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Flagge im Sturm

Titel: Flagge im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirinda Jarrett
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hatte auf ihrer Farm gearbeitet und für sie den Madeira umgesetzt.
    Und in der Nacht in ihrer Küche hatte er sie nur das gelehrt, was sie von diesem halben Wallach von einem Ehemann nicht hatte erfahren können. Wenn es sich bei ihr um mehr als um Wissbegier gehandelt hätte, wäre sie ja wohl hinterher nicht so eilig davongelaufen.
    Ja, man konnte wirklich sagen, Demaris und er waren jetzt quitt. Dass er sich in sie verliebt hatte, war eine große Torheit gewesen, doch darüber würde er hinwegkommen, so-bald er aus ihrem Leben verschwunden war und wieder ein eigenes begonnen hatte.
    Sobald sich die Vordertür von Rogers Haus hinter den letzten Trauergästen geschlossen hatte, raffte Demaris die Röcke und eilte die Treppe hinauf zu dem Zimmer, in dem sie schlief. Roger folgte ihr auf den Fersen und nahm immer zwei Stufen auf einmal, um sie einzuholen. Die dünne Tünche der Höflichkeit, die er während des Tages beibehalten hatte, war offenbar zusammen mit den Trauergästen verschwunden.
    „Wage es ja nicht, jetzt vor mir zu flüchten, Demaris!“, brüllte er und packte sie hart am Arm. „Du hast heute das Angedenken an meine Gattin beschmutzt, und dafür verlange ich eine Erklärung! “
    „Und wage du es nicht, mich anzufassen, Roger! “ Demaris befreite ihren Arm. „Newport mag dir den Tod einer Allyn auf diesen Treppenstufen vergeben, doch kein zweites Mal! “ „Wo ist denn mit einem Mal deine sanfte Quäkerzunge geblieben? Dahin mit deinem falschen Anstand, möchte ich wetten! Ich frage mich, ob der arme Ebenezer überhaupt ahnte, was für ein Flittchen er geheiratet hatte.“
    „Du hast dich doch sonst nie auch nur die Bohne um deinen Bruder gekümmert - und um deine Gattin auch nicht, nach dem, was ich in diesem Haus gesehen habe“, gab Demaris scharf zurück. „Du interessierst dich nur für dich selbst, und deshalb genieße gefälligst deine eigene Gesellschaft!“ Sie wollte die Tür zu ihrem Zimmer hinter sich schließen, doch Roger drängte sich in den Raum hinein. Ohne ihn weiter zu beachten, begann sie, die Kleider, die sie bei ihrer Ankunft hier angehabt hatte, aus der Truhe zu holen und rasch zusammenzubündeln. Sie wollte das schwarze Seidengewand nicht haben, das sie im Augenblick trug, doch sie lehnte es ab, noch länger in Rogers Haus zu verweilen, und sei es auch nur für die wenigen zusätzlichen Minuten länger, die es dauern würde, sich umzuziehen.
    Mit beiden Händen warf Roger den Truhendeckel zu und riss Demaris zu sich herum. „Wer war dieser Mann auf dem Friedhof, Demaris?“
    Sie drückte sich das Kleiderbündel an die Brust. Sie erinnerte sich an Jonathans wilden, wütenden Gesichtsaus-druck, der die anderen verschreckt hatte. Sie erinnerte sich an sein langes schwarzes Haar, das der Wind um sein unrasiertes Gesicht geweht hatte, an sein am Kragen offenes Hemd und an das rote Halstuch.
    Sie erinnerte sich allerdings auch an den verlassenen Ausdruck in seinen Augen, an die Zeichen des Schmerzes und der Ungewissheit in seinem Gesicht, die ihr sagten, dass er nicht begriffen hatte, weshalb sie fortgeblieben war. So erschrocken sie auf dem Friedhof auch gewesen war, sie hätte zu ihm gehen und ihm sagen sollen, dass sie ihn liebte.
    „Das habe ich dir doch bereits erklärt“, antwortete sie. Rogers Griff tat weh, seine Fingernägel pressten sich in ihre Haut, und diesmal gelang es Demaris nicht, sich zu befreien. „Er ist ein Seemann aus Massachusetts, der für mich auf Nantasket gearbeitet hat.“
    „Ja, dieses Märchen hast du mir schon erzählt, und ich habe dir damals so wenig geglaubt wie jetzt.“ Mit beiden Händen stieß er sie angewidert von sich fort, sodass sie rückwärtstaumelte.
    Er atmete schwer, sein Gesicht war dunkelrot vor Zorn, und Demaris erkannte, dass sie sich zu Recht vor ihm fürchtete. Sie sah, wie er die Fäuste ballte, und sie dachte an Evelyn und an die Blutergüsse in deren Gesicht.
    „Wer ist es, Demaris? Dachtest du, ich hätte nicht bemerkt, wie er dich anstarrte? So blickt kein Tagelöhner seine Herrin an ; so sieht ein Herumtreiber die Hure an, die er schon gehabt hat und die er wieder haben will. Leugne es nicht! Ich wusste es schon, bevor mir Elisabeth Willet erzählte, was sie auf Nantasket gesehen hatte. Man stelle sich vor - auf Nantasket, im Hause meiner Mutter! “
    Lange schwieg Demaris, während sich der Zorn ihres Schwagers über sie ergoss. Sie erkannte, dass es falsch wäre, mit Roger zu streiten, denn er wollte

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