Flamme von Jamaika
brannte.
Die Rauchschwaden über den abgebrannten Zuckerrohrfeldern raubten Edward beinahe den Atem, als er seinen Hengst nach Süden lenkte. An allen strategisch wichtigen Stellen hatten die Rebellen Feuer gelegt, sodass unschwer zu erkennen war, dass ein ausgeklügelter Plan dahintersteckte. Vielleicht war es Glück oder Gottes Wille gewesen, dass der Wind gedreht und das Feuer nicht in die Siedlungen der Umgebung, sondern in eine Sumpflandschaft getrieben hatte, wo es keine weitere Nahrung fand. Doch damit waren die Probleme noch längst nicht gelöst.
Die Johnson-Farm, eine im Gegensatz zu Redfield Hall weitaus kleinere Pflanzung, nicht weit entfernt von Stewart Town, war in der Nacht zuvor von marodierenden Rebellen niedergebrannt worden. Sämtliche Johnsons hatte man mit Macheten abgeschlachtet und die Köpfe der Leichen auf die Pfosten der Zäune aufgespießt. Dabei hatten sich der alte Johnson und seine Söhne keinesfalls kampflos ergeben, wie Augenzeugen zu berichten wussten. Aber irgendwann war ihnen schlichtweg die Munition ausgegangen. Danach hatten die Männer des Hauses verzweifelt versucht, die Frauen auf konventionelle Weise mit dem Degen zu verteidigen. Hilfe hatten sie dabei nicht gehabt, denn die Aufseher der Farm waren zu diesem Zeitpunkt alle draußen bei den Feldern auf Patrouille gewesen, und die restlichen Wachen hatten die Rebellen mit vergifteten Blasrohrpfeilen außer Gefecht gesetzt.
Eine beunruhigende Vorstellung, wie Edward fand. Angeblich hatten die meisten Pfeile die Männer an der Kehle getroffen, und unwillkürlich zog Edward sein Halstuch höher. Staub wirbelte auf, als er und seine Männer ein Sklavendorf ganz in der Nähe erreichten, in das sich die Übeltäter angeblich zurückgezogen hatten.
«Durchkämmt die Hütten!», befahl Edward mit erhobener Stimme.
Im Nu sprangen seine Männer von den Pferden ab und stürmten mit geladenen Pistolen und gezogenen Säbeln die armseligen Strohkaten.
Mit Genugtuung beobachtete Edward vom Rücken seines nervös tänzelnden Hengstes aus, wie die Neger aus ihren Hütten kamen und sich wie flüchtenden Ratten davonmachten. Meist waren es nur Frauen und Kinder. Doch zwei der Flüchtenden waren muskulöse Afrikaner im mittleren Alter, was Edward sofort registrierte.
«Verfolgt sie!», brüllte er seinen Untergebenen zu, die den beiden Negern sogleich mit Eifer nachsetzten.
Während Edward zufrieden beobachtete, wie die flüchtenden Männer unter den Hufen der sich aufbäumenden Pferde zu Fall kamen und unter dem Hagel von Tritten und Peitschenhieben kapitulierten, näherte sich von Süden ein Reiter auf einem Apfelschimmel.
«Sir Edward!», rief der Mann und schwenkte seine Kappe.
Es war einer von Colonel Browns Männern.
«Was gibt’s?», rief Edward dem Milizangehörigen zu, als dieser sich auf zehn Fuß genähert hatte.
«Sie sollen sofort ins Hauptquartier kommen», rief der junge Mann zurück. «Es ist etwas mit Ihrem Vater …»
«Mit meinem Vater?» Edward gab seinem Pferd die Sporen und ritt näher an den Boten heran.
«Sir», wiederholte der Mann ernst. «Es tut mir leid, Sir, aber Ihr Vater wurde allem Anschein nach tot aufgefunden. So wie es aussieht, wurde er im Park Ihres Anwesens von Unbekannten ermordet.»
Edward glaubte, sich verhört zu haben. «Sie müssen sich irren», erwiderte er fassungslos.
«So hat es Colonel Brown mir aufgetragen. Er weiß auch nichts Genaues. Nur so viel, dass Sie und Ihr Oberaufseher vom Dienst freigestellt werden, um der Angelegenheit nachgehen zu können. Sollten Sie weitere Unterstützung benötigen oder sollte womöglich ein Rebellenangriff dahinterstecken, wird er selbstverständlich Truppenverbände nach Redfield und St. Mary beordern.»
Edward war wie vom Donner gerührt.
«Ich … ich kann das nicht glauben», flüsterte er stockend. «Bis auf den Brand vor ein paar Tagen sind wir von Sklavenaufständen doch weitestgehend verschont geblieben. Und mein Vater war doch immer gegen alles gewappnet …»
«Mein Beileid, Sir», sagte der Mann und sah ihn mitfühlend an. «Reiten Sie los und finden Sie heraus, was für Schweine das waren, Sir! Und sobald wir ihrer habhaft werden, spießen wir sie auf, um sie langsam über brennendem Feuer zu rösten.»
«Worauf Sie sich verlassen können», murmelte Edward und gab seinem Hengst die Sporen.
Der warme Wind fegte Lena durch die Kleider, als sie zum Gerichtsgebäude zurückkehrte. Baba, die man inzwischen auf Anweisung von
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