Flamme der Leidenschaft - Roman
wünschte, Sie hätten mich verständigt, denn das Haus ist unbewohnbar. Über allen Möbeln liegen Staubdecken. Die meisten Räume sind nicht gelüftet. Seit einem Monat wurde die Bettwäsche nicht gewechselt. Weder ein Stubenmädchen noch eine Köchin gehen mir zur Hand …«
»Heute Abend müssen Sie nur ein Zimmer für Miss King herrichten.« Lässig betrat Lord Edgington die Halle, zog seinen Mantel aus und reichte ihn der Frau. »Bestellen Sie
irgendwo ein Dinner. Wie viele Domestiken benötigt werden, können Sie morgen mit Miss King erörtern. Zweifellos wird die übliche Anzahl genügen. Schicken Sie außerdem nach Madame Rochelle, wir brauchen eine vollständige Garderobe. Sagen Sie ihr, Miss King soll ein unschuldiges Mädchen darstellen, sie darf keine eigenen Entscheidungen treffen.«
»Sehr wohl, Mylord«, sagte Mrs Pershing, nicht im Mindesten verblüfft über diese bemerkenswerten Anordnungen. Sie ergriff den Mantel und den Hut Seiner Lordschaft. Dann warf sie Maggie einen flüchtigen Blick zu, während sie ihr das Bündel und die Handschuhe abnahm, und stieg die Treppe hinauf.
Ihr Gleichmut bestätigte Maggies Verdacht. In diesem Haus wohnten sehr oft Frauen von fragwürdiger Herkunft, sie selbst war einfach nur die Letzte einer langen Reihe. Alles klar, dachte sie. Der Baron würde ihr mitteilen, wann er - dies oder jenes von ihr erwartete.
»Morgen wird Mrs Pershing Sie durch das untere Geschoss führen«, kündigte er an und wies mit dem Kinn zu einer Tür, hinter der vermutlich der Küchentrakt lag. »Den Rest des Hauses zeige ich Ihnen, während sie Ihr Zimmer herrichtet.«
»Einverstanden, Mylord«, erwiderte sie, obwohl er ihr keine Frage gestellt hatte.
Der Baron öffnete eine Tür und ließ ihr den Vortritt in einen dunklen Raum. Nur zögernd trat sie über die Schwelle. Er griff an ihr vorbei, und sie sprang instinktiv zur Seite. Zischend erwachte das Gaslicht eines Wandleuchters zum Leben,
Maggie sah einen runden Tisch in der Mitte des Zimmers, unter einer weißen Staubdecke versteckt. Vor dem Erkerfenster stand eine ebenfalls verhüllte Sitzgruppe.
»Das Damenzimmer, für den Morgenaufenthalt«, erklärte er lakonisch.
In Maggies Brust breitete sich ein eigenartiges Gefühl aus, teils staunende Skepsis, teils verwirrendes Entzücken. Ein Zimmer, nur für den Morgen bestimmt. Und es würde ihr gehören, zumindest für einige Zeit. Ein Raum für das Frühstück, die erste Tasse Tee am Tag, völlig überflüssig und so groß wie ihre ganze Dreizimmerwohnung in St. Giles.
Langsam wanderte sie umher, berührte die Möbel unter den Staubschonern, wagte kaum zu glauben, dass dies Wirklichkeit war, und fragte sich besorgt, was die Instandhaltung eines solchen Hauses kosten mochte. Wenn sie hier wohnte - würde sie mit der entsprechenden Gegenleistung klarkommen? Plötzlich wirkte Lord Edgington, der bei der Tür stand, bedrückend in seinem schwarzen Gehrock, die Augen und das Haar vom Gaslicht vergoldet.
»Wenn Sie wollen, können Sie die Staubtücher entfernen«, sagte er mit seinem entnervenden Gleichmut.
Maggie starrte ihre Hand an, die auf der verdeckten Tischplatte lag, krallte schweigend die Finger um den wei ßen Stoff und zog ihn herunter. Wispernd und raschelnd glitt er über das glatte Holz und landete in einer bauschigen Wolke auf dem grünen Teppich.
Die Mahagonifläche schimmerte dunkel im schwachen Lampenschein. Wieder einmal wurde sie von einem Gefühl sonderbarer Irrealität erfasst. Sie wandte sich ab und befreite
die anderen Möbel von den Staubschonern. Immer schneller bewegte sie sich, in wachsender Verblüffung.
Bald lagen alle Tücher zerknüllt am Boden, nachdem sie glänzendes Holz und üppige Polsterungen entblößt hatten, eine wahre Pracht, obwohl sie wusste, dass die Einrichtung nicht kostbar genug war, um auch nur die Abstellkammern in Lord Edgingtons Residenz zu füllen.
Eine dunkle Tür führte zu einem Zimmer im Hintergrund des Erdgeschosses, Maggie ging darauf zu. Dabei schaute sie den Baron unsicher an. Zustimmend nickte er, sie trat ein und tastete an der Wand nach einem Lichtschalter.
Hinter ihr näherte sich der Schatten Seiner Lordschaft.
Sekunden später flammten zwei Wandleuchter zu beiden Seiten eines Kamins auf. Das Speisezimmer. Maggie zog die großen Tücher vom ovalen Esstisch, dann von einem Schreibtisch an der Wand. Atemlos und immer noch ungläubig bewunderte sie die gediegene Ausstattung. Dann drehte sie sich zu Lord Edgington um,
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