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Flamme der Freiheit

Flamme der Freiheit

Titel: Flamme der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgid Hanke
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fiel Eleonora der Abschied von den beiden Alten nicht. Sie waren zwar etwas widerstrebende, dennoch hilfsbereite Gastgeber gewesen. Aufrichtige Menschen, die sie waren, hatte sich Eleonora bei ihnen geborgen gefühlt.

22
    E ine knappe Woche später hatte Eleonora ihre erste Stellung als Köchin.
    Sicherheitshalber nahm sie zuvor äußerlich einige notwendige Veränderungen an sich vor. Ihr langes blondes Haar verschwand unter einer gefältelten Haube. Mit Bedacht erarbeitete sie sich eine andere Sprechweise, lauschte sich den örtlichen Dialekt ab. Mit ihrem geschulten Ohr gelang es ihr sehr schnell, ihn sich innerhalb weniger Wochen anzueignen. Noch gewürzt mit einigen deftigen Redensarten, die sie bei Kutschern und Stallburschen aufschnappte, nahm ihr jedermann die junge resolute Köchin aus der Mark Brandenburg ab. Derlei gewappnet, zog Eleonora zwischen ihrem einundzwanzigsten bis fünfundzwanzigsten Lebensjahr von Haus zu Haus. Niemals erhielt sie jedoch eine Kündigung. Mehrere brenzlige Situationen musste sie durchstehen. So befand sie sich gerade in ihrem ersten Vorstellungsgespräch mit einem wohlhabenden Apothekerehepaar in Neuruppin, als plötzlich ein Dienstmädchen, ohne anzuklopfen, in das Kontor der Geschäftsräume polterte. Keuchend und nach Atem ringend blieb es mitten im Raum stehen. Unwillig runzelte die Frau des Apothekers die Stirn.
    »Also, Josefa, ich muss doch sehr bitten!«, sagte sie entrüstet.
    »Verzeihung, Gnädigste, aber eben kam eine Kutsche aus Berlin mit einer schlechten Nachricht«, stieß Josefa hervor.
    »Und welche«, wollte der Apotheker wissen.
    »Prinz Louis Ferdinand ist vorgestern Nacht bei einem Gefecht mit den Franzosen in Saalfeld gefallen!«
    Eleonora entfuhr ein leiser Schrei. Der Apotheker wurde aschfahl. Seine Frau war gleichfalls bestürzt, dennoch war ihr die Reaktion des vor ihr stehenden Mädchens nicht entgangen.
    »Der Tod des Prinzen scheint Ihnen wirklich nahezugehen«, sagte sie fast wohlwollend. »Dennoch eine übertriebene Reaktion für ein Mädchen Ihrer Herkunft, meine Liebe.«
    »Das ist das Ende!«, flüsterte Eleonora, unbewusst die Prophezeiung von Gräfin Dorothea nach der Niederlage von Austerlitz wiederholend.
    Die Apothekerin betrachtete sie prüfend. »Sie haben ja Tränen in den Augen«, stellte sie überrascht fest. »Sie tun ja geradezu so, als hätten Sie den Prinzen persönlich gekannt.«
    Eleonora schluckte.
    »Nach dem Heldentod dieses Prinzen ist das Ende Preußens nicht mehr fern«, verkündete der Apotheker mit düsterem Pathos.
    »Sie können morgen Ihre Stellung hier im Hause antreten, Christine. Ich weiß Ihre Loyalität zum preußischen Königshaus sehr zu schätzen«, sagte seine Frau.
    Im Lauf der nächsten Monate lernte das Apothekerehepaar auch noch Eleonoras Kochkünste zu schätzen. Nachträglich zahlten sich so ihre häufigen Besuche in Babettes Reich aus. Wie oft hatte sie der Köchin bei der Zubereitung zahlreicher Speisen zugeschaut, neugierige Fragen gestellt, sich etwas erklären lassen oder tatkräftig geholfen.
    Charlotte und Sophie hatten sich kurz vor ihrer Heirat für einige Wochen nochmals unter Babettes Obhut begeben müssen. Sie brachte ihnen zunächst das Einmaleins der deftigen Brandenburger Küche bei und weihte sie zum krönenden Abschluss in die Feinheiten der französischen Küche ein. Der Einfachheit halber hatte Eleonora dabei gleich mitgemacht und im Gegensatz zu den beiden Komtessen sogar richtig Spaß daran gewonnen. Das kam jetzt der großen Familie des Apothekers Pistor in Neuruppin zugute. Es hätte für Eleonora eine Lebensstellung werden können.
    Eigentlich hatte Eleonora dem Apotheker nur seinen gewohnten Mokka bringen wollen, den er am späten Nachmittag zu sich zu nehmen pflegte, wenn er sich für eine halbe Stunde aus dem Laden in seine Bibliothek zurückzog. Nur in den seltensten Fällen wich Apotheker Pistor von dieser festen Gewohnheit ab. Es musste mindestens der Herr Pfarrer oder der Arzt sein oder gar eine Durchlaucht oder Erlaucht von den benachbarten Gütern, die ihn dazu bewegen konnten, auf seine geliebte Pause zu verzichten. An diesem Nachmittag war er jedoch mit seinem besten Freund und Hausarzt der Familie in einen heftigen Disput geraten, so heftig, dass er die Zeit darüber vergaß, die Eleonora umso besser zu nutzen verstand. Schon häufiger hatte sie ihren Blick sehnsüchtig verstohlen über die hohen Bücherregale der wohlsortierten Privatbibliothek wandern lassen. Es

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