Flammen Der Nacht -4-
jedoch auf den Teufel und seine Machenschaften.
»Grandma, weißt du was?« Aleksandr wand sich wie ein Aal.
Grundgütiger, es wurde eben erst hell. Und er war putzmunter und würde bis zu seinem Mittagsschlaf wach bleiben. »Was denn?«
»Mama bringt Aleksandr ein Geschenk mit.«
»Ja?« Zorana strahlte. »Was bringt sie dir denn mit?«
»Meinen Daddy!«
Zorana setzte sich ruckartig auf und riss den beiden unwillkürlich die Decke weg. »Was? Wen?«
»Meinen Daddy. Meinen Daddy! Mama bringt Aleksandr Daddy mit!«, ereiferte er sich.
Zoranas Verstand raste. Ihr schwirrte der Kopf. Sie hatte Mühe, die Information zu verarbeiten. »Wo holt sie denn deinen Daddy?«
»In Costco«, versetzte Aleksandr mit seiner unerschütterlichen kindlichen Logik.
Konstantine war spontan hellwach. »Aha, in Costco kann man also Daddys kaufen?«
»Ja, und ein neues Puzzle für Bernie«, kicherte der Kleine voller Vorfreude.
»Aleksandr. Bleib hier. Grandma spricht kurz mit deiner Mama.« Zorana machte Anstalten, aus dem Bett zu klettern. Konstantine hielt sie am Arm fest. »Firebird ist vor einer halben Stunde gefahren.«
Zorana wirbelte zu ihm herum. »Du hast sie gehört? Und sie nicht aufgehalten?«
Die diffuse Morgendämmerung ließ die Konturen des kräftigen Mannes erkennen, der unter einem Berg von Decken lag. Das Licht glitzerte auf dem verchromten Sauerstoffgerät und der Infusionshalterung, und Zorana erkannte die Schläuche, die in seiner Nase und seinem Arm steckten. Die Krankheit zehrte seinen Körper aus, trotzdem hatten seine Augen nichts von ihrer Schärfe und Strahlkraft verloren. »Zorana, meine Liebste. Wir alle stehen noch immer unter dem Einfluss dieses entsetzlichen Schocks. Firebird hat es jedoch am heftigsten erwischt. Wenn sie meint, sie müsse weg, und sie enthüllt ihren Entschluss nur …«
»Aleksandr!«, sprang der Kleine hilfsbereit ein.
»… und sie enthüllt ihren Entschluss nur Aleksandr«, nahm Konstantine den Satz wieder auf, »dann misch ich mich da nicht ein.«
»Wo will sie denn hin?«, bohrte Zorana.
»Nach Costco«, wiederholte Aleksandr treuherzig. »Aleksandr Daddy holen.«
»Klingt einleuchtend.« Konstantine zog Zorana sanft zurück ins Bett und legte seine Arme um sie und Aleksandr.
»Sie hat uns die ganze Zeit nicht sagen wollen, wer Aleksandrs Vater ist. Wieso will sie ihn jetzt auf einmal herbringen?« Zorana schüttelte verständnislos den Kopf.
»Gestern Abend ist für Firebird eine Welt zusammengebrochen. Seitdem ist für das Mädchen alles anders geworden.« Konstantine schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn.
Ja, und Zorana zerriss es das Herz. Sie liebte das Mädchen, das sie viele Jahre für ihre Tochter gehalten hatte, und sie sehnte sich nach dem Baby, das man ihr weggenommen hatte.
Plötzlich schwammen ihre Augen in Tränen. Sie weinte aus Selbstmitleid, wegen Firebird und um ihren Sohn.
Wo war ihr Baby? War es von einer anderen Familie adoptiert und liebevoll großgezogen worden? Oder misshandelt und geschlagen? Oder war es tot, ein Kind, das kein Recht auf Leben hatte?
Sie setzte sich abermals im Bett auf. »Ich muss Firebird anrufen. Und ihr sagen, sie soll vorsichtig sein.«
»Nein, du rufst sie nicht an.« Konstantine hielt sie fest. »Wenn sie dich hätte informieren wollen, hätte sie dich vor ihrem Aufbruch geweckt. Und von wegen vorsichtig. Wir haben ihr beigebracht, auf sich aufzupassen und umsichtig zu handeln. Vertrau ihr, sie ist erwachsen und vernünftig genug, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Lass sie tun, was getan werden muss.«
Zorana entspannte sich und lehnte ihren Kopf an Konstantines Schulter. »Hätte ich das alles damals bloß geahnt, hätte ich mir bestimmt nie Kinder angeschafft. «
Dröhnendes Lachen erschütterte seinen Brustkorb. »Doch, das hättest du.«
»Nein, hätte ich nicht.«
»Doch, du hattest nämlich gar keine Alternative. Früher haben wir gerammelt wie die Kaninchen.«
»Konstantine!« Zorana hielt Aleksandr die Ohren zu.
»Gerammelt wie Kaninchen«, wiederholte der Kleine laut und vernehmlich.
» Aleksandr!« Zorana funkelte ihren Mann an.
Konstantine streckte sich grinsend neben ihr aus und wirkte mit einem Mal übermütig wie ein junger Mann. »Das war in der guten alten Zeit.«
Aleksandr wiederholte begeistert: »Die gute alte Zeit. Gerammelt wie Kaninchen.«
»Zorana, wir leben seit fast vierzig Jahren hier. Deine Sippe drohte, dich von mir wegzuholen. Die Varinskis wollten uns
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