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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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Messer und stürzte nach vorn. Ehe er sie abwehren konnte, hatte sie ihm die Klinge in die Körpermitte gerammt. Von Jess wusste sie, dass sich die Wirkung eines solchen Angriffs verstärkte, wenn man die Klinge noch im Fleisch steckend hin und her drehte. Sie vollführte die Bewegungen beinahe mechanisch.
    William torkelte stöhnend zurück und fiel auf den Rücken, dabei riss er sie mit sich zu Boden. Röchelnd lag er vor ihr. Baba war auf ihren Knien gelandet. Noch immer hielt ihre Hand das Messer umklammert.
    «Du verdammte, dreckige Hure!», keuchte William. «Ich hätte dich eigenhändig umbringen sollen. Stattdessen habe ich mich auf meinen Trottel von Aufseher verlassen.»
    Baba starrte ihm mit aufgerissenen Augen ins Gesicht und beobachtete, wie es mit dem einflussreichen Lord William zu Ende ging. Noch im Todeskampf verzog er seinen Mund zu einem gehässigen Grinsen.
    «Sie werden dich kriegen, das schwöre ich dir. Und dann werden sie dich lynchen. So wie sie es mit deinem Sohn machen werden, den du selbst mit meinem Tod nicht mehr retten kannst», stieß er atemlos hervor.
    «
Unser
Sohn», verbesserte sie ihn tonlos. «Jess ist
unser
Sohn.»
    William wollte noch etwas erwidern, doch seine Stimme erstarb, und sein Körper wurde schlaff. Mit gebrochenen Augen starrte er ins Leere. Es dauerte eine Weile, bis Baba sich von dem Anblick zu lösen vermochte. Als sie aufstand und an sich herabschaute, sah sie, dass sie über und über mit Blut besudelt war. Doch das war ihr egal. Genauso leise wie sie gekommen war, verließ sie das Zimmer und stolpert beinahe über Estrelle und Jeremia, die angsterfüllt vor der Tür gewartet hatten.
    «Es ist vollbracht», verkündete Baba nicht ohne Stolz. «Er ist tot.»
    Estrelle schlug sich die Hände vors Gesicht und schluchzte: «Wenn Edward herausfindet, wie es geschehen ist, wird er uns alle hängen lassen!»
    «Das wird er nicht – wenn ihr die Klappe haltet!» Baba schaute sich auffällig um. «Wo ist das Mädchen?»
    «Willst du die junge Lady etwa auch noch umbringen?», fragte Jeremia alarmiert.
    «Nein, ich benötige sie für meinen Plan. Bringt mich zu ihr und steckt sie in anständige Kleider. Und gib mir auch etwas Sauberes zum Anziehen. Dann lasst eine Kutsche anspannen. Ich will als ihre Dienerin mit ihr nach Spanish Town reisen. Wir müssen versuchen, Jess zu retten, bevor Edward Blake vom Tod seines Vaters erfährt.»
    «Und was machen wir nun mit Lord Williams sterblichen Überresten?», fragte Jeremia aufgebracht.
    «Säubert den Teppich und werft die Leiche, so wie sie ist, in den Park», bestimmte Baba kalt. «Soll Williams feiner Sohn ruhig denken, dass sein Vater auf dem Weg zu seinen Sklavenhuren von einem Rebellen erstochen wurde.»

Kapitel 31
    Ende Dezember 1831 // Jamaika // Falsche Hoffnungen

    B olton war noch am gleichen Abend in Jess’ Zelle gekommen, um seinen Neuzugang zu verhören. Nachdem Jess wie schon zuvor nicht bereit war, eine Aussage zu machen, und es auch keine Zeugen gab, die für oder gegen ihn ausgesagt hätten, sah der Commodore sich gezwungen, zu drastischeren Maßnahmen zu greifen.
    Dafür ließ er Jess von vier kräftigen Wächtern eine steile Treppe hinunter in eine Kelleranlage schleifen, die unter dem eigentlichen Gefängnisareal lag und deren Hauptportal noch einmal extra mit einem eisernen Vorhängeschloss verriegelt war. Obwohl Jess einiges gewohnt war, nahm ihm der Gestank nach Blut und Fäkalien in den düsteren Gängen beinahe den Atem. Keine Frage, dass an diesem Ort Menschen unerträgliches Leid zugefügt worden war. Der Marsch endete in einer geräumigen Kammer mit niedriger Decke, in der ein unauffälliger Tisch und mehrere Eimer mit Wasser standen.
    «Fesselt ihn auf den Tisch», befahl Bolton kalt und hockte sich wie ein Theaterzuschauer auf einen Stuhl in der Zimmerecke.
    Jess tat alles, was in seiner Macht stand, um nicht auf die starke Eichenholzplatte gebunden zu werden. Auf dieser waren mehrere dicke Lederriemen mit Schnallen angebracht, um die Handgelenke und Fußknöchel der Delinquenten zu fixieren. Die vier grobschlächtigen Sergeants waren jedoch widerspenstige Häftlinge gewohnt und schickten ihn per Faustschlag kurzerhand ins Land der Träume.
    Als Jess von einem Schwall kalten Wassers geweckt wurde, schmerzten ihn Kiefer, Hand- und Fußgelenke, weil er so fest an den Tisch gebunden war, dass er sich kaum noch rühren konnte. Er lag auf dem Bauch, Brust und Hüften fest auf das Brett gepresst.

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