Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
bezahlt, den Lincoln zurück zur Hütte zu fahren; allerdings fand die DEA auch das Flugzeug unberührt im Hangar vor. Einer von Minos’ Kollegen, der darüber erbost war, daß die weiteren fünfzigtausend Dollar, die man mir für die verdeckte Aktion gegeben hatte, bei dem Feuer im Hangar verbrannt waren, stellte die Theorie auf, daß sich Tony zusammen mit Paul und Jess Ornella von einem Fremden mit einem Flugzeug an der Landebahn abholen ließ. Aber Bundespolizisten in Guadalajara, die Tonys Ranch außerhalb von Zapopan einen Besuch abstatteten, berichteten nur, daß Tony seit fast einem Jahr nicht in der Gegend gesehen worden war. Als ich Minos das nächste Mal in Lafayette traf, um einen gemeinsamen Angelausflug zu planen, erwähnte ich Tonys Namen. Er gähnte nur, nahm einen Aktenordner von seinem Tisch und zeigte mir das Foto eines Mannes, dessen Gesichtszüge mir so schmutzig-grell und überscharf entgegenstarrten, wie es nur auf Polizeifotografien von Verdächtigen möglich ist.
»Kennen Sie diesen Burschen?«, fragte er.
»Nein.«
»Er lebt in Metairie. Ist da der neue Shootingstar. Wir sind sehr daran interessiert, ihm einen Platz im Hotel ›Zum eisernen Stäbchen‹ zu verschaffen –«
Aber jetzt war ich es, dessen Augen sich trübten und der gegen ein Gähnen ankämpfte, was mir im Rauschen des Regens in den Eichen draußen vor dem Fenster schwerfiel.
Zwei Monate später erhielt ich einen zerknitterten und eselsohrigen Briefumschlag mit Poststempel Lake Charles. Darin befand sich eine Fotografie von Paul, der lächelnd am Heck eines Sportfischerboots in einem Anglersitz saß. Daneben, in den Armen einen über einen Meter langen Heringsfisch, dem der riesige Haken noch aus dem toten Maul ragte, hockte Jess Ornella. Die Gefängnistätowierungen wirkten auf seiner gebräunten Haut so blau wie das Meer hinter ihm. Mit dem Rücken zur Kamera stand ein Mann mit nacktem Oberkörper. Er trug einen riesigen mexikanischen Sombrero und angelte mit einer gefiederten Rolle nach Seebarben. Das lockige Haar war kurzgeschnitten und über den winzigen Ohren schweißglänzend. Im Hintergrund war ein bisquitfarbener Strand mit ein paar vereinzelten, von der ohne Zweifel intensiven Sonne stark mitgenommenen Palmen und ein vertrocknetes Holzpier zu sehen, auf dem überall Netze zum Trocknen aufgehängt waren und das sich in die flache Brandung erstreckte.
Auf der Rückseite der Fotografie hatte jemand mit Kugelschreiber etwas geschrieben:
Du hast gesagt, daß sie in New Iberia die Barsche mit Tennisschlägern wieder ins Wasser treiben müssen. Das ist nicht schlecht. Aber Du solltest Dir das hier mal ansehen. Hier in den Riffs gibt’s so viel Kingfish, daß sie gar nicht alle Platz haben. Erst gestern hab ich ein paar mit Feldflaschen über den Highway laufen sehen. Wir leben hier von der guten Luft und in Kokosfett gebratenen Bananen. Ich bin clean und frei, Dave. Der Affe sitzt mir nicht mehr im Nacken. Vielleicht solltest Du Dir eine Ordenskette um den Hals legen, zumindest will ich doch hoffen, daß Du mittlerweile die Marke und deine Scheiß-Kollegen los bist. Mach dir nichts vor, Du hast es genossen, in meiner Welt zu leben. Selbst Jess hat dich für einen von uns gehalten. Also mir würde das Kopfschmerzen bereiten.
Bleib sauber,
Pancho Gonzalez
Tee Beau Latiolais bekam einen neuen Prozeß, aber noch vor dem Prozeßtermin zerschnitt Gros Mama Goula einem Gerichtszusteller, der ihr eine Vorladung aushändigen sollte, mit einem Rasiermesser das Gesicht und floh aus New Iberia. Hinter sich ließ sie die Zydeco-Bar und das Bordell, das sie seit dreißig Jahren betrieben hatte, und das Büro der Staatsanwaltschaft ließ die Mordanklage gegen Tee Beau fallen. Aber am Rande des Bezirks gab es Schwarze, die sagten, Gros Mama habe die Zauberkräfte eines loup-garou und hätte sich in einen Kugelblitz verwandelt. Weißer Nebel habe zwischen den Zypressen gestanden, sagten sie, und auf einmal sei ein rosa Lichtgewirr über die Wasserlilien und das tote Wasser gerollt und am Damm explodiert. Das Gras am Ufer sei zu schwarzer Asche verbrannt, und auf dem Boden, der wie gebacken gewesen sei, habe es von Schlangen gewimmelt.
Aber Tee Beau hatte die alten Voodoo-Ängste endgültig hinter sich gelassen, und er grämte sich auch nicht länger über die langen Monate, in denen Hipolyte Broussard sexuelle Erniedrigung und Schande über ihn gebracht hatte. Er und Dorothea heirateten, und heute arbeitet sie als Kellnerin in
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