Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
Ente. Dann sah und hörte ich es auch: das Leuchten von Markierungslampen im Nebel, das Brummen eines starken Motors, von Schiffsschrauben, die eine tiefe Fahrrinne hinter sich herzogen.
    Auf einmal interessierte sich niemand mehr für mich. Ich erhob mich langsam von allen vieren und kauerte mich auf die Fersen. Lionel war mit dem Versuch beschäftigt gewesen, Fontenots massigen Körper auf den Bug des Kajütenboots zu wuchten, aber jetzt standen sie beide wie erstarrt am Heck des Kabelboots. In der Schwimmweste wirkte der Hals von Fontenot wie der einer Schildkröte.
    Der Lichtkegel eines Suchscheinwerfers drang durch den Nebel. Er war heiß und weiß und blendete, und das Kabelboot und die grünen Wellen mit der Schaumkrone flackerten jetzt so fahl wie Gegenstände im Schein einer Leuchtpistole.
    Eine Männerstimme dröhnte durch ein Megaphon über das Wasser: »Hier spricht die Polizei von New Orleans. Sie sind verhaftet. Lassen Sie die Waffen fallen und verschränken Sie die Hände hinter dem Kopf.«
    Lionels Arm fuhr hoch, und er zielte mit der Neunmillimeter über das Dach des Steuerhauses.
    »Nein!« brüllte Fontenot. Dann brüllte er es noch einmal: »Nein!« Sein Gesicht war rund und weich, ungläubiges Staunen stand darin.
    Aber es war zu spät. Lionel und Boggs feuerten jetzt beide, und das Mündungsfeuer ihrer Waffen ging fast unter im grellen, heißen Strahl des Suchscheinwerfers. Ich hörte, wie die Patronenhülsen aus Lionels Pistole auf dem Dach des Steuerhauses klapperten. Dann zersprang das Glas des Suchscheinwerfers, und nahezu im selben Augenblick eröffneten zwei kniende Gestalten am Bug des Polizeiboots, die ihre Mützen verkehrt herum auf dem Kopf trugen, das Feuer aus M-16-Gewehren, die auf Schnellfeuer eingestellt waren.
    Die Schüsse rissen große Holzstücke aus dem Deck und dem Steuerhaus, zerstörten mein Instrumentenbrett. Kugeln mit Metallmantel prallten mit lautem Pfeifen von der Reling, den Staukästen, den Töpfen und Pfannen und dem Ofen in der Bordküche. Die Kugeln schnitten förmlich durch die Blechwand eines Köderbeckens und drängten Ray Fontenot ausweglos an die hintere Reling des Kabelboots.
    Er versuchte hinter einer Ecke des Steuerhauses in Deckung zu gehen, und aus seinem weit aufgesperrten, rosa Mund drangen Worte, die niemand hören konnte. Er hatte die Fäuste geballt und die Handgelenke vor den Augen übereinander geschlagen; dann tanzte eine Salve über seine Schwimmweste. Der Stoff sprang auf wie getrocknete Blasen, und ein Schwall roter Blumen brach aus seinem Hals und seiner Brust. Sein Mund stand offen, als hätte er sich an einem Hühnerbein verschluckt.
    Ich lag flach auf dem Deck, die Arme über dem Schädel. Boggs hatte sich hinter den eisernen Staukasten gekauert, in dem sich die Kisten mit dem Kokain befanden, und die M-16-Patronen prallten mit lautem Geheule oben und an den Seiten von dem Staukasten ab und schlugen Funken in der Dunkelheit. Aber er zuckte nicht zusammen. Er schoß immer weiter, hebelte die leeren Patronenhülsen aufs Deck, und sein Körper war klein und muskulös-kompakt wie der eines Scharfschützen. Die Schrotflinte mußte mit Flintenlaufgeschossen oder Rehposten geladen sein, denn ich konnte hören, daß sie auf dem Polizeiboot erheblichen Schaden anrichtete – Glas zersplitterte, schwere Munition klatschte laut auf Holz.
    Dann drehte das Polizeiboot im eigenen Kielwasser und fuhr wieder zurück in den Nebel, doch das geschah erst, nachdem eine der knienden Gestalten am Bug sein Magazin leergeschossen und das Faß mit dem Reservebenzin getroffen hatte, das an der Deckreling des Kabelboots angebracht war. Das Benzin ergoß sich in einem Sturzbach über das Deck und rann durch die Motorenklappe. Ich weiß nicht, was es in Brand setzte – ein Funken an einer Metallfläche, ein Kurzschluß oder eine zerstörte Starterbatterie –, aber auf einmal stand das ganze Deck in Flammen. Um das Benzinfaß herum stand ein Feuerkranz, dann flog es mit einem dumpfen Geräusch in die Luft, wie ein riesiger Heizofen, der tief im Keller eines mehrstöckigen Hauses anspringt.
    Ich kroch über das Deck, zwängte mich unter der unteren Reling hindurch und rollte mich auf die andere Seite. Ich konnte das Polizeiboot jetzt nicht mehr sehen, aber bevor ich mich ins Wasser fallen ließ, sah ich Jimmie Lee Boggs. Er rannte zum Heck, und man sah in den Flammen die Silhouette seines harten, schlanken Körpers. Lionel lag beim Steuerhaus auf den Knien. Er hatte

Weitere Kostenlose Bücher