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Flamme der Freiheit

Flamme der Freiheit

Titel: Flamme der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgid Hanke
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sie, indem sie die Hosenbeine unten einmal umschlug. Und welche Schuhe? Ihre Stiefeletten mit dem kleinen Absatz passten fast perfekt. Beim Hinausgehen griff sie noch nach einem alten Jagdhut von Graf Ludovic, der vergessen an einem Haken hing. Verwegen drückte sie ihn sich in die Stirn und machte sich auf den Weg hinüber zu den Stallungen.
    »Wo willst du denn hin?«, empfing sie ein Stallbursche und stellte sich ihr in den Weg.
    Eleonora lachte hellauf.
    »Demoiselle Prohaska?«, schnaufte er entsetzt. »Verzeihung, ich habe Sie nicht erkannt.« Bereitwillig machte er ihr Platz, so dass sie ihren Weg hinter den Pferdestall fortsetzen konnte.
    Verblüfft starrte auch Alexander sie an, als sie sich unternehmungslustig vor ihm aufbaute.
    »Hübscher Bengel!«, sagte er grinsend. »Der Alte Fritz und erst recht sein Bruder Heinrich hätten ihre wahre Freude an dir gehabt. Und jetzt zu den Waffen, Kamerad!«
    Alexander war ein guter Lehrer und Eleonora eine gelehrige Schülerin. Im Nu hatte sie erfasst, wie ein Gewehr zu spannen, anzulegen und unter der Schulter zu fixieren war.
    Einige Probeschüsse durfte sie einfach hoch in die Luft ballern, um ein Gefühl für Schuss und Rückstoß zu bekommen. Schon gleich danach ließ er sie das erste Ziel anvisieren. Am Ende einer unbenutzten Pferdekoppel hatte er am Stamm einer alten Eiche eine große Scheibe angebracht.
    »Das Ziel immer über die Kimme anvisieren. Nur mit einem Auge.«
    Eleonora tat, wie ihr geheißen.
    »Ganz tief atmen und konzentrieren.«
    Eleonora atmete tief durch, sammelte sich. Erst als sie das Gefühl hatte, ganz still zu stehen, und das Ziel direkt über der Kimme im Auge hatte, drückte sie ab. Sie traf die etwa achtzig Meter weit entfernte Scheibe fast in der Mitte.
    Sprachlos starrte Alexander sie an. »Noch einmal!«
    Eleonora wiederholte konzentriert den gesamten Ablauf, den sie soeben erlernt hatte. Wieder traf sie die Scheibe.
    Alexander schüttelte den Kopf. »Noch mal!«
    Eleonora schoss. Dieses Mal traf sie nur den Stamm der alten Eiche.
    Alexander atmete auf. »Ich dachte schon«, hub er an.
    »Was dachtest du?«
    »Ich dachte, das geht nicht mit rechten Dingen zu«, fuhr er fort. »Ich habe ja schon etliche meiner Rekruten in die Anfangsgründe des Schießens eingeweiht. Deshalb ging ich davon aus, dass du die ersten Male noch nicht einmal den Baumstamm triffst. Das erste Mal war ja dann wohl ein Zufall, typisches Anfängerglück.«
    Eleonora kniff das linke Auge zusammen, visierte die Scheibe über der Kimme und schoss. Diesmal traf sie genau in die Mitte der Scheibe.
    »Hast du jemals zuvor ein Gewehr in der Hand gehabt? Hast du jemals zuvor einen Schuss abgegeben?«, fragte Alexander zweifelnd.
    »Jamais«, Eleonora schüttelte den Kopf und schoss lächelnd noch einmal, »das wäre doch für eine Frau meiner Erziehung überhaupt nicht comme il faut.« Es machte ihr Spaß, nicht nur zu schießen, sondern Alexander noch mehr aus der Fassung zu bringen. Es gelang ihr, denn auch diesmal traf sie die Scheibe.
    Sie schulterte das Gewehr, machte kehrt und marschierte los.
    »Wohin willst du denn?«, rief ihr Alexander hinterher.
    »Ein bisschen mehr Distanz zwischen Ziel und Schützen bringen«, rief Eleonora großspurig zurück. Kopfschüttelnd folgte er ihr. Nach etwa fünfzig Metern blieb Eleonora stehen und drehte sich wieder zum Ziel um. Mit zusammengekniffenen Augen schätzte sie die neue Entfernung ab. Sie kniete nieder und legte an.
    »Was machst du da? Bist du verrückt geworden?«, schrie Alexander. Er wollte ihr das Gewehr entreißen. Sie wehrte sich.
    »Lass mich!«
    Verblüfft ließ er sie gewähren. Eleonora schoss, diesmal aus dem Kniestand. Auch aus der neuen Entfernung traf sie die Schießscheibe, im unteren Drittel.
    »Nicht in der Mitte!«, triumphierte Alexander.
    »Das war von mir beabsichtigt«, behauptete Eleonora gelassen. Sie spannte noch einmal und legte an. »Wo soll ich jetzt treffen?«
    »Die linke Hälfte am Außenrand.«
    Eleonora schoss und traf, wie ihr geheißen.
    Alexander verlor die Fassung. Er ließ sich zu Boden fallen und schlug die Hände vors Gesicht. Es sah aus, als würde er sich jeden Moment auf der Erde wälzen.
    »Das gibt es nicht, das gibt es doch gar nicht. So etwas habe ich noch niemals erlebt. Kommt dieses Frauenzimmer daher, hat noch niemals ein Gewehr in der Hand gehabt und schießt wie ein oller Soldat.« Mit beiden Fäusten trommelte er auf den Boden. »Das gibt es doch gar nicht, das

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