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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Doch was hätte sie tun sollen, nachdem Bockelson sie für sich gefordert hatte? Sie ertrug ihn mit zusammengebissenen Zähnen und blieb liegen, als er sich nach einer Weile erhob und wieder ankleidete.
    »Schreibe dir den heutigen Tag auf. Vielleicht hat Gott mir die Gnade erwiesen, einen Sohn mit dir zu zeugen«, erklärte er.
    Silke begriff, dass er eine Antwort erwartete, und nickte. »Das werde ich tun, mein Herr!«
    »Dann ist es gut!« Mit diesen Worten verließ Bockelson die Kammer, und sie blieb als Opfer vieler Zweifel zurück. Nun bedauerte sie, nicht auf eine Flucht aus Münster gedrängt zu haben. Wenn sie wenigstens selbst seine Königin geworden wäre. Doch so zählte sie nicht einmal zu den Hauptfrauen des Propheten, denn dieser Titel war den Töchtern und Schwestern von Bockelsons engsten Gefährten vorbehalten. Sie selbst war nur ein Kebsweib, das der Bibel nach kaum mehr galt als eine Dienerin.

5.
    D ie Verkündung der Vielweiberei und die rigorose Art, mit der Bockelson und seine Anhänger diese durchsetzten, blieben nicht ohne Folgen. Etliche Bürgersfrauen und -töchter flohen aus der Stadt. Viele Altbürger, aber auch zugewanderte Wiedertäufer, die noch den alten Idealen von einem einfachen, gottgefälligen Leben anhingen, sahen in der Forderung, sie sollten sich mehrere Ehefrauen zulegen, eine Sünde, die nur der Teufel dem Propheten und seinen Aposteln eingegeben haben konnte.
    Zu diesen zählte auch Heinrich Gresbeck, und er sann nach, welchen Weg er einschlagen sollte. Da erinnerte er sich daran, dass Lotte und deren Freundin Frauke seiner Kritik bei den Ansprachen Bockelsons mehrmals zugestimmt hatten. Zwar hielt er wenig von Frauen, hoffte aber, dass die Männer, die sie geheiratet hatten, ähnlich dachten wie er. Aus diesem Grund suchte er deren Hütte auf, klopfte an und trat ein.
    »Gott zum Gruß«, begann er.
    »Gottes Segen«, antwortete Lothar, der auch von Helm und Faustus als Anführer der kleinen Gruppe anerkannt worden war.
    Gresbeck nickte der vermeintlichen Lotte kurz zu und wandte sich dann an die beiden jungen Männer, die am Tisch saßen und ihre Mittagssuppe löffelten. »Was haltet ihr von den neuen Befehlen des Königs von Münster?«
    »Du meinst, von Neu-Jerusalem«, korrigierte Lothar ihn angespannt.
    »Ja, natürlich! Den meine ich«, sagte Gresbeck, ohne ihn weiter zu beachten. »Was haltet ihr von der Vielweiberei, die Bockelson einführen will? Ich weiß nicht, ob das wirklich Gottes Wille ist.«
    »Mir gefällt es auch nicht«, brachte Helm schließlich heraus.
    Gresbeck nahm es als Zeichen, dass er auf seiner Seite stand, und wies kurz zu Frauke und Lothar. »Ich würde gerne mit euch sprechen, aber ohne die Frauen.«
    Damit brachte er Helm in Bedrängnis. Dieser hatte sich Lothars Führung anvertraut und wollte nicht ohne ihn mit Gresbeck reden. Schließlich rang er sich ein gequältes Lächeln ab. »Wir haben keine Geheimnisse vor unseren Frauen. Sie sind schweigsam, das kann ich dir versichern.«
    Das Gesicht des Besuchers nahm einen abweisenden Zug an, doch Helm wollte nicht zurückstecken. »Du sprichst die Vielweiberei an, die der König befohlen hat. Wie ich schon sagte, gefällt sie weder mir noch meinem Freund Faustus. Als Gott die Weiber schuf, gab er ihnen scharfe Zungen. Das Gerede einer Frau kann ein Mann noch ertragen, das von mehreren jedoch nicht. Auch wird es zu Streit kommen und den häuslichen Frieden zerstören.«
    »Außerdem führt es erst recht zu Unzucht und Hurerei«, mischte sich Faustus ein.
    Heinrich Gresbeck nickte zustimmend. »Da habt ihr recht, und ich finde, wir sollten etwas dagegen unternehmen, damit wir nicht unser Seelenheil verspielen. Jan Matthys war wenigstens ein Prophet, der für das einstand, was er weissagte. Bockelson hingegen schwätzt heute so und morgen anders. Zuerst ernennt er zwölf Apostel, die uns ins Himmelreich führen sollen, dann setzt er sich selbst die Krone auf und lässt sich als Herrscher huldigen. Und nun sollen wir Männer wildfremde Weiber im Dutzend in unser Haus nehmen. Der Mann weiß doch nicht mehr, was er spricht!«
    Die Kritik war hart, aber nicht falsch, sagte sich Lothar und mischte sich erneut ins Gespräch.
    »Bockelson wird alle, die an ihn glauben, ins Verderben führen. Draußen werden die Belagerer von Tag zu Tag zahlreicher und schneiden immer mehr Wege ab, die nach Münster führen. Bald schon wird kein Sack Getreide und kein Huhn mehr in die Stadt gelangen. Wenn nicht Hunger und

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