Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Rasierklinge.«
»Warum sagen Sie mir dauernd solche Dinge? Ich habe Ihnen nichts zu sagen.«
»Kennen Sie einen Cop von der Sitte namens Nate Baxter?«
Ich konnte sehen, wie ihr das Blut in die Wangen stieg.
»Woher sollte ich –«, begann sie.
»Er ist Ihnen an dem Tag gefolgt, als Sie in Cletes Bar waren. Dieser Bursche ist Lieutenant. Warum interessiert er sich für Sie, Kim?«
Ihre Augen wurden feucht, und ein Zittern ging durch ihren Mund.
»Ganz ruhig, ganz ruhig«, sagte ich.
»Sie sind ein mieser Dreckskerl.«
Jess hatte innegehalten und blickte zu uns herüber. Das graue Haar auf seiner Brust wucherte wie Draht aus seinem Golfhemd.
»Vielleicht mach ich mir nur ein wenig Sorgen um Sie«, sagte ich.
»Lassen Sie mich in Ruhe. Bitte.«
»Gehen wir rein. Ich lade Sie zu einem Drink ein.«
»Nein, bleiben Sie mir vom Leib.«
»Hören Sie mir zu, Kim –«
Sie nahm ihre Handtasche und lief in ihren hochhackigen Schuhen quer über den Rasen in Richtung des Clubhauses. Ihre Unterschenkel wirkten unter dem Saum ihres Strickkleides hart und wie poliert. Jess verließ das Grün, den Putter locker an seiner Seite baumeln lassend.
»Was ist los mit ihr?« sagte er.
»Ich schätze, ich bin nicht besonders gut darin, mich mit jüngeren Frauen zu unterhalten.«
»Seltsame Braut. Ich trau ihr nicht.«
»Warum nicht?«
»Sie verlangt nichts. Eine Braut, die nichts von dir verlangt, führt etwas anderes im Schilde. Tony will das nicht wahrhaben.« Er ließ den Putter wie einen Taktstock in seinen Fingern kreisen.
Sie saß auf einem hohen Hocker mit Lehne an der Bar, als ich sie fand. Die Bar war ganz in Mahagoni und Teakholz eingerichtet, an den Wänden messinggerahmte runde Spiegel und Barometer, und in den Fenstern, von denen aus man den Yachthafen übersehen konnte, hingen Kupferkessel mit Farngewächsen. Ihre Augen waren jetzt wieder klar, und ihre Hände lagen ruhig auf dem glänzenden Tresen. Ihre Finger spielten an einem hohen Cocktailglas herum. Sie knabberte an einem Orangeschnitz; dann wurde ihr Gesicht wieder starr, als ich in ihr Blickfeld trat.
Ich bestellte beim Barkeeper eine Tasse Kaffee.
»Was muß ich noch sagen? Bringen Sie es nicht fertig, jemanden alleinzulassen?« sagte sie.
»Ich glaube, Sie brauchen einen Freund.«
»Und der wollen Sie sein? Das ist der reinste Witz.«
»Ich kenne Baxter. Wenn Sie mit ihm eine Abmachung haben, wird er Sie über den Tisch ziehen.«
Sie schluckte, entweder vor Wut oder aus Angst.
»Was ist los mit Ihnen? Wollen Sie, daß ich umgebracht werde?« sagte sie.
»Sie sollten in ein Flugzeug steigen, Kim. L. A. ist wunderbar zu dieser Jahreszeit. Ich kann Ihnen etwas Geld besorgen.«
Sie setzte wieder einen starren Blick auf und atmete schwer, tief unten in der Brust.
»Sie sind ein Bulle«, sagte sie. »Immer noch.«
»Sie sollten sich besser mal meine Akte ansehen. Cops, die so viel auf dem Buckel haben wie ich, werden mit Vorliebe zur Hintertür rausbugsiert.«
»Ich kann’s mir nicht leisten, mich mit Ihnen abzugeben. Ich bitte Sie ein letztes Mal, bleiben Sie mir vom Leib.«
»Sie sind ein nettes Mädchen. Sie verdienen das, was Ihnen bevorsteht, nicht.«
Sie wollte noch etwas sagen, aber die Worte blieben ihr buchstäblich im Hals stecken, als hätte sie eine große Luftblase verschluckt. Dann nippte sie an ihrem Manhattan, setzte sich gerade und gab dem Barkeeper ein Zeichen.
»Dieser Mann belästigt mich«, sagte sie.
Er war jung, und seine Augen warfen erst mir und dann ihr nervöse Blicke zu.
»Haben Sie gehört, was ich gesagt habe?« sagte sie.
»Ja.«
»Würden Sie ihm bitte sagen, daß er gehen soll?« sagte sie.
»Mein Herr, Sie haben gehört, wozu die Lady Sie aufgefordert hat«, sagte der Barkeeper. Er trug ein langärmliges weißes Hemd und eine schwarze Fliege, und sein Haar war blond und mit Gel nach hinten gekämmt.
»Ja, das hab ich sehr wohl gehört, Partner. Ich weiß nur nicht, wo ich sonst hingehen soll.«
»Würden Sie ihm bitte sagen, daß er sich verflucht noch mal aus der Bar scheren soll?« sagte sie.
»Miss, bitte werden Sie nicht laut.«
»Ich habe einen Drink bestellt. Das bedeutet nicht, daß ich es mir gefallen lassen muß, einen Dildo neben mir sitzen zu haben, während ich ihn trinke. Sagen Sie ihm, er soll verschwinden.«
»Miss, bitte.«
»Was muß ich noch sagen, damit Sie mich endlich verstehen?« sagte sie.
Andere Leute hatten mit Essen und Trinken aufgehört und sahen zu uns
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