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Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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nicht zugetraut.«
    »So hab ich’s zwar nicht ausgedrückt, aber okay...«
    »Boggs ist ein Psychopath, aber er ist auch ein Profi. Der rührt keinen Finger, ohne daß es ihm jemand erlaubt«, sagte ich.
    Tonys Augen waren dunkel und freundlich, die Wimpern so lang wie die eines Mädchens.
    »Weiter, Dave«, sagte er.
    »Ich will sagen, diese Typen sind Piranhas. Die greifen erst an, wenn sie Blut im Wasser riechen.«
    »Seh ich so aus, als blute ich?« sagte er und lächelte aus den Mundwinkeln.
    »Ich an Ihrer Stelle würde mich vorsehen.«
    »Da hör sich einer diesen Burschen an. Er wird verprügelt, ertrinkt beinahe, er verliert sein Boot, sein Geld, und da macht er sich Sorgen um einen anderen.«
    »Sie sollten das durchaus ernst nehmen, Tony. Ich glaube, jemand will Sie umbringen lassen.«
    »Was meinst du, Jess?« sagte er zu dem Mann mit dem Kanonenkugelschädel.
    »Ich meine, die sollen bloß kommen«, sagte der Mann.
    »Sie müssen eines verstehen«, sagte Tony. »Wir sind hier in New Orleans. Wir zerbrechen uns nicht den Kopf über irgendwelche Scheißer in Miami oder Houston. Wenn die gerne mit harten Bandagen spielen möchten, stehen wir bei ihnen auf der Matte.«
    »Lionel hat von dem Fischerboot aus über Funk mit Boggs gesprochen. Hat man Ihnen das gesagt?«
    Ich sah an seinen Augen, daß er jetzt doch stutzig wurde.
    »Nein, das wußte ich nicht«, sagte er.
    »Vielleicht konnten sie ja kein Englisch. Aber vielleicht konnten sie auch einfach nicht wissen, was er da abziehen wollte.«
    »Sie wollen damit sagen, daß es ihnen vermutlich egal war.«
    »Vielleicht.«
    »Sie sind ein guter Mann, Dave, aber Sie sind immer noch neu im Geschäft. Es gibt dabei zwei Gangarten – man wird nicht zu gierig, teilt den Kuchen schön auf, ist zu allen fair. Dann hat man ein reines Gewissen, ist ein respektierter Bürger, und die Leute vertrauen einem. Die zweite Art wird nötig, wenn ein anderer sich nicht an die Regeln hält, zu gierig wird, sich dein Geschäft unter den Nagel reißen will. Solche Leute mußt du fertigmachen. Und zwar ohne Wenn und Aber. Das ist wie Krieg – ohne Rücksicht auf Verluste. Gefallen tut’s keinem, aber das einzige, was zählt, ist, wer noch übrig ist, wenn sich der Rauch verzieht.«
    Ich stand auf, um auf die Toilette zu gehen. Der Boden schien unter meinen Füßen nachzugeben.
    »Immer noch Seegang unter den Beinen?« sagte Tony.
    »Ja.«
    »Na, wie auch immer, jedenfalls nehmen wir Sie mit zu mir. Da werden Sie besser schlafen. Ich hab auch einen guten Koch. Der kann Ihnen ein schönes Gumbo mit ungeschältem Reis machen. Wie klingt das, Kumpel?«
    »Was?«
    »Sie bleiben für ein Weilchen bei mir draußen. Ich habe bereits das Entlassungsformular unterzeichnet und die Krankenhausrechnung bezahlt.«
    »Sie können nicht für mich das Entlassungsformular unterzeichnen.«
    »Wissen Sie, wieviel ich diesem Laden jedes Jahr spende? Was ist los, mögen Sie etwa den Geruch von Bettpfannen?«
    Genau in diesem Augenblick trat einer seiner Torwächter durch die Tür, begleitet von zwei Pflegern, die eine Liege auf Rädern vor sich herschoben.
    »Nicht so schnell, Tony«, sagte ich.
    »Bei mir wartet ein schönes Zimmer auf Sie. Kabelfernsehen, Bücher, Zeitschriften, und wenn Sie wollen, daß Ihnen ein hübsches Mädchen die Seiten umblättert, können Sie auch das haben. Wie ich Ihnen schon sagte, Freundschaft bedeutet mir was. Kränken Sie mich nicht.«
    Dann machten sich die zwei Pfleger und seine Mietgangster daran, mich fein säuberlich reisefertig zu machen, als wäre ich ein wertvolles, aber leicht beschädigtes Stück Porzellan. Ich wollte noch einmal Protest erheben, als sie ihre Hände sanft auf meine Arme legten, und graue Würmer tanzten mir vor den Augen. Aber Tony legte einen Finger auf die geschürzten Lippen und sagte fast intim flüsternd: »Hey, Männer wie wir haben schon für den Eintritt bezahlt. Der Rest ist gratis. Willkommen im magischen Königreich, Dave.«
    So begab es sich, daß ich in den finsteren Schloßturm kam.
    Am nächsten Morgen frühstückten Tony, sein kleiner Junge und ich früh in dem glasverkleideten Frühstückszimmer, das eine wunderbare Aussicht auf Tonys myrtenumgebenen Tennisplatz, die vielen Eichen und Zitronen- und Limonenbäume und den bläulichen Rasen, noch voller Rauhreif, bot. Die hintere Tür führte zu einer Rampe für den Rollstuhl, über die man zur Einfahrt kam.
    »Der Bus holt Paul direkt hier vor der Tür ab«, sagte Tony.

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