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Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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umlegen. Er darf dich nicht für einen Konkurrenten halten. Hör zu, Dave, man sagt sich, er sei anders als die übrigen Spaghettis. Er ist unberechenbar, macht seltsame Dinge, aus denen keiner schlau wird.
    Als er das letztemal mit seiner Tussi hier war, saß auf dem Hocker neben ihm ein Sergeant von den Marines. Cardo sagt also: ›Noch einen Tom Collins für mich und die Lady und für den Sergeant, was er will.‹ Dann kommen sie ins Gespräch und reden über Vietnam und die Cherry Alley in Tokio. Das alles vor seiner Tussi, kannst du dir das vorstellen? Und die ganze Zeit steh ich keinen halben Meter weit weg und spüle Gläser. Auf einmal hört Cardo auf zu reden und sagt zu mir: ›Hast du eine Frage, die dir auf der Seele brennt?‹
    ›Was?‹ sag ich.
    ›Mir scheint, daß du uns mit großem Interesse zuhörst. Brennt dir was auf der Seele?‹ sagt er.
    ›Einmal im Korps, immer im Korps‹, sag ich.
    ›Willst du mir mit einem blöden Spruch kommen?‹ sagt er.
    ›Ich will gar nichts. Das sagt man bei den Marines. Ich war selbst dabei‹, sag ich.
    Da grinst er übers ganze Gesicht und deutet mit beiden Zeigefingern auf seine Brust und sagt: ›Du glaubst wohl, du mußt mir sagen, was das bedeutet?‹ Seine Tussi fängt an, Wie-kann-man-nur-Schnalzlaute von sich zu geben. ›Du willst mir erklären, was zur Hölle das bedeutet?‹ sagt er. ›Hat dir jemand aufgetragen, diese Dinge anderen Leuten zu erklären?‹
    Da hab ich gesagt: ›Nein, ich sag Ihnen nur, daß Sie sich Ihren Drink schmecken lassen sollen‹, und bin nach hinten in mein Büro gegangen. So um die Zeit rum kam ich auf die Idee, daß ich mich beruflich wieder verändern sollte.«
    »Hast du je von einem Typen namens Jimmie Lee Boggs gehört?«
    »Ein Auftragskiller, aus Florida?«
    »Das ist er.«
    »Was ist mit ihm?«
    »Das ist der Kerl, der mich angeschossen hat. Jemand hat mir gesagt, daß er vielleicht wieder in New Orleans ist.«
    Clete lächelte.
    »Damit haben sie dich also geködert«, sagte er. »Du hast es ihnen leichtgemacht, Streak. Der Typ ist jetzt sicher schon weit weg.«
    »Vielleicht.«
    »Laß mich mitmischen, Alter.«
    »Ich hab in diesem Fall nichts zu entscheiden, Cletus. Hier hast du meine Telefonnummer und meine Adresse. Aber gib sie an niemanden weiter, okay? Wenn Nachrichten für mich kommen, behalt sie einfach. Ich frage regelmäßig bei dir nach.«
    »Du brauchst jemand, der dir den Rücken deckt. Verlaß dich da nicht auf die Typen von den Bundesbehörden. Ich weiß, wovon ich rede.«
    »Ich habe noch keine Ahnung, ob das Ganze überhaupt irgendwohin führt«, sagte ich. »Kann sein, daß ich in ein paar Tagen schon wieder in New Iberia bin.«
    Er steckte sich ein Streichholz zwischen die Zähne. Seine Hände waren groß und rechteckig, die Handkanten schwielig, die Nägel völlig abgekaut.
    »Unterschätz die Brüder nicht«, sagte er. »Die meisten von ihnen wären noch nicht mal für die Müllverbrennung gut. Aber dreh ihnen einmal den Rücken zu, und sie reißen dir die Augen raus.«
    Am Nachmittag desselben Tages sprach ich mit einem weiteren von Minos’ Kontaktmännern, einem schwarzen Barkeeper auf der Magazine Street. Sein Schädel war kahl und poliert, und er trug einen grauen Backenbart, der aussah wie aufgeklebt. Er begegnete mir mit einer Passivität, Sanftmut und so wenig Neugier, als sei ich ein Vertreter für Sterbeversicherungen. Seine Augenlider waren schwer, und während ich sprach, nickte er andauernd mit dem Kopf. Er sagte mir: »Tja, also ich hab mit dem Geschäft nichts mehr am Hut. Hatte ’ne Menge Ärger deswegen. Mußte die Stadt ’ne Weile verlassen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Aber wenn jemand herkommt, der das Geschäft machen will, sag’ ich weiter, daß Sie in der Stadt sind. Wollen Sie noch ein Seven Up?«
    »Danke, ich hab genug.«
    »Wie wär’s mit ein paar hartgekochten Eiern?«
    »Danke, kein Bedarf.«
    »Ich muß jetzt in die Küche und den Ofen anmachen.«
    »Danke für Ihre Zeit. Sie waren in Angola?«
    »Wo soll das denn sein?« sagte er. Seine Augen blickten gedankenverloren ins Nichts.
    Am nächsten Morgen ging ich wieder zu Fuß zum Café du Monde und trank an einem der Tische draußen einen Kaffee. Die Türme der Kathedrale auf der anderen Straßenseite glänzten im Sonnenlicht, und der Wind vom Fluß her raschelte in den Palmwedeln entlang des schwarzen Eisengitterzauns, der den Park in der Mitte des Jackson Square eingrenzte. Ich las die Zeitung zu

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