Flammen Der Nacht -4-
seinen Befehlen widersetzt. Stattdessen waren sie Konstantines Taktik auf den Leim gegangen und viel zu früh losgeprescht. Etliche waren jetzt tot, gefällt durch primitive Waffen, und Vadims
zahlenmäßig weit überlegene Mannschaft aus der Ukraine war mittlerweile erheblich dezimiert.
Was noch schlimmer war, falls die Nachricht von diesem Fiasko die Runde machen würde, gälte Vadim bei Auftraggebern wie Gegnern nur noch als Lachnummer. Er hatte einhundertvierzehn Mann aufgefahren: gegen drei Brüder, einen alten kranken Vater, fünf bescheuerte Weiber und einen Zweijährigen. Bis jetzt hatte er mindestens siebzig seiner Leute eingebüßt. Bis jetzt. Dieses Fiasko würde sich nicht verheimlichen lassen — es sei denn, er brächte sämtliche Wilders um. Und das hatte er fest vor. Noch vor Einbruch der Dunkelheit wollte er dieses Ungeziefer vernichten.
Er hatte auch gar keine andere Wahl. Die Explosionen hatten seine beiden eleganten Limousinen in die Luft gesprengt. Er saß hier fest, statt ein neues Leben mit neuem Namen beginnen zu können, finanziert mit dem aus zig Auftragsmorden gescheffelten Gold der Varinskis.
Zumindest war das sein Plan gewesen, falls heute irgendetwas schiefgehen sollte.
Sein Plan hatte jedoch nicht berücksichtigt, dass er ohne fahrbaren Untersatz dastehen könnte.
Ein leises Stöhnen ließ ihn aufmerken.
Georgly. Vadims fähigster Gefolgsmann, sein Bruder und bester Freund, war von einem Heckenschützen getroffen worden, sein Gesicht halb zerfetzt durch die Wucht der Explosion, die die Autos in die Luft gejagt hatte. Er richtete sich mühsam auf, die schwarz verkohlte Haut erneuerte sich, wucherte über die Stelle, wo sein linkes Auge gewesen war. Er stakste orientierungslos
ein paar Schritte, jammernd und humpelnd wie ein altes Weib.
Wertlos. Georgly war wertlos geworden für Vadim.
Das Gejammere ging Vadim tierisch auf die Nerven.
Er zog die Glock aus dem Holster in seiner Achsel und zielte.
Georglys Kopf wirbelte bei dem leisen Klicken herum. Sein verbliebenes Auge weitete sich. Er brachte schützend die Hände vor seinen Brustkorb, als könnte er damit die Kugel abwehren. »Nein. Bitte, Vadim, nicht!«
Vadim schoss ihm mitten ins Herz.
Eine Stimme ertönte dicht an seinem Ohr, so nah, dass Vadim hochfuhr und die Pistole herumschwenkte.
»Warum hast du das gemacht?«, wollte Mikhail wissen. Er war zwar nicht der Hellste seiner Leute, aber erkennbar noch am Leben und putzmunter. Er hatte sich leise herangeschlichen, etwas, was Vadim gar nicht mitbekommen hatte.
»Ich hasse solche Jammerlappen.« Vadim richtete geistesgegenwärtig seine Waffe auf Mikhail.
Letzterer wirkte anders als sonst, irgendwie aggressiver, und seine Stimme klang … merkwürdig. Womöglich hatten die anderen ihn vorgeschickt, um ihren Boss umzulegen. Für Vadim bestand daran kein Zweifel.
Er hätte nämlich genauso gehandelt.
»Hier wird jeder Mann gebraucht. Tot nützt er dir gar nichts. Im Übrigen hast du große Teile meiner Armee verheizt.«
» Deiner Armee?« Vadim griente zynisch. »Wer bist du überhaupt? Ein Nichts, ein Nobody.«
»Du bist Spezialist im Abfackeln.« Schlug Mikhail da etwa kritische Töne an? Versuchte diese Dumpfbacke, ihn, Vadim, zu provozieren? »Ich weiß alles. Du hast Onkel Ivan mit Wodka abgefüllt, dann überall im Haus Benzin ausgeschüttet und ein Streichholz angezündet. War das ein Schauspiel.« Mikhails Stimme klang tatsächlich merkwürdig, sie wurde tiefer und tiefer, als wollte er den Bariton in einer Oper singen. »Reiß dich zusammen und hör mir genau zu. Sieh zu, dass du irgendwo einen vollen Benzinkanister auftreibst. Und Streichhölzer. Fackel das Haus ab. Es ist alt, mit jeder Menge Holzverschalung. Da werden die Weiber, die noch drinnen hocken, brennen wie Zunder.«
»Gute Idee. Ich instruiere die Männer, das Haus zu sprengen.« Vadim wollte sein Gegenüber so schnell wie möglich loswerden. Der Typ war ihm nicht geheuer.
Als er sich fluchtartig zum Gehen wandte, packte Mikhail ihn an der Schulter, seine Umklammerung hart wie Stahl. Vadim fröstelte unbehaglich. »Nein. Kein Sprengsatz. Ich will ein Feuer. Ich bin ganz versessen auf Feuer. Es bedeutet Schmerzen, lange und quälend, und gibt einen Vorgeschmack auf die Folterqualen im Jenseits. Während ich mit dir rede, glauben die törichten Weiber, dass sie die Ikonen zusammenfügen und den Pakt zerstören können. Sie können es nicht – niemand kann die Ikonen vereinen –, aber schon der
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