Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Schließlich kaufte ich ein Buch über Katzen und ging.
Am Abend rief ich in New Iberia an, um nach Alafair zu sehen, und am nächsten Morgen ging ich zu Clete’s Club auf der Decatur Street, gegenüber dem French Market. Clete war jahrelang mein Partner im First District gewesen. Seine Vorstellung von Polizeiarbeit verdankte er einem Onkel, der Streifenpolizist im Irish Channel gewesen war – »Sack sie ein oder sarg sie ein«, das war Cletes Wahlspruch –, und er hatte das Kroppzeug im First District buchstäblich terrorisiert. Man mußte gegenüber Zuhältern oder Straßenräubern und sonstigen Unterweltfiguren nur erwähnen, daß Cletus Purcel sich gerne einmal näher mit ihnen unterhalten würde, und schon saßen sie im nächsten Bus oder Flugzeug nach Miami. Dann geriet Clete in die Fänge von Kredithaien, ruinierte seine Ehe mit Prostituierten und seinen Magen mit Schnaps und Aspirin. Schließlich ließ er sich kaufen. Er nahm 10000 Dollar von einigen Drogendealern und rechtsradikalen Wirrköpfen, dafür, daß er einen Zeugen der Bundesbehörde aus dem Weg schaffte.
Später arbeitete er als Sicherheitschef in einem Casino in Nevada und wurde der Leibwächter eines mittelprächtigen Mafioso und Ex-Zuchthäuslers namens Sally Dio. Aber schließlich setzte sich doch durch, was in meinen Augen Clete immer ausgemacht hatte – seine Courage und seine Loyalität einem alten Freund gegenüber –, und er schaffte es, die ganzen Katastrophen in seinem Leben relativ unversehrt zu überstehen.
Er stand hinter der Theke und füllte gerade eine Kühltruhe aus rostfreiem Stahl mit Bierflaschen. Er hob den Kopf und lächelte, als er mich sah. Sein Körper wirkte immer zu groß für seine Kleidung. Er aß für sein Leben gern Pizza, Poorboy-Sandwiches, frittierte Scampi und Austern, Reis nach Louisiana-Art, beignets, Eiskrem, die er literweise mit einem Eßlöffel in sich reinzustopfen pflegte. Er war davon überzeugt, daß er sein Gewicht im Zaum halten konnte, indem er dreimal die Woche abends in seiner Garage Gewichte stemmte. Er war auch überzeugt davon, daß er sein Magengeschwür in den Griff bekommen würde, wenn er Lucky Strikes mit einem Zigarettenfilter rauchte und den Scotch mit Milch trank.
»Was liegt an, Streak?« sagte er. »Ich hatte so ein Gefühl, daß du vorbeikommst.«
»Wie kommt das?«
»Hab seltsame Dinge über dich gehört, Alter.«
»Hat jemand eine Nachricht für mich hinterlassen?«
»Nein.«
»Was hast du also gehört?«
Er erhob sich von seiner Arbeit, streckte den steifen Rücken und grinste mich an. Seine Haut war gerötet, das Haar sandfarben und nach hinten gekämmt, die grünen Augen intelligent und voller Humor. Eine Narbe, die in Farbe und Beschaffenheit an einen Flicken auf einem Fahrradreifen erinnerte, verlief schräg nach unten über eine Augenbraue und quer über die Nase.
»Wie war’s, wenn du mich zu ein paar Austern einlädst und ich dir dafür einen Drink ausgebe?« sagte er.
»Ich hab keine Zeit.«
»Doch, die hast du.« Dann drehte er sich zu einem Schwarzen, der zwischen den Tischen an der Tanzfläche den Boden wischte. »Emory, geh mal rüber zu Joe Burda’s und hol uns ein paar Dutzend Austern.«
Der Schwarze verließ das Lokal, und Clete machte mir in einem großen Glas einen Drink mit kleingestoßenem Eis, Seven Up, Tom Collins Mix, kandierten Kirschen und Orangenscheiben. Er nahm sich selbst hinter der Theke noch eine Tasse Kaffee, kam dann nach vorne und setzte sich neben mich. Das Lokal war leer, die Eingangstür stand offen; draußen unter dem Säulenvorbau war es sehr hell.
»Was zum Teufel führst du im Schilde, Streak?«
»Ich hab eine Wohnung drüben in der Ursulines Street. Ich hab’s noch nicht weggesteckt, daß dieser Kerl mir ein Loch ins Fell gebrannt hat.«
»Macht es dir Spaß, die ganze Nacht zuzuhören, wie Besoffene draußen auf der Straße Flaschen kaputtschlagen?«
»Es ist nicht übel.«
»Aber sicher doch. Wieviele Schwule wohnen in deinem Haus?«
»Laß es gut sein, Clete.«
»Dann sag mir doch, warum mir so eigenartige Sachen zu Ohren kommen.«
»Ich weiß nicht, was du gehört hast.«
»Daß ein Typ, der mal bei der Mordkommission war, fünf Kilo Koks aufzutreiben versucht. Daß derselbe Typ aus dem Iberia Parish Sheriffs Department gefeuert wurde, weil er Schmiergelder genommen hat. Und daß der Typ immer wieder Tony C.s Namen fallenläßt.«
»So was spricht sich rum.«
»So was spricht sich rum – unter anderem
Weitere Kostenlose Bücher