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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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wichtig war.

11.
    F rauke reinigte gerade die letzte Fensterscheibe, als die Tür aufging und eine junge, hochgewachsene Frau hereintrat. Ein verärgerter Ausdruck huschte über das hübsche, von blonden Flechten umrahmte Gesicht. »Ich dachte, der Prophet wäre hier«, sagte sie.
    »Da hast du dich in der Tür geirrt. Der ehrwürdige Herr befindet sich in der Kammer nebenan!« Frauke deutete mit dem Zeigefinger auf die Wand, hinter der sie eben erneut Bockelsons Stimme vernommen hatte.
    Die Frau sagte etwas, das als Dank verstanden werden konnte, und verschwand wieder. Nun erinnerte Frauke sich an ihren Namen. Es war Hille Feicken, eine der Friesinnen, die zu Bockelsons treuesten Anhängerinnen zählte. Frauke konnte ihre Neugier nicht mehr bezähmen. Daher stieg sie vom Stuhl und legte das Ohr an die Wand. Es war keinen Augenblick zu früh, denn eben hieß Bockelson die junge Friesin willkommen.
    »Gottes Segen sei mit dir, meine Schwester.«
    »Gott erleuchte dich und zeige dir den Weg, den unser Volk ziehen muss, mein Bruder und Herr«, antwortete Hille Feicken.
    Frauke glaubte direkt zu sehen, wie die schöne Frau ehrfürchtig vor Bockelson kniete.
    Dieser antwortete denn auch: »Steh auf, meine Schwester!«
    »Ich danke dir, geliebter Bruder und Herr. Ich fühlte, dein Herz ist voll Sorge, und wünschte mir, ich könnte dir einen Teil dieser Last abnehmen.«
    Hille Feicken hörte sich so schwärmerisch an, dass Frauke verächtlich die Luft durch die Nase blies.
    »Du kannst mir mit deinem Gebet helfen, Schwester Hille. Bitte Gott und unseren Herrn Jesus Christus, mir den wahren Weg zu zeigen, damit ich euch ins Himmelreich führen kann, während Franz von Waldecks Seele und die seiner Verbündeten zur Hölle fahren müssen.«
    »Ich wollte, der Bischof würde jetzt und gleich zur Hölle fahren!«, antwortete Hille Feicken voller Hass.
    Frauke hörte den Mann kurz auflachen. »Dafür müsste einer hingehen und Waldeck mehrere Zoll Stahl zwischen die Rippen stoßen. Ich wünschte, jemand würde es tun! Ohne den Fürstbischof zerfiele die Gemeinschaft unserer Feinde, und wir hätten die Zeit gewonnen, das himmlische Jerusalem auf Erden zu errichten.«
    »Franz von Waldeck soll schönen Frauen nicht abgeneigt sein«, fuhr Hille Feicken nachdenklich fort.
    »Er ist ein Hurenbock!« Bockelsons Stimme triefte vor Verachtung. Dabei starrte er Fraukes Erfahrungen zufolge selbst hinter hübschen Mädchen her und hatte auch ihrer Schwester bereits mit der Hand über die Wange gestrichen.
    »Jetzt weiß ich, wie ich dir helfen kann, mein Bruder. Hat nicht auch Judith einst dem Holofernes das Haupt abgeschnitten? Ich werde dies bei Waldeck tun.«
    Noch während Frauke sich verwirrt fragte, ob sie irgendeinem Possenspiel auf einem Jahrmarkt beiwohnte, war wieder Bockelsons Stimme zu vernehmen.
    »Das ist ein kühner Plan und einer wahren Tochter Zions würdig! Er könnte sogar gelingen, denn der Feind lässt seit neuestem Menschen, die aus der Stadt fliehen, am Leben, um sie verhören zu können. Du musst einen Dolch an einer geheimen Stelle deines Leibes verstecken und bitten, zu Franz von Waldeck vorgelassen zu werden. Schmiere diesem Heiden und seinen Teufelsknechten nur genug Honig um den Bart, damit du sie überlisten kannst.«
    »Dazu bin ich bereit, mein Bruder und Herr. Segne mich, auf dass Gott mich leitet und ich das große Werk vollbringen kann.«
    Hille Feicken hörte sich an, als wolle sie sich sofort auf den Weg machen. Doch da brachte Bockelson noch einen Einwand.
    »Wenn du es wagst, darfst du nicht hoffen, am Leben zu bleiben. Es ist am besten, wenn du dich nach Waldecks Tod selbst entleibst!«
    »Das werde ich, mein Bruder und Herr!«
    »Ich sehe, dass du einst mit goldenen Blumen gekrönt an der Hand unseres Herrn Jesus Christus vom Himmel steigen und wieder unter uns weilen wirst. Geh, Tochter, und töte den Antichristen! Bruder Arno soll dich aus der Stadt führen.«
    Mit diesen Worten verließen die beiden die benachbarte Kammer, und die Stimmen verklangen. Um nicht mit dem Ohr an der Wand überrascht zu werden, nahm Frauke ihren Lappen und machte sich daran, die letzten Butzenscheiben noch einmal zu reinigen.
    Kurz darauf kam ihre Schwester herein und sah sich um. »Wie schön, du bist ja fast fertig! Wenn du willst, kannst du morgen wiederkommen.«
    »Und ob ich will! Hier kann ich mich wenigstens satt essen, während Katrijn uns gerade so viel abgibt, dass wir nicht verhungern.« Fraukes Stimme

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