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Flamingos im Schnee

Flamingos im Schnee

Titel: Flamingos im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wendy Wunder
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Leuchtturm wie eine überdimensionale Geburtstagskerze aus dem Inselkuchen heraus.
    »Campbell! Hierher! Wie schön, dass du kommen konntest!«, rief Asher, die Hände trichterförmig an den Mund gelegt, um die Brandung zu übertönen. Er winkte ihr von der Insel zu, wo er den Landeplatz der Seilrutsche bewachte.
    »Ja, danke für die Einladung«, entgegnete Cam sarkastisch, aber sie wusste, dass er sie nicht hören konnte.
    Neben ihr am oberen Ende der Rutsche stand ein Typ mit breiter Brust und braunen Locken. Er trug einen nach Privatschule aussehenden, orange-grau gestreiften Pulli mit Ellbogenflicken. Diese Leute hier waren offenbar direkt einem Katalog von Land’s End entstiegen. Sie wettete, dass sie auch so affige Namen wie diese Katalogfarben hatten, so was wie Logan oder Basil oder Persimone oder Salvia.
    »Wie heißt du?«, fragte sie den Jungen.
    »Royal.«
    Siehste , dachte Cam.
    Royal reichte ihr einen rostigen, umgedrehten Fahrradlenker, aus dessen Griffen rosa Bänder heraushingen. Der Lenker war mit einer Seilrolle verbunden, die über ein gespanntes Nylonseil lief. Das Seil war auf dem Festland an einem Baum befestigt und auf der Insel an einem Laternenpfahl.
    Neben der Seilrutsche befand sich ein kleines seilbahnartiges Vehikel, das von dem vernünftigen Leuchtturmwärter benutzt wurde. Es hing ebenfalls an einer Rolle, aber in der Gondel konnte man sich selbst gemächlich, Hand über Hand, an einem dicken Draht voranziehen.
    »Warum kann ich nicht damit fahren?«, schrie Cam zu Asher hinunter.
    »Die dürfen wir nicht anrühren«, antwortete er.
    »Wir dürften eigentlich sowieso nicht hier sein, oder?«
    »Es macht mehr Spaß mit der Rutsche. Komm, versuch es«, schmeichelte er.
    »Du lehnst dich einfach nach hinten und schwingst die Beine hoch«, erklärte Royal hilfsbereit.
    Er hielt ein weiteres, dünneres Seil in der Hand, das nur mit dem Lenker verbunden war und mit dem er ihn für den nächsten Fahrgast wieder hoch zur Startrampe ziehen würde.
    Cam stieg auf.
    »Warte. Sicherheit geht vor«, sagte Royal und gab ihr eine knallorangefarbene Schwimmweste.
    »Wozu das denn?«
    »Falls du reinfällst.«
    »Bin ich nicht sowieso tot, wenn ich reinfalle?«
    »Nicht unbedingt. Hier.«
    »Warum ist die nass?«, wollte Cam wissen. War vor ihr bereits jemand reingefallen?
    »Das klappt schon, bestimmt«, sagte Royal.
    Trotz der eiskalten Schwimmweste, die sie überziehen musste, fing Cam an zu schwitzen. Es war schon seltsam, wie ihr Körper routinemäßig alle Angstsymptome zeigte, obwohl er das eigentlich nicht mehr nötig hatte. Wenn sie ohnehin bald sterben würde, kam es ja wohl nicht darauf an, ob sie von einer Klippe sprang oder in einem elenden Krankenhausbett verschied.
    Los geht’s , dachte sie, lehnte sich zurück und hob die Beine an.
    Der Wind pfiff ihr um die Ohren, sodass sie nichts anderes mehr hörte. Es war eher wie fallen als wie fliegen. Sie hatte keine Kontrolle mehr über sich, und ihre Glieder fühlten sich gummiartig an vor Angst, aber es war eine lustvolle Angst. Asher fing sie unten auf, indem er seine großen Hände um ihre Schwimmweste legte.
    Unwillkürlich fasste sie nach seiner Hand. Sie spürte seine hervortretenden Knöchel wie Astknoten, die von ebenso flaumigen Haaren bedeckt waren wie seine Beine. Er war stark und sanft, und für den Bruchteil einer Sekunde fühlte Cam sich sicher. Ein Gefühl, das sie schon lange nicht mehr verspürt hatte.
    »Verstehst du jetzt, was ich mit dieser Rittersache meine?«, fragte sie. »Ich glaube, du hast da ein Problem. Ein Helfersyndrom oder so was.« Sie rang nach Atem, als er sie auf dem Strand absetzte und darauf achtete, dass sie sicher stand.
    »Das hat Spaß gemacht, oder?«
    »War ganz nett«, erwiderte sie nur, denn sie wollte nicht allzu überschwänglich klingen.
    Dann fiel ihr etwas ein. »Hey, wie kommen wir eigentlich wieder zurück?« Die Rutsche funktionierte natürlich nur in dieser Richtung, weil die Insel tiefer lag als das Festland.
    »Manchmal nehmen wir die Gondel«, sagte Asher. »Oder Kajaks.«
    Kajaks? , dachte Cam. Auf den wenigen Partys, an denen sie in Florida teilgenommen hatte, hatten die Mädchen sich in Bikinis am Pool gerekelt, während die Jungen irgendein blödes Saufspiel spielten und in der Hoffnung auf ein verrutschtes Oberteil umherstreiften. Die Kids hier in Maine waren ehrgeizig.
    »Die Party findet da drüben statt«, sagte Asher. »Immer den Trommeln nach.«
    Normalerweise hätte sie

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