Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
Schädel hinter meinem Ohr. Mit der freien Hand tastete er mein rechtes Bein ab und zog die Beretta aus dem Holster.
    »Motor aus«, sagte er.
    Ich rührte keinen Finger.
    »Zum Nachdenken ist jetzt keine Zeit«, sagte er.
    Ich hörte, wie er mit dem Daumen den Abzugshahn spannte. Ich drehte die Zündung aus, und wir trieben mit den Wellen zur Seite und kippten abrupt in ein Wellental.
    »Huch«, sagte Fontenot, und sein Mund formte ein großes O unter der gelben Kapuze seines Wettermantels.
    »Geh nach vorn und wirf den Anker aus, Ray«, sagte Lionel. »Wir bleiben hart am Anker, dann kann er um uns herumfahren und am Heck anlegen.«
    »Meiner Meinung nach machen wir’s uns unnötig schwer«, sagte Fontenot.
    »Er will es so. Ich streite mich deswegen nicht mit ihm.«
    »Der sonnige Süden wartet, Lionel. Wir wollen unsere Zeit nicht hier vergeuden.«
    »Das mußt du ihm sagen. Er ist ausgesprochen scharf auf unseren Freund hier. Da kann man genauso gut mit einer Wand reden.«
    Fontenot stand von seinem Stuhl auf und bahnte sich seinen Weg über das Deck, die Reling immer fest umklammert. Sein gelber Wettermantel glänzte feucht im abziehenden Nebel. Ich hörte das Rasseln der Kette und der in X-Form zusammengeschweißten Stücke von Eisenbahnschienen, die mir als Anker dienten, als er sie vom Bug aus ins Wasser ließ. Das Kabelboot trieb mit der Flut küsteneinwärts und wurde vom Ankerseil gerade gehalten. Das Kajütenboot trieb an uns vorbei, beschrieb dann einen Bogen und näherte sich uns achtern. Es war ein Larson, schnell und luxuriös, und sein Lack war so weiß und makellos wie ein Emailüberzug.
    »Eins will ich dir vorher noch sagen«, sagte Lionel.
    Ich wollte mich mit dem Kopf zu ihm drehen. Er gab mir einen kleinen Stoß mit der Automatik hinter meinem Ohr.
    »Nein, immer schön nach vorn schauen«, sagte er. »Du sollst wissen, daß es nichts Persönliches ist. Ich hab nichts für Ex-Cops übrig, ich hab’s nicht richtig gefunden, daß sie mit dir Geschäfte machen wollten, aber das hat hiermit nichts zu tun. Wir haben einfach zu lange den Affen gemacht, jetzt ist’s Zeit, daß wir unsern Schnitt machen. Du hast bloß einen ungünstigen Zeitpunkt erwischt.«
    Der Motor des Kajütenboots starb ab; dann warf jemand vom Bug aus ein verknotetes Seil auf das Dach des Steuerhauses des Kabelboots.
    »Mit dieser anderen Sache«, sagte er, »mit dieser anderen Sache habe ich nichts zu tun.«
    An der Richtung, in die seine Stimme ging, merkte ich, daß er jetzt zum Achterschiff sah.
    »Welche andere Sache?« sagte ich.
    Dann drang seine Stimme wieder seitwärts an mein Gesicht: »Machst du Witze, Mann? Du hast ihn nach Angola bringen wollen, damit er da gegrillt wird. Was meinst denn du, was ein Bursche wie der für Gefühle für dich übrig hat? Tut mir leid für dich, Mann, aber ich habe nichts damit zu tun.«
    Die Pistole hinter meinem Ohr spielte jetzt keine Rolle mehr. Ich drehte mich steif im Fahrersitz um und blickte hoch zum schaukelnden, vertäuten Bug des Kajütenboots. Wie Tee Beau gesagt hatte, hatte Jimmie Lee Boggs sich das Haar kurzschneiden lassen und es schwarz gefärbt, aber alles andere an ihm war bis ins letzte Detail so, als sei er direkt aus einem wohlvertrauten Traum getreten: der schaufensterpuppenartige Kopf, die bleiche Haut, die Lippen, die wie geschminkt aussahen, die minzgrünen Augen mit dem seltsamen Funkeln.
    Er trug Leinenschuhe mit Gummisohlen, Seemannshosen, ein schweres blaues Wollhemd mit breiten grauen Hosenträgern, und als er von dem Kajütenboot auf die hintere Reling des Wannenboots stieg und Ray Fontenot bei der Hand packte, sah man die sehnigen Muskeln in seinem Unterarm, und sein Bauch wirkte so flach und hart wie eine Herdplatte.
    Er stützte sich mit einer Hand auf den Rand des Steuerhausdaches und beugte sich über mich. Salziger Schaum tropfte von seinem Gesicht, und sein Atem roch nach Kautabak.
    »Hast du auch immer schön an mich gedacht?« fragte er.
    »Ich hab schon geglaubt, du findest uns vielleicht nicht«, sagte Fontenot. »Bei der dicken Suppe hier draußen.«
    »Lionel hat mir über Funk gesagt, daß ihr an einer alten Bohrinsel vorbeikommt«, sagte Boggs. »Ich hab einfach südlich davon Anker geworfen und gewartet, bis ich euren Motor hörte. Das Ding macht einen Lärm wie ein Müllwagen.«
    Dann blickte Boggs wieder auf mich hinab. Ich saß immer noch auf dem Fahrersitz. Seine Handgelenke wirkten so massiv wie Brennholzscheite.
    »Hat er euch

Weitere Kostenlose Bücher