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Flachskopf

Flachskopf

Titel: Flachskopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Claes
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hinüber, »zwei Stück kosten einen Cent.«
    Flachskopf griff in die Westentasche und holte einen Centime heraus. Er besaß fünf Cent und drei Centimes; ein Centime weniger, blieben noch sechs Cent, das war noch eine runde Summe, dachte er. »Hier !« und der Kauf wurde geschlossen.
    »Wie heißt du ?« fragte Flachskopf.
    »Nele.«
    »Das habe ich mir gedacht, nach deinem Gesicht zu urteilen... Bei unserem Onkel Rikus haben sie auch einen Nele .«
    »Und wie heißt du ?«
    »Lewie.«
    Nele guckte Flachskopf nun scharf an, um festzustellen, ob man auch an seinem Gesicht sehen konnte, daß er Lewie hieß.
    »Wo hast du die Mütze her ?« fragte er nun, überzeugt, daß Flachskopf nicht auf regelrechte Weise in den Besitz einer so großen Mütze gelangt war.
    »Geklaut ,« antwortete Flachskopf flüsternd, »ist sie nicht schön?«
    Nele sah ihn ungläubig und verdutzt an.
    »Sie ist viel zu groß .«
    »Das denkst du bloß... wenn mein Kopf noch etwas dicker wird, dann paßt sie ganz genau... Aber so’n Hütchen, wie du eins auf hast, das sind alte Hüte, die neu gefärbt sind...«
    »Das ist nicht wahr... den habe ich voriges Jahr neu gekriegt«, antwortete Nele und schien die Ehre seines Strohhütchens mit Nachdruck verteidigen zu wollen. Der Zug verlangsamte seine Fahrt, fuhr an den Wällen und an den ersten Häusern von Diest entlang und hielt. Flachskopf guckte seinen Vater an; er bekam es wieder mit der Angst zu tun vor den Folgen seiner Schurkerei, die sich hier zeigen konnten.
    »Auf dem Kopf behalten !« sagte der Vater mit strengem Blick; »wenn die Gendarmen hier bereitstehen, dann wissen sie gleich, wen sie fassen sollen...«
    Sie stiegen alle vier aus dem Zug und drängten sich durch die Menge auf den Ausgang zu. Flachskopf wagte vor lauter Angst nicht hochzugucken. Er hatte ein Gefühl, als wäre man mit einem glühenden Eisen hinter ihm her, und seine Beine zitterten vor Aufregung. Die Gendarmen! Die Gendarmen! Sie standen immer hier am Bahnhof, und er wußte auch, daß man durch die Drähte an den Telegraphenstangen von einem Bahnhof zum andern sprechen konnte. Auf der einen Seite hielt er Neles Hand fest umklammert, und auf der andern Seite blieb er so nah wie möglich bei seinem Vater... Er sah nicht einmal, daß die Leute ihm lachend nachguckten.
    Durch das kleine hölzerne Tor verließen sie endlich den Bahnhof, und Flachskopf wäre am liebsten zu Fuß nach Sichem davongerannt.
    Die beiden Knaben schritten voran, und die Väter kamen schwatzend hinterher. Flachskopf hatte Neles Hand losgelassen, aber die Verlegenheit über seinen Zustand überfiel ihn hier noch mehr als im Zuge. Unterwegs sahen ihn fast alle Leute lachend an, und er zog schließlich seine Mütze so tief über die Augen, daß er gerade noch genug sehen konnte, um nirgends anzurennen. Er ließ Nele ruhig drauflosschwatzen. — Im Sankt-Jakob-Viertel lief ein dreckiger Diester Bengel neben ihnen her und fragte: »Mütze, wo gehst du mit dem Bauernjungen hin ?« An der Straßenecke schob Flachskopf seine Mütze ein wenig zurück, vergewisserte sich schnell, daß der Vater noch nicht um die Ecke gebogen war; und bevor der Diester Straßenbengel wußte, was los war, erhielt er einen Fußtritt, daß er heulend über die Straße taumelte. Flachskopf ging sofort mit Nele weiter und tat, als wäre nichts geschehen. Nele gab Flachskopf vollkommen recht und sagte mit Überzeugung: »Du hättest ihn totschlagen müssen! So eine Rotznase!«

    Sie traten erst in den »Gasthof zum Kayser« ein, um ein Glas Diester Bier zu trinken. Es schmeckte Flachskopf aber nicht, er fühlte sich todunglücklich, weil er die häßliche große Mütze aufbehalten mußte... Und der Vater schien nicht einmal zu merken, daß alle Leute sich über ihn lustig machten.
    Dann gingen sie zum Hochamt in die Hauptkirche und setzten sich nebeneinander hinter einen Pfeiler. Am Eingang der Kirche hatte Flachskopf die Mütze unter seine Joppe gestopft und diese gut zugeknöpft. Der Vater setzte seine Brille auf und las in einem großen Gebetbuch, Neles Vater hielt einen Rosenkranz in den Händen, Flachskopf und Nele hielten die Hände auf der Stuhllehne gefaltet und mußten ohne Hilfsmittel beten.
    So eine Messe in der Stadt ist doch sehenswert. Alle diese fremden Männer- und Frauengesichter, die bunten Hüte und Kleider, die so deutlich zeigten, daß es lauter reiche Leute waren, gestatteten Flachskopf nicht, sich in sehr fromme Betrachtungen zu vertiefen. Plötzlich

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