Flamingos im Schnee
Eifersüchtig.«
»Verstehe. Tja, also ich bin sehr, wie sagt man? Angewidert. Angewidert von dir, weshalb du jetzt bitte deine Hand da wegnehmen wirst.«
»Campbell, sei doch nicht so. Lass uns einen Kaffee trinken gehen. Autumn ist beschäftigt. Sunny hat sie dazu gebracht, mit der Kapelle zu marschieren und Fähnchen zu schwenken.«
»Nein, Alec, ich möchte keinen Kaffee mit dir trinken, vielen Dank. Ich bin auf der Suche nach einem grünen Ballon.«
Sie ließ ihn stehen und fühlte sich auf einmal schwindelig. Ihre Hände wurden feucht. Ihr Atem ging mühsam. Würden die Leute wissen, wen sie verständigen mussten, wenn sie jetzt hier auf der Stelle starb? Oder würde sie nicht mehr dazu kommen, sich zu verabschieden?
Vielleicht lag es daran, wie sie am Morgen aufgewacht war, jedenfalls dachte sie heute viel an den Tod. Sie dachte daran, wie es passieren würde … Ihre Lungen, die sich langsam mit Flüssigkeit füllten, das Ertrinken im eigenen Bett, plötzlich keine Luft mehr zu bekommen, dann nichts mehr zu sehen und zu hören, schließlich nicht einmal mehr träumen zu können. Ohne Liebe zu sein. Das war das Traurigste und Beängstigendste daran. Auf einmal für immer ohne Liebe zu sein.
Cam verscheuchte diese Gedanken, weil es ihr damit nicht besser ging. Sie fing zu hyperventilieren an, dann stürzte sie, und wieder wurde alles schwarz.
»Es war ein Panikanfall, Campbell«, erklärte Alicia.
»Hä?«
»Du sollst nicht denken, dass das was Schlimmes war. Du hattest einfach einen Panikanfall. Deine Werte sind alle in Ordnung. Der Doktor kann dir was verschreiben. Ein bisschen Ativan. Irgendetwas zur Beruhigung. Dann fühlst du dich wie neugeboren.«
»Hat deine Pizza gewonnen?«, fragte Cam benommen, während sie die nüchterne Arztpraxis registrierte, in der sie sich befanden.
»Ich hatte keine Zeit, sie hinzubringen, aber wir können sie essen, wenn du nach Hause kommst.«
Perry saß auf einem Stuhl am Fenster und tippte auf ihrem iPhone herum. Neben dem Stuhl stand eine Papiertüte, die von dem Sammelsurium ihres Teils der Schnitzeljagd überquoll. Eine Wäscheklammer, eine Sonnenblende, ein Baseballschläger aus Plastik …
»Ich hab’s schon wieder gemacht, Perry, stimmt’s?«
»Was?« Ihre Daumen flogen immer noch über das Keypad.
»Dir etwas verdorben, worauf du dich gefreut hast.«
»Ist schon gut.«
»Nein, ist es nicht. Können wir jetzt wenigstens nach Hause gehen und Pizza essen?«
»Natürlich, es gibt reichlich. Ich hatte so viele Tomaten. Du kannst ein paar Freunde einladen«, sagte Alicia.
»Ha!«, rief Perry, ohne aufzusehen. »Als ob sie welche hätte.«
Wie aufs Stichwort kamen in diesem Moment Asher, Sunny, Royal und Autumn sans Alec herein.
»Wir wollten nur mal sehen, wie es dir geht«, sagte Asher.
»Also, das ist jetzt echt ein Wunder«, stellte Perry fest, nahm ihr Notizbuch heraus und verkündete laut, was sie schrieb: »Nummer vierzig: Campbell … hat … Freunde .«
»Vielen Dank, Perry«, sagte Cam.
Perry zwinkerte ihr zu.
»Gut, dann alle mal raus hier«, ordnete Alicia an. »Lust auf Pizza, Leute?«
»Perry, das solltest du wirklich in deinem Notizbuch festhalten.«
Die Pizza war das reinste Wunder. Der Teig war weich und elastisch, und der Käse zog sich in dünnen Fäden vom Mund weg. So, wie es sein musste. In eine Pizza hineinzubeißen sollte ein geräuschloser Vorgang sein. Es gab nichts Schlimmeres als eine krachend knusprige Pizza, bei der der Käse in einem Stück herunterglitt.
Und die Tomatensoße – die Soße war ein Gedicht. Nicht zu süß oder zu salzig oder zu scharf, sondern genau richtig, und sie verband den Blasen werfenden Käse perfekt mit dem glatten Teig darunter. Alicia ging herum und servierte ihren Gästen ein Blech nach dem anderen.
Es waren alle da, die sie kannten. Die Hulafreundinnen ihrer Mutter, Perrys Mädchenbande, Cams Katalogmodelle, die glücklicherweise ihre patriotischen Alter Egos abgeworfen hatten und wieder ihren gewohnten, gewollt lässigen Stil trugen. Sogar Elaine war gekommen, zusammen mit Smitty, dem Koch vom Hummerlokal. Es war eine herrlich spontane Zusammenkunft, wie es sie früher öfter bei Cam zuhause gegeben hatte, bevor sich alles veränderte.
Sie saßen alle an einem langen Tisch, den Asher auf den Rasen mit Blick zur Bucht hin aufgestellt hatte. Sie warteten darauf, dass die Orcas ihre rituellen Sprünge aus dem Wasser vollführten, und danach warteten sie auf die Dunkelheit und den
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