Flaming Bess 02 - Wo die Echse herrscht
sprudelte sie hervor, was in der vergangenen Nacht geschehen war. »Der Prophet ist kein gewöhnlicher Mensch«, sagte sie mit leuchtenden Augen. »Von ihm geht etwas aus … eine Macht, die … Man kann sie nicht beschreiben, aber man spürt sie. Ich weiß, daß er uns retten wird. Ich habe keine Angst mehr, Calvin.«
Kospodin nippte an seinem Blaukaffee. Dann, abrupt, stellte er die Tasse fort. »Also sind die Kultisten auch hier aktiv«, sagte er. »Ich hätte es mir denken können.«
Gahl war überrascht. »Sie wissen von den Auserwählten? Gehören Sie auch … «
»Nein, ich gehöre nicht dazu.« Um seinen Mund entstand ein grimmiger Zug, der ihn härter und älter machte. »Aber ich kenne die Kultisten. Es gibt sie auch im 1. OD. Wahrscheinlich haben sie inzwischen in allen Decks Anhänger gewonnen.«
»Sie sagen das so, als ob es ein … Verbrechen wäre!«
»Ein Verbrechen?« Er schüttelte den Kopf. »Nein, aber einige Dinge im Zusammenhang mit dem Kult sind recht … seltsam. Die Auserwählten versammeln sich an geheimen Orten. Wer sich ihnen anschließt, sagt sich früher oder später von seiner Familie, seinen Freunden, seinem bisherigen Leben los. Und der Anführer — jener, der sich Mahmed nennt, der Prophet — er ist nicht als Flüchtling registriert. Mahmed ist nur ein Deckname. Ich frage mich, warum er seine wahre Identität verbirgt. Kommt Ihnen das nicht auch merkwürdig vor, Gahl?«
»Sie verstehen das nicht«, erwiderte Gahl leichthin. »Sie haben nicht die Herzlichkeit dieser Menschen erlebt. Ich war noch nie so glücklich und geborgen wie im Kreis der Auserwählten. Und Mahmed — nun, er ist ein Mensch, der sich nicht mit normalen Maßstäben messen läßt. Ich vertraue ihm, und Sie würden ihm auch vertrauen, wenn Sie ihn persönlich kennengelernt hätten.«
»Ich …« Kospodin schien mit sich zu kämpfen. »Ich möchte Ihnen einen guten Rat geben, Gahl«, sagte er schließlich. »Ich mag Sie. Ich mag Sie sogar sehr, und ich möchte nicht, daß Sie … enttäuscht werden. Vielleicht ist es besser, wenn Sie sich in Zukunft von diesen Leuten fernhalten.«
Er macht sich Sorgen um mich, dachte Gahl, und das zärtliche Gefühl, das sie bei diesem Gedanken empfand, verwirrte sie mehr als seine Worte. Impulsiv ergriff sie seine Hand. »Ich mag Sie auch, Calvin«, sagte sie ernst, »aber die Kultisten, wie Sie sie nennen, sind meine Brüder und Schwestern. Wir gehören zusammen; wie eine große Familie.«
Kospodin sagte nichts, doch er hielt ihre Hand fest, und er lächelte.
Die Katze miaute. Gahl bückte sich, hob Diva hoch und setzte sie in den Lederbeutel. »Ich muß gehen«, erklärte sie. »Noch einmal vielen Dank für Ihre Einladung zum Frühstück.«
Der Pilot stand auf. »Sehen wir uns wieder?«
»Ich würde mich freuen. Wirklich.« Gahl nannte ihm die Nummer ihres Interkom-Anschlusses. »Rufen Sie mich an?«
»Darauf können Sie sich verlassen«, versicherte er.
Beschwingt wandte sich Gahl ab und steuerte auf den Ausgang zu. Aber dann dachte sie wieder an Kospodins warnende Worte, und unbehaglich fragte sie sich, warum er der Gemeinde der Auserwählten mißtraute. Der Gedanke beschäftigte sie noch immer, als sie auf den Korridor trat und an der nächsten Abzweigung Phibus Kumpel stehen sah. Der alte Mann verteilte Bonbons an mehrere Flüchtlingskinder und blickte ihnen vergnügt nach, als sie mit ihrer Beute davonstoben. Dann drehte er sich um und kam auf Gahl zugeschlurft.
»Ein Bonbon, Mädchen?« fragte er.
Sie schüttelte den Kopf.
»Nicht sehr gesprächig heute, eh?« sagte Kumpel und verstaute die knisternde Bonbontüte in der Seitentasche seines grauen Kittels. Er sah sie mitfühlend an. »Was ist los, Gahl? Du machst ein Gesicht, wie Regen und Sonnenschein zugleich.«
»Nichts, Phibus. Alles in Ordnung.«
»Hm«, brummte der alte Mann. Er kraulte Diva hinter den Ohren; die Katze schnurrte zufrieden. Kumpel gehörte zu den wenigen Menschen, die Diva in ihr Katzenherz geschlossen hatte. »Nichts ist ein bißchen wenig, um die Sorgenfalten auf deiner Stirn zu erklären. Komm, heraus damit, Mädchen.«
Sie seufzte und erzählte ihm von ihrer Unterhaltung mit Calvin Kospodin.
»Ich mag ihn sehr, Phibus«, sagte sie, »und ich glaube, ich könnte mich sogar in ihn verlieben, aber … Ich habe Angst, daß ich mich irdendwann für ihn oder für die Gemeinde entscheiden muß. Ich meine, im Grunde ist es lächerlich, daß ich mir jetzt darüber Gedanken machen.
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