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Flamme der Freiheit

Flamme der Freiheit

Titel: Flamme der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgid Hanke
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würde. Mit seiner Schwerhörigkeit würde ihr Vater das Weinen seiner Enkelin doch gar nicht hören. Konnte er ihr überhaupt die Flasche geben?
    »Du solltest wirklich mehr essen«, rügte Prohaska beim Abendessen. Eleonora nickte stumm, aber sie bekam keinen Bissen hinunter. Ihr Vater hatte keine Ahnung, dass unter ihrem Bett bereits ein fertig geschnürtes Reisebündel lag. Aus dem Nebenzimmer meldete sich Rieke.
    »Sie hat Hunger«, sagte er. Er erhob sich, ging in das Schlafzimmer, kehrte mit dem schreienden Baby zurück, setzte sich wieder auf den Stuhl und wiegte seine Enkelin im Arm. Kurz entschlossen drückte ihm Eleonora das frisch zubereitete Fläschchen in die Hand.
    »Was soll ich denn damit?« Ihr Vater war richtig entsetzt.
    »Ihr zu trinken geben.«
    Er stellte sich ein bisschen ungeschickt an, aber nur wenige Minuten später hielt er die Flasche richtig. Mit einem seligen Lächeln beobachtete er seine trinkende Enkelin.
    »Kannst du sie heute Nacht ausnahmsweise einmal zu dir nehmen?«, fragte Eleonora.
    »Warum?«
    »Ich möchte einmal eine Nacht durchschlafen. Schau, ich habe hier schon zwei weitere Flaschen vorbereitet, um heute Nacht nicht am Herd stehen zu müssen. Sie sind also schon fertig. Ich halte sie im Wasserbad warm. Du musst sie ihr nur noch geben, wenn sie danach verlangt. Die eine um Mitternacht und dann wohl erst wieder gegen sechs Uhr in der Frühe.« Sie hielt inne. Ihr Vater sollte nicht merken, wie wichtig ihr das war und dass sie immer aufgeregter wurde.
    Überrascht schaute er zu ihr empor. Er, ein Mann, sollte sich um einen Säugling kümmern, eine ganze Nacht lang, dessen Schlaf bewachen, ihm die Flasche geben? Das war doch Frauensache.
    »Bitte, Vater.«
    Eleonora hatte ihren Vater noch nie um etwas gebeten. Er überlegte. Es dauerte eine Weile. Sie beobachtete ihn gespannt.
    »Nun gut, ich werde sie diese Nacht zu mir nehmen und füttern. Ist ja verständlich, wenn du mal wieder an einem Stück durchschlafen möchtest. Dieser kleine Racker hat dich die letzten Wochen ganz schön auf Trab gehalten.«
    Erleichtert atmete Eleonora auf. »Danke, Vater!«
    »Ist schon gut, Eleonora«, erwiderte er. »Ist ja keine Schande, sich um seine Enkelin zu kümmern. Ist ja auch nur für eine Nacht.«
    Eleonora wandte sich ab. Wenn du wüsstest, dachte sie.

33
    E leonora hinterließ keinen Brief, keine Erklärung für ihren Vater. Nur zwei Zeilen kritzelte sie an den Rand des königlichen Aufrufs an seine Untertanen.
    »Bitte kümmere Dich um Rieke, Deine Enkelin. Wenn Du Fragen hast, wende Dich an Marie. Sie wird Dir weiterhelfen. Eleonora«
    Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass ihr Vater und Rieke fest eingeschlafen waren, wechselte sie ihre Garderobe in der winzigen Schlafkammer. Sie schlüpfte in Vaters alte Hose, Hemd und Weste. Viel zu wenig. Sie zog eine Strickjacke darüber. Auch damit würde sie in einer kalten Märznacht immer noch frieren. Gut, dass sie wenigstens hohe Winterstiefel mit auf ihre Wanderschaft nehmen konnte. Marie hatte sie ihr geschenkt.
    »Versuch sie mal, unser Emil ist aus ihnen rausgewachsen. Der hat ja nach seiner Konfirmation so einen Sprung gemacht. Sie sind viel zu schade zum Wegwerfen und können dir vielleicht noch gute Dienste tun.«
    Das konnten sie in der Tat, denn mit einem Paar dicker Wollsocken lief es sich in ihnen sogar richtig gut. Eleonora hatte die schwarzen Stiefel heute noch mal richtig gut eingefettet und poliert. Sie war froh, dass sie schon eingelaufen waren. Nichtsdestotrotz, obenherum war sie auch mit Strickjacke immer noch viel zu dünn angezogen. Da fiel ihr etwas ein. Sie öffnete den Kleiderschrank. Wehmütig strich sie über ihre bescheidene Garderobe. Diese Sachen konnte sie alle nicht mehr tragen. Bis auf eine Ausnahme. Sie streifte den schützenden Leinensack von Gräfin Dorotheas Zobel und nahm ihn vom Bügel.
    »Beinahe hätte ich dich vergessen.«
    Eleonora wusste nicht, wie sie die nächsten kalten Nächte ohne diesen dicken Mantel überstanden hätte.
    In den ersten Tagen kam sie nicht sehr weit. Es dauerte, bis sie ihren Marschrhythmus gefunden hatte. Vielleicht war sie auch nicht ganz so schnell, weil sie zunächst gar nicht wusste, wohin sie überhaupt marschieren wollte. Sie hatte eigentlich gar kein Ziel, ging einfach drauflos. Sie wollte zu den Soldaten, wusste aber nicht, wie man das eigentlich anstellte. Als Frau hatte sie sich darüber niemals Gedanken machen müssen. Aber sie war doch gar keine Frau mehr.

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