einen Dunst gehüllt.
Und die Sonne stand wie ein frohes Lachen über der großen, schönen Welt.
Mit hochgezogenen Knieen, über der Brust gefalteten Händen und mit leicht geöffnetem Munde schlief Flachskopf in der Feierlichkeit des Sommerlandes. An seinen Schläfen perlten kleine Schweißtropfen...
Und all die schönen Dinge des Lebens wachten und sangen um seinen Schlaf...
Und Flachskopf geht hindurch
A ls er plötzlich wach wurde, dachte er, daß er den ganzen Nachmittag verschlafen hätte, und das wäre doch das größte Unglück gewesen... Nein, doch nicht, da kam gerade der Drei-Uhr-Zug hinter dem Testeiberg hervor, und in der Bruchstraße wurden die ersten Kühe auf die Weide getrieben. Er sah, wie sie sich an der schwarzen Einzäunung der Bahn entlang langsam vorwärts bewegten in Herden von fünf oder sechs, mit ein paar übermütigen Kälbern dabei und einem Jungen oder einem Mädchen dahinter. An der Hautfarbe konnte Flachskopf erraten, wem sie gehörten.
Vom Bahnhof her kamen plötzlich etwa fünf Knaben herangetrabt, wütend verfolgt von Dora, dem Hund von Joseph Weynants, und sie liefen quer über die Wiesen, gerade aufs Wasser zu. Halbwegs hielten sie ein, um nicht zu sehr in Schweiß zu geraten, das wußte Flachskopf, und zugleich erkannte er sie nun alle fünf: Fompe, Artur Leunes, Locke, Dabbe und Tjeef. Nur Tjeef hatte eine Mütze auf, die andern waren barhäuptig. Einer schwenkte eine dicke Schweinsblase durch die Luft und schlug damit auf die andern ein, daß es dumpf über die Wiesen klang. Das war Artur Leunes, der ohne Blase nicht zu schwimmen wagte und es darum auch nie lernen würde. Während sie vorwärtsschritten, streiften sie mit den Fingern den Samen von den hohen Grashalmen, sprangen mit beiden Füßen zugleich über Furchen und Gräben, kauten Sauerampfer, haschten sich gegenseitig, schlugen Purzelbäume im Gras, schrieen und riefen, daß man es weit im Bruch hören konnte. Denen, die drüben die Kühe hüten mußten, machte es das Herz schwer. Ihre Stimmen brachten plötzlich wieder Klang und Lärm in die stillen Wiesen. Es schien, als wäre das Leben plötzlich aus dumpfem Schlaf erwacht, und nun hing auch wieder eine Lerche trillernd über dem Kornfeld. Flachskopf zuckte es in den Beinen, und als wäre eine Feder in ihm gesprungen, rannte er in wildem Galopp in der Richtung auf seine Kameraden zu. Von weitem rief er schon: »Lo... o... cke, Fompe... e... e, Tjee... e... e... ff !« bis die andern durch ein wüstes Geheul zu erkennen gaben, daß sie ihn gehört und gesehen hatten. Und sobald sie zusammen waren, fingen sie an, sich gegenseitig zu fragen, was sie am Vormittag gemacht hätten.
»Wir haben auf dem Wall gespielt... Feuer gemacht«, sagte Fompe.
»Ich habe Vogelnester gesucht ,« log Flachskopf, »zwei Spatzen, drei Lerchen und eine Goldamsel mit flüggen Jungen.«
»Wo ?« fragte Tjeef, der für Goldamseln eine besondere Vorliebe zu haben schien.
»Am Mühlberg.«
»Ver... ver... dammt ,« sagte Tjeef, »hä... hä... hätt ich das gewußt!«
Dann erzählte Flachskopf bis in die kleinsten Einzelheiten, wie er die sechs Vogelnester, eins nach dem andern, entdeckt hatte, und alle hörten aufmerksam zu. Denn Vogelnester suchen, machte allen am meisten Spaß, und Flachskopf vertiefte sich so sehr in seine Erzählung, daß er am Ende fast selber daran glaubte. Die Kameraden waren überzeugt, daß er über Vögel besser Bescheid wußte als sie, da er weiter vom Dorf entfernt wohnte. Sie blieben noch eine Zeitlang, weil sie zu warm geworden waren, am Ufer sitzen. Dabbe erzählte, daß Franz Tümmers Hund bei ihm zu Hause eine Glucke totgebissen hätte, die sie heute mittag gegessen hätten, wobei den andern das Wasser im Munde zusammenlief. Fompe sagte, er würde kein Hühnerfleisch essen, wenn es von einem totgebissenen Huhn wäre.
»Und wenn der Hund nun tollwütig gewesen ist ?« warf Locke ein.
»Dann bekommt Dabbe auch die Tollwut«, sagte Flachskopf. Dabbe glaubte kein Wort davon und wußte ganz genau, daß die andern ihn nur beneideten.
»Ich esse lieber Wurst ,« meinte Artur, »bei uns hängt der Schornstein noch voller Schinken.«
»I... i... ich«, sagte Tjeef, »habe vo... vo... vorige Woche s... s... sogar zwei He... he... heringe gefunden auf der La... La... Landstraße.«
»Und was hast du damit gemacht
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